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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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dieselben diejenigen Grundsätze enthalten, welche die Regierung als orga-
nische Bedingungen der Vereinsthätigkeit anerkennt. Der Grund dieser,
die volle Freiheit der Vereinsbildung allerdings beschränkenden Grund-
sätze liegt in dem oben bereits bezeichneten Wesen der Vereine, mit dem
sie tief und oft fast unwiderstehlich -- man denke nur an Banken und
Eisenbahnen -- in das Leben des Staats und der Einzelnen hinein-
greifen. Die einzelnen Gesetzgebungen haben deßhalb Versuche gemacht,
dieß System der Genehmigungen neben dem der bloßen Anzeige möglichst
bestimmt zu formuliren. Hier nun ist das System des geltenden Rechts
ein verschiedenes. In Preußen steht allerdings der Grundsatz für
Aktiengesellschaften fest, im Uebrigen aber ist es bis jetzt zu keinem Ver-
einsgesetze gekommen, wie der Art. 30 der Verfassungsurkunde es in
Aussicht gestellt hat. (Rönne a. a. O.) In Bayern ist im Vereins-
gesetze von 1850 der Grundsatz aufgenommen, daß die Gesellschaften
mit Aktien und Verkehrsvereine denjenigen Bestimmungen der Genehmi-
gung unterworfen sein sollen, welche künftige Gesetze darüber aufstellen
werden. (Pötzl, Verfassung a. a. O.) In Oesterreich dagegen ist das
Anzeigerecht ganz in das Genehmigungsrecht aufgegangen, und jeder
Verein nur unter Genehmigung zugelassen, während die Bedingungen
dieser Genehmigung als Inhalt der Statuten speziell aufgeführt werden.
(Vereinsgesetz vom 26. November 1852.) Dieses Princip kann nur als
Uebergangsstadium betrachtet werden, wie das ganze Gesetz, das in §. 3
die Bildung von Vereinen "welche sich Zwecke vorsetzen, die in den Be-
reich der Gesetzgebung oder der öffentlichen Verwaltung fallen," unter-
sagt, wobei offenbar politische Vereine gedacht sind. Eben so ist die
Bezeichnung, daß für alle Vereine, "die nach einer Gesellschaftsregel
in der Art eingegangen werden, daß der Eintritt in den Verein ohne
Beschränkung auf die ursprünglichen Theilnehmer Jedermann gestattet
ist," die Genehmigung nothwendig wird, eben so unklar, als die Be-
stimmung des §. 2, wornach besondere Vereine für öffentliche Zwecke
"insbesondere" eine Bewilligung brauchen. (Stubenrauch, öster-
reichische Verwaltungsgesetzkunde 3. Auflage, §. 188.) Im Uebrigen
zeichnet sich das österreichische Vereinsgesetz durch genaue Angabe der Formen
aus, unter denen die Genehmigung eingeholt werden muß, namentlich
durch genaue Bezeichnung dessen, was als Inhalt der Statuten ange-
geben sein muß, um diese Bewilligung zu erhalten (§. 9). Den Unter-
schied zwischen politischen und nicht politischen Vereinen braucht damit
die österreichische Gesetzgebung so wenig, wie die französische. Die badische
Gesetzgebung steht dagegen auf dem Standpunkt der bayerischen, indem
sie zugleich den Bundesbeschluß vom 13. Juli 1854 über Arbeiterver-
eine mit socialen und politischen Tendenzen als Verbindungen erklärt

dieſelben diejenigen Grundſätze enthalten, welche die Regierung als orga-
niſche Bedingungen der Vereinsthätigkeit anerkennt. Der Grund dieſer,
die volle Freiheit der Vereinsbildung allerdings beſchränkenden Grund-
ſätze liegt in dem oben bereits bezeichneten Weſen der Vereine, mit dem
ſie tief und oft faſt unwiderſtehlich — man denke nur an Banken und
Eiſenbahnen — in das Leben des Staats und der Einzelnen hinein-
greifen. Die einzelnen Geſetzgebungen haben deßhalb Verſuche gemacht,
dieß Syſtem der Genehmigungen neben dem der bloßen Anzeige möglichſt
beſtimmt zu formuliren. Hier nun iſt das Syſtem des geltenden Rechts
ein verſchiedenes. In Preußen ſteht allerdings der Grundſatz für
Aktiengeſellſchaften feſt, im Uebrigen aber iſt es bis jetzt zu keinem Ver-
einsgeſetze gekommen, wie der Art. 30 der Verfaſſungsurkunde es in
Ausſicht geſtellt hat. (Rönne a. a. O.) In Bayern iſt im Vereins-
geſetze von 1850 der Grundſatz aufgenommen, daß die Geſellſchaften
mit Aktien und Verkehrsvereine denjenigen Beſtimmungen der Genehmi-
gung unterworfen ſein ſollen, welche künftige Geſetze darüber aufſtellen
werden. (Pötzl, Verfaſſung a. a. O.) In Oeſterreich dagegen iſt das
Anzeigerecht ganz in das Genehmigungsrecht aufgegangen, und jeder
Verein nur unter Genehmigung zugelaſſen, während die Bedingungen
dieſer Genehmigung als Inhalt der Statuten ſpeziell aufgeführt werden.
(Vereinsgeſetz vom 26. November 1852.) Dieſes Princip kann nur als
Uebergangsſtadium betrachtet werden, wie das ganze Geſetz, das in §. 3
die Bildung von Vereinen „welche ſich Zwecke vorſetzen, die in den Be-
reich der Geſetzgebung oder der öffentlichen Verwaltung fallen,“ unter-
ſagt, wobei offenbar politiſche Vereine gedacht ſind. Eben ſo iſt die
Bezeichnung, daß für alle Vereine, „die nach einer Geſellſchaftsregel
in der Art eingegangen werden, daß der Eintritt in den Verein ohne
Beſchränkung auf die urſprünglichen Theilnehmer Jedermann geſtattet
iſt,“ die Genehmigung nothwendig wird, eben ſo unklar, als die Be-
ſtimmung des §. 2, wornach beſondere Vereine für öffentliche Zwecke
„insbeſondere“ eine Bewilligung brauchen. (Stubenrauch, öſter-
reichiſche Verwaltungsgeſetzkunde 3. Auflage, §. 188.) Im Uebrigen
zeichnet ſich das öſterreichiſche Vereinsgeſetz durch genaue Angabe der Formen
aus, unter denen die Genehmigung eingeholt werden muß, namentlich
durch genaue Bezeichnung deſſen, was als Inhalt der Statuten ange-
geben ſein muß, um dieſe Bewilligung zu erhalten (§. 9). Den Unter-
ſchied zwiſchen politiſchen und nicht politiſchen Vereinen braucht damit
die öſterreichiſche Geſetzgebung ſo wenig, wie die franzöſiſche. Die badiſche
Geſetzgebung ſteht dagegen auf dem Standpunkt der bayeriſchen, indem
ſie zugleich den Bundesbeſchluß vom 13. Juli 1854 über Arbeiterver-
eine mit ſocialen und politiſchen Tendenzen als Verbindungen erklärt

