Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.und die Bedeutung der Colonien gedreht, ohne jedoch die innere Colonisation und die Bedeutung der Colonien gedreht, ohne jedoch die innere Coloniſation <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0201" n="179"/> und die Bedeutung der <hi rendition="#g">Colonien</hi> gedreht, ohne jedoch die innere Coloniſation<lb/> von der äußern zu ſcheiden, woher es denn wieder kommt, daß während einige<lb/> wie <hi rendition="#g">Roſcher</hi> und ihm folgend — wenn auch nur mit einigen kurzen Bemer-<lb/> kungen — <hi rendition="#g">Gerſtner</hi> (<hi rendition="#aq">l. l. p.</hi> 195. 196) die Colonialfrage in die Bevölkerungs-<lb/> lehre aufnahmen, andere wie <hi rendition="#g">Rau</hi> und <hi rendition="#g">Mohl</hi> ſie wieder ganz weglaſſen. Die<lb/> Nationalökonomie ſowohl der Engländer als der Franzoſen iſt bei der allge-<lb/> meinen Bevölkerungslehre ſtehen geblieben, eben ſo die der Deutſchen, und ſo<lb/> reducirt ſich die Geſchichte der Anſichten und ſelbſt die der Geſetze auf einige<lb/> allgemeine Punkte. Schon die Gründer der theoretiſchen Bevölkerungspolitik in<lb/> Deutſchland, <hi rendition="#g">Juſti</hi> und <hi rendition="#g">Süßmilch</hi>, kommen nicht über allgemeine Sätze hinaus,<lb/> die jedoch alle darauf hinaus laufen, die Einwanderung für höchſt wünſchens-<lb/> werth zu halten. <hi rendition="#g">Juſti</hi> widmet ihr ein ganzes Hauptſtück, <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch, <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Haupt-<lb/> ſtück, „Von Vergrößerung der Bevölkerung durch die Fremden.“ Man ſoll ihnen<lb/> namentlich Gewiſſensfreiheit geben (§. 281) und vor allem „Handwerker und<lb/> Landleuthe“ durch „Freiheiten,“ „Bauſtellen, Aeckern, ja mit Bauhülfsgeldern“<lb/> unterſtützen. <hi rendition="#g">Süßmilch</hi> Cap. <hi rendition="#aq">XIV.</hi> bleibt in ſehr allgemeinen Phraſen. In-<lb/> deſſen war bei den Verwaltungen die Ueberzeugung von dem Werthe der Ein-<lb/> wanderungen zum Durchbruche gelangt. In <hi rendition="#g">Oeſterreich</hi> wie in <hi rendition="#g">Preußen</hi><lb/> ſuchte man ſie auf doppelte Weiſe zu befördern, und zwar theils durch <hi rendition="#g">allge-<lb/> meine</hi> Vorſchriften, welche dieſelbe erleichtern ſollten, theils durch eine eigene<lb/> innere Coloniſation. Schon <hi rendition="#g">Maria Thereſia</hi> erleichterte die Einwanderung<lb/> dadurch, daß ſie den Einwandernden die Wiederauswanderung ohne Abfahrtsgeld<lb/> geſtattete (Patent von 1753 und 1785), namentlich aber guten ausländiſchen<lb/><hi rendition="#g">Künſtlern</hi> und Profeſſioniſten zu ihrem Unterkommen zu verhelfen, und ihnen<lb/> die zur Erlangung des Meiſterrechts nöthige Dispenſation ohne Taxen zu er-<lb/> theilen, verſchrieb (Patent vom 13. December 1760; erneuert 15. Februar 1784).<lb/> Von allgemeiner Wichtigkeit war allerdings das berühmte <hi rendition="#g">Toleranzpatent</hi><lb/> vom 13. October 1781, welches ſpeciell den Einwanderern, die nicht katholiſch<lb/> waren, das Recht zum Häuſer- und Güterkaufe, zum Bürger- und Meiſterrecht,<lb/> ja zu akademiſchen Würden und Civilbedienſtungen einräumte. (<hi rendition="#g">Kopetz</hi>, Oeſter-<lb/> reichiſche politiſche Geſetzkunde <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 108.) Zugleich wurden direkte Geldunter-<lb/> ſtützungen für Einwanderer bewilligt, jedoch mit der weiſen Vorſchrift, daß<lb/> dieſelben nicht den Anſiedlern in die Hände gegeben, ſondern ſtatt deſſen ihnen<lb/> Wohnungen gebaut und Unterhalt verabreicht werden ſolle (Patent vom 9. Dec.<lb/> 1782). Die Obrigkeiten ſollten zugleich „aufmerkſam ſein, ob die Anſiedler<lb/><hi rendition="#g">arbeitſam</hi> und im Stande wären, ſich durch ihre Profeſſion <hi rendition="#g">zu ernähren</hi>,<lb/> ehe noch die ganze Aushülfe gegeben war“ (Patent vom 12. Juni 1782 und<lb/> Patent vom 14. October 1784 und 9. Januar 1786). <hi rendition="#g">Leopold</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> dagegen<lb/> kommt von dieſer Auffaſſung ſchon zurück. Er hob die Geldunterſtützungen auf<lb/> (Patent vom 11. Januar 1787), ſchreibt jedoch jede ſonſtige Hülfe „ſo weit damit<lb/> keine Geldauslagen von Seiten des Staats verbunden ſind“ vor, was auch<lb/> ſpäter in Kraft bleibt (Cabinetsſchreiben vom 24. Januar 1800 und 30. Dec.