Gesammtheit dieser Fälle aber scheidet sich in zwei große, an sich sehr bestimmte Gruppen. Die erste Gruppe entsteht da, wo die wirthschaft- liche Produktion einfach durch das volkswirthschaftliche Bedürf- niß und das aus ihm hervorgehende Gesetz der Produktivität erzeugt und bedingt erscheint. Jede denkbare Produktion kann somit Gegenstand einer vertragsmäßigen Gesellschaft werden; ja die letzteren werden sich sogar in dem Grade entwickeln, in welchem die Produktivität dem Größengesetz der Kapitalien mehr unterliegt. -- Die zweite Gruppe entsteht dagegen da, wo die Aufgaben der Verwaltung eine wirthschaftliche Produktion irgend einer Art nothwendig machen. Die Thätigkeiten der Verwaltung sind ihrerseits nicht auf einen Unterneh- mungsgewinn berechnet; das was sie zu produciren haben, ist nicht ein reiner Ueberschuß des verwendeten Kapitals, sondern ihre wahre Produktion ist die Herstellung der Bedingungen der Produktivität für die einzelnen Wirthschaften. Dennoch kann auch eine wirthschaft- liche Leistung der Verwaltung sehr gut und sehr oft ohne irgendwie ihrem eigentlichen Zwecke, der allgemeinen volkswirthschaftlichen Pro- duktivität zu schaden, einen solchen privatwirthschaftlichen Unterneh- mungsgewinn erzeugen. Daher dann kann eine solche wirthschaftliche Leistung der Verwaltung zugleich ein Gegenstand der Privatproduktion werden, und das wird in vielen Fällen bei weitem richtiger sein, als wenn die Verwaltung selbst ihre Produktion besorgt, da die Einzel- produktion der Regel nach billiger ist als die durch den Staat, aus Gründen, die wir hier voraussetzen dürfen. Indem nun auf diese Weise wirthschaftliche Produktionen, welche die Verwaltung für die Vollziehung ihrer Aufgaben fordert, und die daher wie diese Aufgaben selbst dauernder Natur sind, durch eine vertragsmäßige Gesellschaft erzeugt werden, empfängt die letztere einen anderen Charakter. Ihrem Wesen nach kann die letztere nur für einen Unternehmungsgewinn, und damit für das wirthschaftliche Interesse ihrer Mitglieder arbeiten. Die Verwaltung aber stellt dieß Einzelinteresse unbedingt unter das Ge- sammtinteresse. Die Vollziehung einer Verwaltungsaufgabe durch eine solche Gesellschaft erzeugt daher stets einen Gegensatz des öffentlichen und des Einzelinteresses, der durch möglichst bestimmte Begränzung der Rechte der Gesellschaft und durch eine niemals ganz ruhende Thätigkeit der Verwaltung in Beziehung auf die Leistungen der letzteren aus- geglichen werden kann. Dadurch entsteht für die juristische Gesellschaft in dieser Verbindung mit der Verwaltung ein drittes bisher nicht vor- handenes Rechtsverhältniß; das ist das Verhältniß zur Verwaltung, ihren Verordnungen und Organen, das die ganze Leistung dieser zweiten Art der Vertragsgesellschaft durchzieht, und das sowohl in dem
Geſammtheit dieſer Fälle aber ſcheidet ſich in zwei große, an ſich ſehr beſtimmte Gruppen. Die erſte Gruppe entſteht da, wo die wirthſchaft- liche Produktion einfach durch das volkswirthſchaftliche Bedürf- niß und das aus ihm hervorgehende Geſetz der Produktivität erzeugt und bedingt erſcheint. Jede denkbare Produktion kann ſomit Gegenſtand einer vertragsmäßigen Geſellſchaft werden; ja die letzteren werden ſich ſogar in dem Grade entwickeln, in welchem die Produktivität dem Größengeſetz der Kapitalien mehr unterliegt. — Die zweite Gruppe entſteht dagegen da, wo die Aufgaben der Verwaltung eine wirthſchaftliche Produktion irgend einer Art nothwendig machen. Die Thätigkeiten der Verwaltung ſind ihrerſeits nicht auf einen Unterneh- mungsgewinn berechnet; das was ſie zu produciren haben, iſt nicht ein reiner Ueberſchuß des verwendeten Kapitals, ſondern ihre wahre Produktion iſt die Herſtellung der Bedingungen der Produktivität für die einzelnen Wirthſchaften. Dennoch kann auch eine wirthſchaft- liche Leiſtung der Verwaltung ſehr gut und ſehr oft ohne irgendwie ihrem eigentlichen Zwecke, der allgemeinen volkswirthſchaftlichen Pro- duktivität zu ſchaden, einen ſolchen privatwirthſchaftlichen Unterneh- mungsgewinn erzeugen. Daher dann kann eine ſolche wirthſchaftliche Leiſtung der Verwaltung zugleich ein Gegenſtand der Privatproduktion werden, und das wird in vielen Fällen bei weitem richtiger ſein, als wenn die Verwaltung ſelbſt