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[628/0652] dieſelben diejenigen Grundſätze enthalten, welche die Regierung als orga- niſche Bedingungen der Vereinsthätigkeit anerkennt. Der Grund dieſer, die volle Freiheit der Vereinsbildung allerdings beſchränkenden Grund- ſätze liegt in dem oben bereits bezeichneten Weſen der Vereine, mit dem ſie tief und oft faſt unwiderſtehlich — man denke nur an Banken und Eiſenbahnen — in das Leben des Staats und der Einzelnen hinein- greifen. Die einzelnen Geſetzgebungen haben deßhalb Verſuche gemacht, dieß Syſtem der Genehmigungen neben dem der bloßen Anzeige möglichſt beſtimmt zu formuliren. Hier nun iſt das Syſtem des geltenden Rechts ein verſchiedenes. In Preußen ſteht allerdings der Grundſatz für Aktiengeſellſchaften feſt, im Uebrigen aber iſt es bis jetzt zu keinem Ver- einsgeſetze gekommen, wie der Art. 30 der Verfaſſungsurkunde es in Ausſicht geſtellt hat. (Rönne a. a. O.) In Bayern iſt im Vereins- geſetze von 1850 der Grundſatz aufgenommen, daß die Geſellſchaften mit Aktien und Verkehrsvereine denjenigen Beſtimmungen der Genehmi- gung unterworfen ſein ſollen, welche künftige Geſetze darüber aufſtellen werden. (Pötzl, Verfaſſung a. a. O.) In Oeſterreich dagegen iſt das Anzeigerecht ganz in das Genehmigungsrecht aufgegangen, und jeder Verein nur unter Genehmigung zugelaſſen, während die Bedingungen dieſer Genehmigung als Inhalt der Statuten ſpeziell aufgeführt werden. (Vereinsgeſetz vom 26. November 1852.) Dieſes Princip kann nur als Uebergangsſtadium betrachtet werden, wie das ganze Geſetz, das in §. 3 die Bildung von Vereinen „welche ſich Zwecke vorſetzen, die in den Be- reich der Geſetzgebung oder der öffentlichen Verwaltung fallen,“ unter- ſagt, wobei offenbar politiſche Vereine gedacht ſind. Eben ſo iſt die Bezeichnung, daß für alle Vereine, „die nach einer Geſellſchaftsregel in der Art eingegangen werden, daß der Eintritt in den Verein ohne Beſchränkung auf die urſprünglichen Theilnehmer Jedermann geſtattet iſt,“ die Genehmigung nothwendig wird, eben ſo unklar, als die Be- ſtimmung des §. 2, wornach beſondere Vereine für öffentliche Zwecke „insbeſondere“ eine Bewilligung brauchen. (Stubenrauch, öſter- reichiſche Verwaltungsgeſetzkunde 3. Auflage, §. 188.) Im Uebrigen zeichnet ſich das öſterreichiſche Vereinsgeſetz durch genaue Angabe der Formen aus, unter denen die Genehmigung eingeholt werden muß, namentlich durch genaue Bezeichnung deſſen, was als Inhalt der Statuten ange- geben ſein muß, um dieſe Bewilligung zu erhalten (§. 9). Den Unter- ſchied zwiſchen politiſchen und nicht politiſchen Vereinen braucht damit die öſterreichiſche Geſetzgebung ſo wenig, wie die franzöſiſche. Die badiſche Geſetzgebung ſteht dagegen auf dem Standpunkt der bayeriſchen, indem ſie zugleich den Bundesbeſchluß vom 13. Juli 1854 über Arbeiterver- eine mit ſocialen und politiſchen Tendenzen als Verbindungen erklärt

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/652>, abgerufen am 22.11.2024.