eintreten. Dagegen bleibt es wieder dem Verwaltungsrathe unbe- nommen, in solchem Falle die Regierung für ihren Befehl in An- spruch zu nehmen, wenn sie glaubt, derselbe stehe im Widerspruch mit den Statuten oder Gesetzen. Hier entscheidet dann das Gericht, ganz wie in den Fällen des Rechtsstreites wegen Amtshandlungen.
Alle diese Fälle und Fragen nun beruhen auf dem Verhältniß, in welchem der Verwaltungsrath das Recht der Generalversammlung ver- tritt. Ein zweites Gebiet tritt da ein, wo er nur die vollziehende Gewalt für eine Bestimmung der Statuten oder einen bestimmten Be- schluß der Generalversammlung ist. Die oben erwähnten Punkte ent- halten daher das Recht der gesetzgebenden Gewalt des Verwaltungs- rathes; das folgende ist das Recht seiner verordnenden Gewalt.
Es wird sich dabei sogleich ergeben, daß dieß Recht mit dem Rechte seiner gesetzgebenden Gewalt in den wichtigsten, jedoch keineswegs in allen Fällen identisch ist.
Als vollziehende Gewalt hat der Verwaltungsrath für den Verein die drei Gewalten des ersteren, die Verordnungs-, die Organisations- und die Polizeigewalt des Vereins für die Vereinsthätigkeiten. Und eben darin besteht die Selbstverwaltung des Vereinswesens, daß diese Gewalten durch das eigene Organ des Vereins ausgeübt werden.
Es muß dabei festgehalten werden, daß es für die Sache selbst vollkommen gleichgültig ist, ob diese Gewalten formell in dem einzelnen Vereinsvertrag entwickelt sind oder nicht. Dem Wesen des Vereins nach sind sie wenigstens im Keime in allen Vereinen enthalten. Ebenso ist es unwichtig, ob, wie bei ganz kleinen Vereinen, die Rechte und Pflichten des Verwaltungsrathes dem Vorstande übertragen sind. Im ersten Falle ist nur der Umfang der Anwendungen verschieden, im zweiten nur das Organ; die Sache selbst bleibt dieselbe.
Das allgemeine Princip des Rechts der vollziehenden Gewalt des Verwaltungsrathes besteht nun ohne Zweifel darin, daß er durch seine Beschlüsse jene drei Gewalten innerhalb des Gebietes der Vereins- thätigkeiten soweit ausübt, als die ersteren nicht mit den Statuten, den Beschlüssen der Generalversammlung und den staatlichen Gesetzen in Widerspruch treten. Der Beschluß des Verwaltungsrathes hat end- gültig über alle Mittel und Wege zu entscheiden, welche durch die Vollziehung der Aufgaben des Vereins bedingt sind.
Namentlich hat derselbe das Recht der Anstellung, Entlassung und Suspension aller Angestellten des Vereins. Sind die Rechte der letzteren durch einen Vertrag bestimmt, so haftet der Verwaltungsrath für die Erfüllung dieses Vertrages, aber nur als Mandatar des Vereins; nicht persönlich. Die persönliche Haftung kann nur dann eintreten, wenn
eintreten. Dagegen bleibt es wieder dem Verwaltungsrathe unbe- nommen, in ſolchem Falle die Regierung für ihren Befehl in An- ſpruch zu nehmen, wenn ſie glaubt, derſelbe ſtehe im Widerſpruch mit den Statuten oder Geſetzen. Hier entſcheidet dann das Gericht, ganz wie in den Fällen des Rechtsſtreites wegen Amtshandlungen.
Alle dieſe Fälle und Fragen nun beruhen auf dem Verhältniß, in welchem der Verwaltungsrath das Recht der Generalverſammlung ver- tritt. Ein zweites Gebiet tritt da ein, wo er nur die vollziehende Gewalt für eine Beſtimmung der Statuten oder einen beſtimmten Be- ſchluß der Generalverſammlung iſt. Die oben erwähnten Punkte ent- halten daher das Recht der geſetzgebenden Gewalt des Verwaltungs- rathes; das folgende iſt das Recht ſeiner verordnenden Gewalt.
Es wird ſich dabei ſogleich ergeben, daß dieß Recht mit dem Rechte ſeiner geſetzgebenden Gewalt in den wichtigſten, jedoch keineswegs in allen Fällen identiſch iſt.
Als vollziehende Gewalt hat der Verwaltungsrath für den Verein die drei Gewalten des erſteren, die Verordnungs-, die Organiſations- und die Polizeigewalt des Vereins für die Vereinsthätigkeiten. Und eben darin beſteht die Selbſtverwaltung des Vereinsweſens, daß dieſe Gewalten durch das eigene Organ des Vereins ausgeübt werden.