ihre Produktion beſorgt, da die Einzel- produktion der Regel nach billiger iſt als die durch den Staat, aus Gründen, die wir hier vorausſetzen dürfen. Indem nun auf dieſe Weiſe wirthſchaftliche Produktionen, welche die Verwaltung für die Vollziehung ihrer Aufgaben fordert, und die daher wie dieſe Aufgaben ſelbſt dauernder Natur ſind, durch eine vertragsmäßige Geſellſchaft erzeugt werden, empfängt die letztere einen anderen Charakter. Ihrem Weſen nach kann die letztere nur für einen Unternehmungsgewinn, und damit für das wirthſchaftliche Intereſſe ihrer Mitglieder arbeiten. Die Verwaltung aber ſtellt dieß Einzelintereſſe unbedingt unter das Ge- ſammtintereſſe. Die Vollziehung einer Verwaltungsaufgabe durch eine ſolche Geſellſchaft erzeugt daher ſtets einen Gegenſatz des öffentlichen und des Einzelintereſſes, der durch möglichſt beſtimmte Begränzung der Rechte der Geſellſchaft und durch eine niemals ganz ruhende Thätigkeit der Verwaltung in Beziehung auf die Leiſtungen der letzteren aus- geglichen werden kann. Dadurch entſteht für die juriſtiſche Geſellſchaft in dieſer Verbindung mit der Verwaltung ein drittes bisher nicht vor- handenes Rechtsverhältniß; das iſt das Verhältniß zur Verwaltung, ihren Verordnungen und Organen, das die ganze Leiſtung dieſer zweiten Art der Vertragsgeſellſchaft durchzieht, und das ſowohl in dem
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Geſammtheit dieſer Fälle aber ſcheidet ſich in zwei große, an ſich ſehr
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niß und das aus ihm hervorgehende Geſetz der Produktivität erzeugt
und bedingt erſcheint. Jede denkbare Produktion kann ſomit Gegenſtand
einer vertragsmäßigen Geſellſchaft werden; ja die letzteren werden ſich
ſogar in dem Grade entwickeln, in welchem die Produktivität dem
Größengeſetz der Kapitalien mehr unterliegt. — Die zweite Gruppe
entſteht dagegen da, wo die Aufgaben der Verwaltung eine
wirthſchaftliche Produktion irgend einer Art nothwendig machen. Die
Thätigkeiten der Verwaltung ſind ihrerſeits nicht auf einen Unterneh-
mungsgewinn berechnet; das was ſie zu produciren haben, iſt nicht
ein reiner Ueberſchuß des verwendeten Kapitals, ſondern ihre wahre
Produktion iſt die Herſtellung der Bedingungen der Produktivität
für die einzelnen Wirthſchaften. Dennoch kann auch eine wirthſchaft-
liche Leiſtung der Verwaltung ſehr gut und ſehr oft ohne irgendwie
ihrem eigentlichen Zwecke, der allgemeinen volkswirthſchaftlichen Pro-
duktivität zu ſchaden, einen ſolchen privatwirthſchaftlichen Unterneh-
mungsgewinn erzeugen. Daher dann kann eine ſolche wirthſchaftliche
Leiſtung der Verwaltung zugleich ein Gegenſtand der Privatproduktion
werden, und das wird in vielen Fällen bei weitem richtiger ſein, als
wenn die Verwaltung ſelbſt ihre Produktion beſorgt, da die Einzel-
produktion der Regel nach billiger iſt als die durch den Staat, aus
Gründen, die wir hier vorausſetzen dürfen. Indem nun auf dieſe
Weiſe wirthſchaftliche Produktionen, welche die Verwaltung für die
Vollziehung ihrer Aufgaben fordert, und die daher wie dieſe Aufgaben
ſelbſt dauernder Natur ſind, durch eine vertragsmäßige Geſellſchaft
erzeugt werden, empfängt die letztere einen anderen Charakter. Ihrem
Weſen nach kann die letztere nur für einen Unternehmungsgewinn, und
damit für das wirthſchaftliche Intereſſe ihrer Mitglieder arbeiten. Die
Verwaltung aber ſtellt dieß Einzelintereſſe unbedingt unter das Ge-
ſammtintereſſe. Die Vollziehung einer Verwaltungsaufgabe durch eine
ſolche Geſellſchaft erzeugt daher ſtets einen Gegenſatz des öffentlichen
und des Einzelintereſſes, der durch möglichſt beſtimmte Begränzung der
Rechte der Geſellſchaft und durch eine niemals ganz ruhende Thätigkeit
der Verwaltung in Beziehung auf die Leiſtungen der letzteren aus-
geglichen werden kann. Dadurch entſteht für die juriſtiſche Geſellſchaft
in dieſer Verbindung mit der Verwaltung ein drittes bisher nicht vor-
handenes Rechtsverhältniß; das iſt das Verhältniß zur Verwaltung,
ihren Verordnungen und Organen, das die ganze Leiſtung dieſer
zweiten Art der Vertragsgeſellſchaft durchzieht, und das ſowohl in dem
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/579>, abgerufen am 22.11.2024.
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