Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.damit durchaus ins Casuistische fallenden Streitigkeiten brachte dann 2) Während sich nämlich das Detractrecht an die wirthschaftliche Seite Von Oesterreich sagt Kopetz (Polizei-Gesetzkunde I. §. 87) daß damit durchaus ins Caſuiſtiſche fallenden Streitigkeiten brachte dann 2) Während ſich nämlich das Detractrecht an die wirthſchaftliche Seite Von Oeſterreich ſagt Kopetz (Polizei-Geſetzkunde I. §. 87) daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0219" n="197"/> damit durchaus ins Caſuiſtiſche fallenden Streitigkeiten brachte dann<lb/> bekanntlich erſt ſpät die deutſche Bundesakte (Art. 18), deren „Frei-<lb/> zügigkeit“ im Grunde die bundesgeſetzliche Aufhebung des Detractrechts<lb/> bedeutet. Doch hatten ſchon im vorigen Jahrhundert viele deutſchen<lb/> Staaten ſich durch Gegenſeitigkeitsverträge ein freies Abzugsrecht geſchaf-<lb/> fen, und hielten an demſelben, wie wir gleich zeigen werden, nur noch<lb/> als Retorſionen feſt. Daraus ergab ſich dann, daß die allmählig all-<lb/> gemein anerkannte Nothwendigkeit der Aufhebung des Abzugsrechts durch<lb/> eine Reihe von <hi rendition="#g">Verträgen</hi> zwiſchen den einzelnen Staaten als inter-<lb/> nationales Recht aufgeſtellt ward, und zwar natürlich ſo, daß jeder<lb/> Staat mit jedem einzelnen Staat einen darauf bezüglichen Vertrag zu<lb/> ſchließen hat. Die deutſche Bundesakte (Art. 18) ſtellt die Aufhebung<lb/> des Abzugs nur für die Auswanderungen unter den Bundesſtaaten feſt;<lb/> die letzteren haben dann mit den übrigen europäiſchen Staaten einzelne<lb/> Abzugsverträge geſchloſſen. Die württembergiſchen ſind bei <hi rendition="#g">Mohl</hi><lb/> (§. 75) aufgeführt. In <hi rendition="#g">Oeſterreich</hi> ſpeciell kam das Detractsrecht in<lb/> ſeiner Regalität überhaupt nicht zur Ausbildung, weil es durch die<lb/> polizeilichen Auswanderungsverbote überflügelt ward. Aehnlich in vielen<lb/> andern deutſchen Staaten. Ueberdieß trat auch die <hi rendition="#g">Erbſchaftsſteuer</hi><lb/> mit gleichem finanziellem Effekt an ihre Stelle, und ſo wird es nicht<lb/> wundern, daß die ganze Abzugsfrage mit dem Ende dieſer Epoche zu<lb/> verſchwinden beginnt. Populationiſten, und ſelbſt <hi rendition="#g">Berg</hi>, ſprechen gar<lb/> nicht mehr von ihr, trotz ihrer Wichtigkeit. An ihre Stelle tritt viel-<lb/> mehr mit der Mitte des vorigen Jahrhunderts das eigentliche <hi rendition="#g">Aus-<lb/> wanderungsverbot</hi> als rein polizeiliche, populationiſtiſche Maßregel.</p><lb/> <p>2) Während ſich nämlich das Detractrecht an die wirthſchaftliche Seite<lb/> des alten ſtändiſchen Auswanderungsrechts anſchließt, ſchließt ſich das<lb/> Auswanderung<hi rendition="#g">sverbot</hi> vielmehr an die perſönliche an. Mit dem Wunſche<lb/> nach Vermehrung der Bevölkerung tritt die einfache Conſequenz ein, den<lb/> Einwohnern der Staaten die Auswanderung geradezu zu <hi rendition="#g">verbieten</hi>, als<lb/> Folge der Verpflichtung des Staates, für die Glückſeligkeit ſeiner Einwohner<lb/> zu ſorgen. Dieſe direkten Verbote ſind wahrſcheinlich von Frankreich nach<lb/> Deutſchland gelangt. Und ſo ſehen wir nun zwiſchen Praxis und Theorie<lb/> einerſeits und innerhalb der Theorie ſelbſt anderſeits jenen tiefen Gegenſatz<lb/> entſtehen, der zur folgenden Epoche der freien Auswanderung hinüberführt.