Es muß dabei feſtgehalten werden, daß es für die Sache ſelbſt vollkommen gleichgültig iſt, ob dieſe Gewalten formell in dem einzelnen Vereinsvertrag entwickelt ſind oder nicht. Dem Weſen des Vereins nach ſind ſie wenigſtens im Keime in allen Vereinen enthalten. Ebenſo iſt es unwichtig, ob, wie bei ganz kleinen Vereinen, die Rechte und Pflichten des Verwaltungsrathes dem Vorſtande übertragen ſind. Im erſten Falle iſt nur der Umfang der Anwendungen verſchieden, im zweiten nur das Organ; die Sache ſelbſt bleibt dieſelbe.
Das allgemeine Princip des Rechts der vollziehenden Gewalt des Verwaltungsrathes beſteht nun ohne Zweifel darin, daß er durch ſeine Beſchlüſſe jene drei Gewalten innerhalb des Gebietes der Vereins- thätigkeiten ſoweit ausübt, als die erſteren nicht mit den Statuten, den Beſchlüſſen der Generalverſammlung und den ſtaatlichen Geſetzen in Widerſpruch treten. Der Beſchluß des Verwaltungsrathes hat end- gültig über alle Mittel und Wege zu entſcheiden, welche durch die Vollziehung der Aufgaben des Vereins bedingt ſind.
Namentlich hat derſelbe das Recht der Anſtellung, Entlaſſung und Suſpenſion aller Angeſtellten des Vereins. Sind die Rechte der letzteren durch einen Vertrag beſtimmt, ſo haftet der Verwaltungsrath für die Erfüllung dieſes Vertrages, aber nur als Mandatar des Vereins; nicht perſönlich. Die perſönliche Haftung kann nur dann eintreten, wenn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0624"n="600"/>
eintreten. Dagegen bleibt es wieder dem Verwaltungsrathe unbe-<lb/>
nommen, in ſolchem Falle die Regierung für ihren Befehl in An-<lb/>ſpruch zu nehmen, wenn ſie glaubt, derſelbe ſtehe im Widerſpruch mit<lb/>
den Statuten oder Geſetzen. Hier entſcheidet dann das Gericht, ganz<lb/>
wie in den Fällen des Rechtsſtreites wegen Amtshandlungen.</p><lb/><p>Alle dieſe Fälle und Fragen nun beruhen auf dem Verhältniß, in<lb/>
welchem der Verwaltungsrath das Recht der Generalverſammlung ver-<lb/>
tritt. Ein zweites Gebiet tritt da ein, wo er nur die <hirendition="#g">vollziehende<lb/>
Gewalt</hi> für eine Beſtimmung der Statuten oder einen beſtimmten Be-<lb/>ſchluß der Generalverſammlung iſt. Die oben erwähnten Punkte ent-<lb/>
halten daher das Recht der geſetzgebenden Gewalt des Verwaltungs-<lb/>
rathes; das folgende iſt das Recht ſeiner verordnenden Gewalt.</p><lb/><p>Es wird ſich dabei ſogleich ergeben, daß dieß Recht mit dem Rechte<lb/>ſeiner geſetzgebenden Gewalt in den wichtigſten, jedoch keineswegs in<lb/>
allen Fällen identiſch iſt.</p><lb/><p>Als vollziehende Gewalt hat der Verwaltungsrath für den Verein<lb/>
die drei Gewalten des erſteren, die Verordnungs-, die Organiſations-<lb/>
und die Polizeigewalt des Vereins <hirendition="#g">für die Vereinsthätigkeiten</hi>.<lb/>
Und eben darin beſteht die Selbſtverwaltung des Vereinsweſens, daß<lb/>
dieſe Gewalten durch das eigene Organ des Vereins ausgeübt werden.</p><lb/><p>Es muß dabei feſtgehalten werden, daß es für die Sache ſelbſt<lb/>
vollkommen gleichgültig iſt, ob dieſe Gewalten formell in dem einzelnen<lb/>
Vereinsvertrag entwickelt ſind oder nicht. Dem Weſen des Vereins nach<lb/>ſind ſie wenigſtens im Keime in allen Vereinen enthalten. Ebenſo iſt<lb/>
es unwichtig, ob, wie bei ganz kleinen Vereinen, die Rechte und Pflichten<lb/>
des Verwaltungsrathes dem Vorſtande übertragen ſind. Im erſten Falle<lb/>
iſt nur der Umfang der Anwendungen verſchieden, im zweiten nur das<lb/>
Organ; die Sache ſelbſt bleibt dieſelbe.</p><lb/><p>Das allgemeine Princip des Rechts der vollziehenden Gewalt des<lb/>
Verwaltungsrathes beſteht nun ohne Zweifel darin, daß er durch ſeine<lb/>
