allerdings da, wo im einzelnen Falle ein Streit entsteht, maßgebend werden.
III. Der Revisionsausschuß hat die Funktion, die ziffermäßigen Angaben der Rechnungsablage zu prüfen. Er vertritt dasselbe im Ver- einswesen, was die Controlsbehörden im Staat. Seine Befugniß ist in Beziehung auf die Untersuchung unbeschränkt, und eben so sein Recht, in Gemäßheit der von ihm gefundenen Ergebnisse Ausstellungen und Anträge zu machen. Die Generalversammlung hat unzweifelhaft das Recht, auch dann einen Revisionsausschuß einzusetzen, wenn der- selbe statutenmäßig nicht festgestellt ist. Eben so läßt es sich nicht be- streiten, daß die Generalversammlung auch für einzelne Theile der Vereinsthätigkeit besondere Revisionsausschüsse bestellen kann. Ueber das Recht der Untersuchung geht das Recht des Revisionsausschusses nicht hinaus; er kann weder befehlen noch verbieten, sondern nur seine Anträge stellen. In den meisten Fällen ist der gewöhnliche Revisions- ausschuß nichts als eine Formalität, die sich regelmäßig nur auf die ziffermäßige Richtigkeit der Rechnungsablage bezieht. Man muß über- haupt seine Wirksamkeit nicht in demjenigen suchen, was er thut, sondern was er vertritt und was er verhindert. Er vertritt das Recht der Generalversammlung, sich durch ein eigenes Organ eine thatsächliche Gewißheit über die Behauptungen des Verwaltungsrathes zu verschaffen; er verhindert, daß große Formfehler durch lange Zeitdauer hindurch unverbesserlich werden. Deßhalb hat er seinerseits gar keine rechtliche Haftung, anders als wenn er wissentlich falsche Angaben macht; er haftet nicht einmal für culpa lata. Ein wesentlich anderes Verhältniß tritt ein, wenn eine eigene Revision für bestimmte Zwecke angeordnet wird. Hier wird ein förmliches Mandat ertheilt, nicht mehr eine or- ganische Funktion, und hier werden daher auch die Grundsätze des Mandats zur Geltung kommen müssen.
Wir sind auf die Natur und die rechtliche Stellung des Verwaltungsrathes etwas genauer eingegangen, weil das Recht desselben unseres Wissens noch gar nicht Gegenstand spezieller Untersuchung gewesen ist, und dennoch mit der Größe und Wichtigkeit des Vereinswesens täglich an Bedeutung wächst. Das preußische Gesetz vom 9. Nov. 1843 spricht nur von einem "Vorstand;" das Handelsgesetzbuch ist bekanntlich auch nicht viel klarer; doch braucht schon das preußische Gesetz §. 20 den Ausdruck: "Die Vorsteher sind -- für ihre Person einem Dritten nur verpflichtet, wenn sie den Bestimmungen des Gesetzes zuwider handeln." Sind das Präsidenten, Verwaltungsräthe, oder Direk- toren, oder alle gleichmäßig? Es ist gewiß, daß dem Gesetzgeber diese Unter- schiede noch nicht klar waren. Im Allgemeinen ist auch wohl hier kein Zweifel, daß der Verwaltungsrath seine Entwicklung und seine Selbständigkeit erst den Aktiengesellschaften verdankt. Der Verwaltungsrath ist ursprünglich wohl nur
allerdings da, wo im einzelnen Falle ein Streit entſteht, maßgebend werden.
III. Der Reviſionsausſchuß hat die Funktion, die ziffermäßigen Angaben der Rechnungsablage zu prüfen. Er vertritt daſſelbe im Ver- einsweſen, was die Controlsbehörden im Staat. Seine Befugniß iſt in Beziehung auf die Unterſuchung unbeſchränkt, und eben ſo ſein Recht, in Gemäßheit der von ihm gefundenen Ergebniſſe Ausſtellungen und Anträge zu machen. Die Generalverſammlung hat unzweifelhaft das Recht, auch dann einen Reviſionsausſchuß einzuſetzen, wenn der- ſelbe ſtatutenmäßig nicht feſtgeſtellt iſt. Eben ſo läßt es ſich nicht be- ſtreiten, daß die Generalverſammlung auch für einzelne Theile der Vereinsthätigkeit beſondere Reviſionsausſchüſſe beſtellen kann. Ueber das Recht der Unterſuchung geht das Recht des Reviſionsausſchuſſes nicht hinaus; er kann weder befehlen noch verbieten, ſondern nur ſeine Anträge ſtellen. In den meiſten Fällen iſt der gewöhnliche Reviſions- ausſchuß nichts als eine Formalität, die ſich regelmäßig nur auf die ziffermäßige Richtigkeit der Rechnungsablage bezieht. Man muß über- haupt ſeine Wirkſamkeit nicht in demjenigen ſuchen, was er thut, ſondern was er vertritt und was er verhindert. Er vertritt das Recht der Generalverſammlung, ſich durch ein eigenes Organ eine thatſächliche Gewißheit über die Behauptungen des Verwaltungsrathes zu verſchaffen; er verhindert, daß große Formfehler durch lange Zeitdauer hindurch unverbeſſerlich werden. Deßhalb hat er ſeinerſeits gar keine rechtliche Haftung, anders als wenn er wiſſentlich falſche Angaben macht; er haftet nicht einmal für culpa lata. Ein weſentlich anderes Verhältniß tritt ein, wenn eine eigene Reviſion für beſtimmte Zwecke angeordnet wird. Hier wird ein förmliches Mandat ertheilt, nicht mehr eine or- ganiſche Funktion, und hier werden daher auch die Grundſätze des Mandats zur Geltung kommen müſſen.
