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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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Verfahren. An diese Bestimmungen hat sich eine ziemlich reichhaltige
Literatur angeschlossen, die aber freilich sich um die populationistischen
und statistischen Interessen nicht kümmert, sondern vorzugsweise in An-
leitungen für die Gemeindebeamteten für die so wichtige, und wie sich
aus dem Obigen ergibt, keineswegs einfache Führung der Standes-
register besteht (Legoyt bei Block, v. Etat civil). Man sieht es selbst
dieser Literatur an, daß der Etat civil in Frankreich nichts anderes mehr
ist, als eine reine Verwaltungsmaßregel, und sein Recht ein un-
zweifelhaftes bürgerliches Verwaltungsrecht. -- Zum Schluß
mag bemerkt werden, daß neuerdings das ganze französische System
der Standesregister auch in Italien eingeführt ist durch Gesetz vom
20. März 1865. Der Sindaco vertritt hier die Stelle des Maire,
die Formen sind gleich, und es ist diese Einführung als ein bedeutender
Schritt für das italienische Eherecht anzusehen. (Vergl. Austria für
1865, Nr. 34.)

England. Während in England das Princip der Standesregister
nach manchen Kämpfen und Versuchen zum Durchbruche gelangt ist,
ist dennoch sowohl der historische Gang der Entwicklung, als auch die
äußere Ordnung derselben von Frankreich wieder sehr verschieden. Man
kann beide wohl ziemlich einfach charakterisiren. Das Bedürfniß hat
in England sehr bald die Nothwendigkeit öffentlicher Constatirung von
Geburt, Ehe und Tod gezeigt, und daher auch bald Vorschriften dar-
über hervorgerufen. Allein da die kirchliche Freiheit keinen Eingriff in
die kirchliche Selbstverwaltung, und die communale Freiheit keinen Ein-
griff in die örtliche Selbstverwaltung duldete, so blieb der Regierung,
wenn sie solche Register haben wollte, nichts anders übrig, als einen
eigenen amtlichen Organismus zum Zwecke der Führung dieser
Register aufzustellen, und das ist denn, freilich spät und unter großen
Kosten, aber allerdings übrigens in trefflicher Weise geschehen. Bei
dem Mangel aller fachmännischen rechtshistorischen Bildung in England
würden wir über die frühern Zustände wahrscheinlich gar nichts wissen,
wenn nicht in Veranlassung der Untersuchungen, die dem Gesetz von
1836 vorausgingen, das Committee uns einige Aussagen aufbewahrt
hätte, deren historischen Werth wir auf sich beruhen lassen müssen.
(Report from the select Comm. on Parochian registration, with
the minuts of evidences and appendix. Ordered by the House of
Commons to be printed 15 Aug. 1833;
und Hansard, Vol.
XVI.
) Dann hat uns Daniels die Civilstandsgesetzgebung für Eng-
land und Wales, 1851 in einem kurzen und guten Auszug gegeben.
Seine Einleitung (S. 1--22) macht es uns kaum möglich, auf
unserm engen Raum mehr zu thun, als ihm einfach zu folgen, so weit

Verfahren. An dieſe Beſtimmungen hat ſich eine ziemlich reichhaltige
Literatur angeſchloſſen, die aber freilich ſich um die populationiſtiſchen
und ſtatiſtiſchen Intereſſen nicht kümmert, ſondern vorzugsweiſe in An-
leitungen für die Gemeindebeamteten für die ſo wichtige, und wie ſich
aus dem Obigen ergibt, keineswegs einfache Führung der Standes-
regiſter beſteht (Legoyt bei Block, v. État civil). Man ſieht es ſelbſt
dieſer Literatur an, daß der État civil in Frankreich nichts anderes mehr
iſt, als eine reine Verwaltungsmaßregel, und ſein Recht ein un-
zweifelhaftes bürgerliches Verwaltungsrecht. — Zum Schluß
mag bemerkt werden, daß neuerdings das ganze franzöſiſche Syſtem
der Standesregiſter auch in Italien eingeführt iſt durch Geſetz vom
20. März 1865. Der Sindaco vertritt hier die Stelle des Maire,
die Formen ſind gleich, und es iſt dieſe Einführung als ein bedeutender
Schritt für das italieniſche Eherecht anzuſehen. (Vergl. Auſtria für
1865, Nr. 34.)