<lb/> 1806). Die beſondern Rechtsverhältniſſe der Kronländer erzeugten dann eigene<lb/> Beſtimmungen über die örtliche Einwanderung in dieſelben (bei <hi rendition="#g">Kopetz</hi> §. 109 bis<lb/> 113). — Neben dieſen allgemeinen Verwaltungsmaßregeln ging nun eine eigene<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [179/0201]
und die Bedeutung der Colonien gedreht, ohne jedoch die innere Coloniſation
von der äußern zu ſcheiden, woher es denn wieder kommt, daß während einige
wie Roſcher und ihm folgend — wenn auch nur mit einigen kurzen Bemer-
kungen — Gerſtner (l. l. p. 195. 196) die Colonialfrage in die Bevölkerungs-
lehre aufnahmen, andere wie Rau und Mohl ſie wieder ganz weglaſſen. Die
Nationalökonomie ſowohl der Engländer als der Franzoſen iſt bei der allge-
meinen Bevölkerungslehre ſtehen geblieben, eben ſo die der Deutſchen, und ſo
reducirt ſich die Geſchichte der Anſichten und ſelbſt die der Geſetze auf einige
allgemeine Punkte. Schon die Gründer der theoretiſchen Bevölkerungspolitik in
Deutſchland, Juſti und Süßmilch, kommen nicht über allgemeine Sätze hinaus,
die jedoch alle darauf hinaus laufen, die Einwanderung für höchſt wünſchens-
werth zu halten. Juſti widmet ihr ein ganzes Hauptſtück, II. Buch, VIII. Haupt-
ſtück, „Von Vergrößerung der Bevölkerung durch die Fremden.“ Man ſoll ihnen
namentlich Gewiſſensfreiheit geben (§. 281) und vor allem „Handwerker und
Landleuthe“ durch „Freiheiten,“ „Bauſtellen, Aeckern, ja mit Bauhülfsgeldern“
unterſtützen. Süßmilch Cap. XIV. bleibt in ſehr allgemeinen Phraſen. In-
deſſen war bei den Verwaltungen die Ueberzeugung von dem Werthe der Ein-
wanderungen zum Durchbruche gelangt. In Oeſterreich wie in Preußen
ſuchte man ſie auf doppelte Weiſe zu befördern, und zwar theils durch allge-
meine Vorſchriften, welche dieſelbe erleichtern ſollten, theils durch eine eigene
innere Coloniſation. Schon Maria Thereſia erleichterte die Einwanderung
dadurch, daß ſie den Einwandernden die Wiederauswanderung ohne Abfahrtsgeld
geſtattete (Patent von 1753 und 1785), namentlich aber guten ausländiſchen
Künſtlern und Profeſſioniſten zu ihrem Unterkommen zu verhelfen, und ihnen
die zur Erlangung des Meiſterrechts nöthige Dispenſation ohne Taxen zu er-
theilen, verſchrieb (Patent vom 13. December 1760; erneuert 15. Februar 1784).
Von allgemeiner Wichtigkeit war allerdings das berühmte Toleranzpatent
vom 13. October 1781, welches ſpeciell den Einwanderern, die nicht katholiſch
waren, das Recht zum Häuſer- und Güterkaufe, zum Bürger- und Meiſterrecht,
ja zu akademiſchen Würden und Civilbedienſtungen einräumte. (Kopetz, Oeſter-
reichiſche politiſche Geſetzkunde I. §. 108.) Zugleich wurden direkte Geldunter-
ſtützungen für Einwanderer bewilligt, jedoch mit der weiſen Vorſchrift, daß
dieſelben nicht den Anſiedlern in die Hände gegeben, ſondern ſtatt deſſen ihnen
Wohnungen gebaut und Unterhalt verabreicht werden ſolle (Patent vom 9. Dec.
1782). Die Obrigkeiten ſollten zugleich „aufmerkſam ſein, ob die Anſiedler
arbeitſam und im Stande wären, ſich durch ihre Profeſſion zu ernähren,
ehe noch die ganze Aushülfe gegeben war“ (Patent vom 12. Juni 1782 und
Patent vom 14. October 1784 und 9. Januar 1786). Leopold II. dagegen
kommt von dieſer Auffaſſung ſchon zurück. Er hob die Geldunterſtützungen auf
(Patent vom 11. Januar 1787), ſchreibt jedoch jede ſonſtige Hülfe „ſo weit damit
keine Geldauslagen von Seiten des Staats verbunden ſind“ vor, was auch
ſpäter in Kraft bleibt (Cabinetsſchreiben vom 24. Januar 1800 und 30. Dec.
1806). Die beſondern Rechtsverhältniſſe der Kronländer erzeugten dann eigene
Beſtimmungen über die örtliche Einwanderung in dieſelben (bei Kopetz §. 109 bis
113). — Neben dieſen allgemeinen Verwaltungsmaßregeln ging nun eine eigene
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |