Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.Und am Ende ist das Schicksal dieser amtlichen Auffassung auch ein Wir werden nun das öffentliche Eherecht dieser Epoche in seiner 1) Die polizeiliche Beförderung der Ehe und die Kinderprämie. Wir haben schon im Eingange hervorgehoben, daß die Zeit, welche Und am Ende iſt das Schickſal dieſer amtlichen Auffaſſung auch ein Wir werden nun das öffentliche Eherecht dieſer Epoche in ſeiner 1) Die polizeiliche Beförderung der Ehe und die Kinderprämie. Wir haben ſchon im Eingange hervorgehoben, daß die Zeit, welche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0165" n="143"/> Und am Ende iſt das Schickſal dieſer amtlichen Auffaſſung auch ein<lb/> leicht verſtändliches. Während im vorigen Jahrhundert jene beiden Auf-<lb/> gaben für die Verwaltung noch als ganz natürliche feſtſtehen, verſchwin-<lb/> den ſie mit dem gegenwärtigen. Die großen Entwicklungen der Wiſ-<lb/> ſenſchaft, namentlich der Bevölkerungslehre, zeigen mehr und mehr, daß<lb/> ein Eingreifen von Seiten des Staats hier nicht zum gedeihlichen Er-<lb/> folge führt. Die amtliche Verwaltung als ſolche beginnt daher, wenn<lb/> auch nur langſam, ihr früheres Auftreten erſt zu mildern, dann ganz<lb/> aufzugeben. In England und Frankreich verſchwindet das polizeiliche<lb/> öffentliche Eherecht vollſtändig, und nur die elementaren Verhältniſſe<lb/> deſſelben, wie wir ſie unten darlegen werden, erhalten ſich. Aber in<lb/> Deutſchland iſt das anders, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil<lb/> ſich hier das alte Stadtbürgerthum mit ſeiner örtlich beſchränkten Auf-<lb/> faſſung und ſeinen Sonderintereſſen erhält. Hier gibt es daher — <hi rendition="#g">ein-<lb/> zig</hi> in der Welt! — noch ein öffentliches Eherecht der <hi rendition="#g">Gemeinde</hi>.<lb/> Und dieß nun bildet die zweite der oben erwähnten Formen des öffent-<lb/> lichen Eherechts. In höchſt merkwürdiger Weiſe hat dieſe zweite Form<lb/> ſelbſt auf die Theorie eingewirkt. Sie läßt das Eherecht in der reinen<lb/> Staatswiſſenſchaft fallen, und hält es dagegen im poſitiven Recht feſt,<lb/> ohne ihm doch ſeine angemeſſene Stellung zu geben. Der tiefe Wider-<lb/> ſpruch, der in dieſen Zuſtänden liegt, wird meiſtens mit Stillſchweigen<lb/> übergangen; nur in einzelnen Fällen bricht ſich die freiere Auffaſſung<lb/> Bahn; aber der der deutſchen Rechtsbildung überhaupt eigenthümliche<lb/> Particularismus hält in Verbindung mit ſehr greifbaren Ortsintereſſen<lb/> noch immer an dem alten Recht feſt, und ſo entſteht der Zuſtand, den<lb/> wir unten näher bezeichnen werden.</p><lb/> <p>Wir werden nun das öffentliche Eherecht dieſer Epoche in ſeiner<lb/> Entwicklung bis zur Gegenwart in das Recht der <hi rendition="#g">Beförderung</hi> der<lb/> Ehe, und das Recht der <hi rendition="#g">Verhinderung</hi> derſelben theilen.</p><lb/> <div n="7"> <head>1) <hi rendition="#g">Die polizeiliche Beförderung der Ehe und die<lb/> Kinderprämie.