Wir ſind auf die Natur und die rechtliche Stellung des Verwaltungsrathes etwas genauer eingegangen, weil das Recht deſſelben unſeres Wiſſens noch gar nicht Gegenſtand ſpezieller Unterſuchung geweſen iſt, und dennoch mit der Größe und Wichtigkeit des Vereinsweſens täglich an Bedeutung wächst. Das preußiſche Geſetz vom 9. Nov. 1843 ſpricht nur von einem „Vorſtand;“ das Handelsgeſetzbuch iſt bekanntlich auch nicht viel klarer; doch braucht ſchon das preußiſche Geſetz §. 20 den Ausdruck: „Die Vorſteher ſind — für ihre Perſon einem Dritten nur verpflichtet, wenn ſie den Beſtimmungen des Geſetzes zuwider handeln.“ Sind das Präſidenten, Verwaltungsräthe, oder Direk- toren, oder alle gleichmäßig? Es iſt gewiß, daß dem Geſetzgeber dieſe Unter- ſchiede noch nicht klar waren. Im Allgemeinen iſt auch wohl hier kein Zweifel, daß der Verwaltungsrath ſeine Entwicklung und ſeine Selbſtändigkeit erſt den Aktiengeſellſchaften verdankt. Der Verwaltungsrath iſt urſprünglich wohl nur
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III. Der Reviſionsausſchuß hat die Funktion, die ziffermäßigen
Angaben der Rechnungsablage zu prüfen. Er vertritt daſſelbe im Ver-
einsweſen, was die Controlsbehörden im Staat. Seine Befugniß iſt
in Beziehung auf die Unterſuchung unbeſchränkt, und eben ſo ſein
Recht, in Gemäßheit der von ihm gefundenen Ergebniſſe Ausſtellungen
und Anträge zu machen. Die Generalverſammlung hat unzweifelhaft
das Recht, auch dann einen Reviſionsausſchuß einzuſetzen, wenn der-
ſelbe ſtatutenmäßig nicht feſtgeſtellt iſt. Eben ſo läßt es ſich nicht be-
ſtreiten, daß die Generalverſammlung auch für einzelne Theile der
Vereinsthätigkeit beſondere Reviſionsausſchüſſe beſtellen kann. Ueber
das Recht der Unterſuchung geht das Recht des Reviſionsausſchuſſes
nicht hinaus; er kann weder befehlen noch verbieten, ſondern nur ſeine
Anträge ſtellen. In den meiſten Fällen iſt der gewöhnliche Reviſions-
ausſchuß nichts als eine Formalität, die ſich regelmäßig nur auf die
ziffermäßige Richtigkeit der Rechnungsablage bezieht. Man muß über-
haupt ſeine Wirkſamkeit nicht in demjenigen ſuchen, was er thut, ſondern
was er vertritt und was er verhindert. Er vertritt das Recht der
Generalverſammlung, ſich durch ein eigenes Organ eine thatſächliche
Gewißheit über die Behauptungen des Verwaltungsrathes zu verſchaffen;
er verhindert, daß große Formfehler durch lange Zeitdauer hindurch
unverbeſſerlich werden. Deßhalb hat er ſeinerſeits gar keine rechtliche
Haftung, anders als wenn er wiſſentlich falſche Angaben macht; er
haftet nicht einmal für culpa lata. Ein weſentlich anderes Verhältniß
tritt ein, wenn eine eigene Reviſion für beſtimmte Zwecke angeordnet
wird. Hier wird ein förmliches Mandat ertheilt, nicht mehr eine or-
ganiſche Funktion, und hier werden daher auch die Grundſätze des
Mandats zur Geltung kommen müſſen.
Wir ſind auf die Natur und die rechtliche Stellung des Verwaltungsrathes
etwas genauer eingegangen, weil das Recht deſſelben unſeres Wiſſens noch gar
nicht Gegenſtand ſpezieller Unterſuchung geweſen iſt, und dennoch mit der
Größe und Wichtigkeit des Vereinsweſens täglich an Bedeutung wächst. Das
preußiſche Geſetz vom 9. Nov. 1843 ſpricht nur von einem „Vorſtand;“ das
Handelsgeſetzbuch iſt bekanntlich auch nicht viel klarer; doch braucht ſchon das
preußiſche Geſetz §. 20 den Ausdruck: „Die Vorſteher ſind — für ihre
Perſon einem Dritten nur verpflichtet, wenn ſie den Beſtimmungen des Geſetzes
zuwider handeln.“ Sind das Präſidenten, Verwaltungsräthe, oder Direk-
toren, oder alle gleichmäßig? Es iſt gewiß, daß dem Geſetzgeber dieſe Unter-
ſchiede noch nicht klar waren. Im Allgemeinen iſt auch wohl hier kein Zweifel,
daß der Verwaltungsrath ſeine Entwicklung und ſeine Selbſtändigkeit erſt den
Aktiengeſellſchaften verdankt. Der Verwaltungsrath iſt urſprünglich wohl nur
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/627>, abgerufen am 22.11.2024.
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