England. Während in England das Princip der Standesregiſter
nach manchen Kämpfen und Verſuchen zum Durchbruche gelangt iſt,
iſt dennoch ſowohl der hiſtoriſche Gang der Entwicklung, als auch die
äußere Ordnung derſelben von Frankreich wieder ſehr verſchieden. Man
kann beide wohl ziemlich einfach charakteriſiren. Das Bedürfniß hat
in England ſehr bald die Nothwendigkeit öffentlicher Conſtatirung von
Geburt, Ehe und Tod gezeigt, und daher auch bald Vorſchriften dar-
über hervorgerufen. Allein da die kirchliche Freiheit keinen Eingriff in
die kirchliche Selbſtverwaltung, und die communale Freiheit keinen Ein-
griff in die örtliche Selbſtverwaltung duldete, ſo blieb der Regierung,
wenn ſie ſolche Regiſter haben wollte, nichts anders übrig, als einen
eigenen amtlichen Organismus zum Zwecke der Führung dieſer
Regiſter aufzuſtellen, und das iſt denn, freilich ſpät und unter großen
Koſten, aber allerdings übrigens in trefflicher Weiſe geſchehen. Bei
dem Mangel aller fachmänniſchen rechtshiſtoriſchen Bildung in England
würden wir über die frühern Zuſtände wahrſcheinlich gar nichts wiſſen,
wenn nicht in Veranlaſſung der Unterſuchungen, die dem Geſetz von
1836 vorausgingen, das Committee uns einige Ausſagen aufbewahrt
hätte, deren hiſtoriſchen Werth wir auf ſich beruhen laſſen müſſen.
(Report from the select Comm. on Parochian registration, with
the minuts of evidences and appendix. Ordered by the House of
Commons to be printed 15 Aug. 1833;
und Hansard, Vol.
XVI.
) Dann hat uns Daniels die Civilſtandsgeſetzgebung für Eng-
land und Wales, 1851 in einem kurzen und guten Auszug gegeben.
Seine Einleitung (S. 1—22) macht es uns kaum möglich, auf
unſerm engen Raum mehr zu thun, als ihm einfach zu folgen, ſo weit

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[242/0264] Verfahren. An dieſe Beſtimmungen hat ſich eine ziemlich reichhaltige Literatur angeſchloſſen, die aber freilich ſich um die populationiſtiſchen und ſtatiſtiſchen Intereſſen nicht kümmert, ſondern vorzugsweiſe in An- leitungen für die Gemeindebeamteten für die ſo wichtige, und wie ſich aus dem Obigen ergibt, keineswegs einfache Führung der Standes- regiſter beſteht (Legoyt bei Block, v. État civil). Man ſieht es ſelbſt dieſer Literatur an, daß der État civil in Frankreich nichts anderes mehr iſt, als eine reine Verwaltungsmaßregel, und ſein Recht ein un- zweifelhaftes bürgerliches Verwaltungsrecht. — Zum Schluß mag bemerkt werden, daß neuerdings das ganze franzöſiſche Syſtem der Standesregiſter auch in Italien eingeführt iſt durch Geſetz vom 20. März 1865. Der Sindaco vertritt hier die Stelle des Maire, die Formen ſind gleich, und es iſt dieſe Einführung als ein bedeutender Schritt für das italieniſche Eherecht anzuſehen. (Vergl. Auſtria für 1865, Nr. 34.) England. Während in England das Princip der Standesregiſter nach manchen Kämpfen und Verſuchen zum Durchbruche gelangt iſt, iſt dennoch ſowohl der hiſtoriſche Gang der Entwicklung, als auch die äußere Ordnung derſelben von Frankreich wieder ſehr verſchieden. Man kann beide wohl ziemlich einfach charakteriſiren. Das Bedürfniß hat in England ſehr bald die Nothwendigkeit öffentlicher Conſtatirung von Geburt, Ehe und Tod gezeigt, und daher auch bald Vorſchriften dar- über hervorgerufen. Allein da die kirchliche Freiheit keinen Eingriff in die kirchliche Selbſtverwaltung, und die communale Freiheit keinen Ein- griff in die örtliche Selbſtverwaltung duldete, ſo blieb der Regierung, wenn ſie ſolche Regiſter haben wollte, nichts anders übrig, als einen eigenen amtlichen Organismus zum Zwecke der Führung dieſer Regiſter aufzuſtellen, und das iſt denn, freilich ſpät und unter großen Koſten, aber allerdings übrigens in trefflicher Weiſe geſchehen. Bei dem Mangel aller fachmänniſchen rechtshiſtoriſchen Bildung in England würden wir über die frühern Zuſtände wahrſcheinlich gar nichts wiſſen, wenn nicht in Veranlaſſung der Unterſuchungen, die dem Geſetz von 1836 vorausgingen, das Committee uns einige Ausſagen aufbewahrt hätte, deren hiſtoriſchen Werth wir auf ſich beruhen laſſen müſſen. (Report from the select Comm. on Parochian registration, with the minuts of evidences and appendix. Ordered by the House of Commons to be printed 15 Aug. 1833; und Hansard, Vol. XVI.) Dann hat uns Daniels die Civilſtandsgeſetzgebung für Eng- land und Wales, 1851 in einem kurzen und guten Auszug gegeben. Seine Einleitung (S. 1—22) macht es uns kaum möglich, auf unſerm engen Raum mehr zu thun, als ihm einfach zu folgen, ſo weit

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/264>, abgerufen am 21.11.2024.