Beſchlüſſe jene drei Gewalten innerhalb des Gebietes der Vereins-<lb/>
thätigkeiten ſoweit ausübt, als die erſteren nicht mit den Statuten, den<lb/>
Beſchlüſſen der Generalverſammlung und den ſtaatlichen Geſetzen in<lb/>
Widerſpruch treten. Der Beſchluß des Verwaltungsrathes hat <hirendition="#g">end-<lb/>
gültig</hi> über alle Mittel und Wege zu entſcheiden, welche durch die<lb/>
Vollziehung der Aufgaben des Vereins bedingt ſind.</p><lb/><p>Namentlich hat derſelbe das Recht der Anſtellung, Entlaſſung und<lb/>
Suſpenſion aller Angeſtellten des Vereins. Sind die Rechte der letzteren<lb/>
durch einen Vertrag beſtimmt, ſo haftet der Verwaltungsrath für die<lb/>
Erfüllung dieſes Vertrages, aber nur als Mandatar des Vereins; nicht<lb/>
perſönlich. Die perſönliche Haftung kann nur dann eintreten, wenn<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[600/0624]
eintreten. Dagegen bleibt es wieder dem Verwaltungsrathe unbe-
nommen, in ſolchem Falle die Regierung für ihren Befehl in An-
ſpruch zu nehmen, wenn ſie glaubt, derſelbe ſtehe im Widerſpruch mit
den Statuten oder Geſetzen. Hier entſcheidet dann das Gericht, ganz
wie in den Fällen des Rechtsſtreites wegen Amtshandlungen.
Alle dieſe Fälle und Fragen nun beruhen auf dem Verhältniß, in
welchem der Verwaltungsrath das Recht der Generalverſammlung ver-
tritt. Ein zweites Gebiet tritt da ein, wo er nur die vollziehende
Gewalt für eine Beſtimmung der Statuten oder einen beſtimmten Be-
ſchluß der Generalverſammlung iſt. Die oben erwähnten Punkte ent-
halten daher das Recht der geſetzgebenden Gewalt des Verwaltungs-
rathes; das folgende iſt das Recht ſeiner verordnenden Gewalt.
Es wird ſich dabei ſogleich ergeben, daß dieß Recht mit dem Rechte
ſeiner geſetzgebenden Gewalt in den wichtigſten, jedoch keineswegs in
allen Fällen identiſch iſt.
Als vollziehende Gewalt hat der Verwaltungsrath für den Verein
die drei Gewalten des erſteren, die Verordnungs-, die Organiſations-
und die Polizeigewalt des Vereins für die Vereinsthätigkeiten.
Und eben darin beſteht die Selbſtverwaltung des Vereinsweſens, daß
dieſe Gewalten durch das eigene Organ des Vereins ausgeübt werden.
Es muß dabei feſtgehalten werden, daß es für die Sache ſelbſt
vollkommen gleichgültig iſt, ob dieſe Gewalten formell in dem einzelnen
Vereinsvertrag entwickelt ſind oder nicht. Dem Weſen des Vereins nach
ſind ſie wenigſtens im Keime in allen Vereinen enthalten. Ebenſo iſt
es unwichtig, ob, wie bei ganz kleinen Vereinen, die Rechte und Pflichten
des Verwaltungsrathes dem Vorſtande übertragen ſind. Im erſten Falle
iſt nur der Umfang der Anwendungen verſchieden, im zweiten nur das
Organ; die Sache ſelbſt bleibt dieſelbe.
Das allgemeine Princip des Rechts der vollziehenden Gewalt des
Verwaltungsrathes beſteht nun ohne Zweifel darin, daß er durch ſeine
Beſchlüſſe jene drei Gewalten innerhalb des Gebietes der Vereins-
thätigkeiten ſoweit ausübt, als die erſteren nicht mit den Statuten, den
Beſchlüſſen der Generalverſammlung und den ſtaatlichen Geſetzen in
Widerſpruch treten. Der Beſchluß des Verwaltungsrathes hat end-
gültig über alle Mittel und Wege zu entſcheiden, welche durch die
Vollziehung der Aufgaben des Vereins bedingt ſind.
Namentlich hat derſelbe das Recht der Anſtellung, Entlaſſung und
Suſpenſion aller Angeſtellten des Vereins. Sind die Rechte der letzteren
durch einen Vertrag beſtimmt, ſo haftet der Verwaltungsrath für die
Erfüllung dieſes Vertrages, aber nur als Mandatar des Vereins; nicht
perſönlich. Die perſönliche Haftung kann nur dann eintreten, wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/624>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.