</p><lb/> <p>Von <hi rendition="#g">Oeſterreich</hi> ſagt <hi rendition="#g">Kopetz</hi> (Polizei-Geſetzkunde <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 87) daß<lb/> bereits in früheren Zeiten ſowohl <hi rendition="#g">allgemeine</hi> als <hi rendition="#g">beſondere Aus-<lb/> wanderungsverbote</hi> erlaſſen worden ſeien. Letztere beziehen ſich<lb/> ſpeciell auf die Arbeiter in beſtimmten Induſtrien, namentlich auf die<lb/> böhmiſchen „Glasmacher“ (ſeit 1752), Senſenſchmiede (Verordnung vom<lb/> 8. Februar 1781); das erſte allgemeine Auswanderungspatent vom<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [197/0219]
damit durchaus ins Caſuiſtiſche fallenden Streitigkeiten brachte dann
bekanntlich erſt ſpät die deutſche Bundesakte (Art. 18), deren „Frei-
zügigkeit“ im Grunde die bundesgeſetzliche Aufhebung des Detractrechts
bedeutet. Doch hatten ſchon im vorigen Jahrhundert viele deutſchen
Staaten ſich durch Gegenſeitigkeitsverträge ein freies Abzugsrecht geſchaf-
fen, und hielten an demſelben, wie wir gleich zeigen werden, nur noch
als Retorſionen feſt. Daraus ergab ſich dann, daß die allmählig all-
gemein anerkannte Nothwendigkeit der Aufhebung des Abzugsrechts durch
eine Reihe von Verträgen zwiſchen den einzelnen Staaten als inter-
nationales Recht aufgeſtellt ward, und zwar natürlich ſo, daß jeder
Staat mit jedem einzelnen Staat einen darauf bezüglichen Vertrag zu
ſchließen hat. Die deutſche Bundesakte (Art. 18) ſtellt die Aufhebung
des Abzugs nur für die Auswanderungen unter den Bundesſtaaten feſt;
die letzteren haben dann mit den übrigen europäiſchen Staaten einzelne
Abzugsverträge geſchloſſen. Die württembergiſchen ſind bei Mohl
(§. 75) aufgeführt. In Oeſterreich ſpeciell kam das Detractsrecht in
ſeiner Regalität überhaupt nicht zur Ausbildung, weil es durch die
polizeilichen Auswanderungsverbote überflügelt ward. Aehnlich in vielen
andern deutſchen Staaten. Ueberdieß trat auch die Erbſchaftsſteuer
mit gleichem finanziellem Effekt an ihre Stelle, und ſo wird es nicht
wundern, daß die ganze Abzugsfrage mit dem Ende dieſer Epoche zu
verſchwinden beginnt. Populationiſten, und ſelbſt Berg, ſprechen gar
nicht mehr von ihr, trotz ihrer Wichtigkeit. An ihre Stelle tritt viel-
mehr mit der Mitte des vorigen Jahrhunderts das eigentliche Aus-
wanderungsverbot als rein polizeiliche, populationiſtiſche Maßregel.
2) Während ſich nämlich das Detractrecht an die wirthſchaftliche Seite
des alten ſtändiſchen Auswanderungsrechts anſchließt, ſchließt ſich das
Auswanderungsverbot vielmehr an die perſönliche an. Mit dem Wunſche
nach Vermehrung der Bevölkerung tritt die einfache Conſequenz ein, den
Einwohnern der Staaten die Auswanderung geradezu zu verbieten, als
Folge der Verpflichtung des Staates, für die Glückſeligkeit ſeiner Einwohner
zu ſorgen. Dieſe direkten Verbote ſind wahrſcheinlich von Frankreich nach
Deutſchland gelangt. Und ſo ſehen wir nun zwiſchen Praxis und Theorie
einerſeits und innerhalb der Theorie ſelbſt anderſeits jenen tiefen Gegenſatz
entſtehen, der zur folgenden Epoche der freien Auswanderung hinüberführt.
Von Oeſterreich ſagt Kopetz (Polizei-Geſetzkunde I. §. 87) daß
bereits in früheren Zeiten ſowohl allgemeine als beſondere Aus-
wanderungsverbote erlaſſen worden ſeien. Letztere beziehen ſich
ſpeciell auf die Arbeiter in beſtimmten Induſtrien, namentlich auf die
böhmiſchen „Glasmacher“ (ſeit 1752), Senſenſchmiede (Verordnung vom
8. Februar 1781); das erſte allgemeine Auswanderungspatent vom
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