</hi></head><lb/> <p>Wir haben ſchon im Eingange hervorgehoben, daß die Zeit, welche<lb/> eine unmittelbare Beförderung der Ehen ihrer Natur nach am meiſten<lb/> hervorruft, ſtets eine ſolche iſt, in der es ſich um die <hi rendition="#g">militäriſche</hi><lb/> Macht des Staats handelt; aus naheliegenden Gründen. Es iſt dabei<lb/> ziemlich gleichgültig, ob es ſich dabei um Deſpotie, Republiken oder<lb/> königliche Staaten handelt; aber eben deßhalb iſt es auch nicht ſo ſehr<lb/> die <hi rendition="#g">Ehe</hi> ſelbſt, um derentwillen man jene Maßregeln ergreift, ſondern<lb/> es iſt vielmehr die Erzeugung von <hi rendition="#g">Kindern</hi>, im Stande, die Waffen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0165]
Und am Ende iſt das Schickſal dieſer amtlichen Auffaſſung auch ein
leicht verſtändliches. Während im vorigen Jahrhundert jene beiden Auf-
gaben für die Verwaltung noch als ganz natürliche feſtſtehen, verſchwin-
den ſie mit dem gegenwärtigen. Die großen Entwicklungen der Wiſ-
ſenſchaft, namentlich der Bevölkerungslehre, zeigen mehr und mehr, daß
ein Eingreifen von Seiten des Staats hier nicht zum gedeihlichen Er-
folge führt. Die amtliche Verwaltung als ſolche beginnt daher, wenn
auch nur langſam, ihr früheres Auftreten erſt zu mildern, dann ganz
aufzugeben. In England und Frankreich verſchwindet das polizeiliche
öffentliche Eherecht vollſtändig, und nur die elementaren Verhältniſſe
deſſelben, wie wir ſie unten darlegen werden, erhalten ſich. Aber in
Deutſchland iſt das anders, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil
ſich hier das alte Stadtbürgerthum mit ſeiner örtlich beſchränkten Auf-
faſſung und ſeinen Sonderintereſſen erhält. Hier gibt es daher — ein-
zig in der Welt! — noch ein öffentliches Eherecht der Gemeinde.
Und dieß nun bildet die zweite der oben erwähnten Formen des öffent-
lichen Eherechts. In höchſt merkwürdiger Weiſe hat dieſe zweite Form
ſelbſt auf die Theorie eingewirkt. Sie läßt das Eherecht in der reinen
Staatswiſſenſchaft fallen, und hält es dagegen im poſitiven Recht feſt,
ohne ihm doch ſeine angemeſſene Stellung zu geben. Der tiefe Wider-
ſpruch, der in dieſen Zuſtänden liegt, wird meiſtens mit Stillſchweigen
übergangen; nur in einzelnen Fällen bricht ſich die freiere Auffaſſung
Bahn; aber der der deutſchen Rechtsbildung überhaupt eigenthümliche
Particularismus hält in Verbindung mit ſehr greifbaren Ortsintereſſen
noch immer an dem alten Recht feſt, und ſo entſteht der Zuſtand, den
wir unten näher bezeichnen werden.
Wir werden nun das öffentliche Eherecht dieſer Epoche in ſeiner
Entwicklung bis zur Gegenwart in das Recht der Beförderung der
Ehe, und das Recht der Verhinderung derſelben theilen.
1) Die polizeiliche Beförderung der Ehe und die
Kinderprämie.
Wir haben ſchon im Eingange hervorgehoben, daß die Zeit, welche
eine unmittelbare Beförderung der Ehen ihrer Natur nach am meiſten
hervorruft, ſtets eine ſolche iſt, in der es ſich um die militäriſche
Macht des Staats handelt; aus naheliegenden Gründen. Es iſt dabei
ziemlich gleichgültig, ob es ſich dabei um Deſpotie, Republiken oder
königliche Staaten handelt; aber eben deßhalb iſt es auch nicht ſo ſehr
die Ehe ſelbſt, um derentwillen man jene Maßregeln ergreift, ſondern
es iſt vielmehr die Erzeugung von Kindern, im Stande, die Waffen
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