Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.Verfassung als eigentliche Staatswissenschaft betrachtet, und 4) Der Rechtsstaat und sein Verhältniß zur Verwaltungslehre. Das nun ist Wesen und Richtung des Uebergangs in die Staats- Es ist aber nothwendig, sich diese Verhältnisse als Ganzes zu denken. Verfaſſung als eigentliche Staatswiſſenſchaft betrachtet, und 4) Der Rechtsſtaat und ſein Verhältniß zur Verwaltungslehre. Das nun iſt Weſen und Richtung des Uebergangs in die Staats- Es iſt aber nothwendig, ſich dieſe Verhältniſſe als Ganzes zu denken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0043" n="21"/><hi rendition="#g">Verfaſſung als eigentliche Staatswiſſenſchaft</hi> betrachtet, und<lb/> die <hi rendition="#g">ganze Verwaltungslehre faſt ganz ausgeſchloſſen</hi>.</p> </div><lb/> <div n="5"> <head>4) <hi rendition="#g">Der Rechtsſtaat und ſein Verhältniß zur<lb/> Verwaltungslehre</hi>.</head><lb/> <p>Das nun iſt Weſen und Richtung des Uebergangs in die Staats-<lb/> wiſſenſchaft zu der Epoche, die wir als die des <hi rendition="#g">Rechtsſtaates</hi> bezeichnen.<lb/> Auch dieſer Begriff des Rechtsſtaates iſt ein urſprünglich deutſcher, und<lb/> kann nur aus den hiſtoriſchen Elementen der obigen Entwicklung ganz<lb/> verſtanden werden. Der Grundgedanke deſſelben iſt der, daß die geltende<lb/> Ordnung des ſtaatlichen Lebens, und alſo auch die der Verwaltung,<lb/> nur nach dem <hi rendition="#g">Rechte</hi>, das durch den organiſirten Staatswillen geſetzt<lb/> iſt, beſtimmt werden kann. Die Vorausſetzungen deſſelben aber ſind bei<lb/> näherer Betrachtung doppelt, und daher die doppelte Bedeutung, welche<lb/> jenes Wort hat. <hi rendition="#g">Zuerſt</hi> ſoll als Staatswille nur derjenige betrachtet<lb/> werden, der durch das geſetzlich anerkannte Organ deſſelben beſtimmt<lb/> iſt. Die Lehre von den Grundſätzen aber, nach denen eben dieſes Organ<lb/> ſich in freier Weiſe bildet, iſt die Verfaſſungslehre. Es iſt hier nicht<lb/> der Ort, die Entwicklung der Ideen zu verfolgen, welche an Wort und<lb/> Umfang der „Verfaſſung“ mitgearbeitet haben. Wir ſetzen ſie und ihre<lb/> Geſchichte als bekannt voraus. <hi rendition="#g">Zweitens</hi> aber erzeugte eben jenes be-<lb/> ſtändige Eingreifen der bisherigen obrigkeitlichen Gewalt den Grundſatz,<lb/> daß zwiſchen dem freien Individuum und dem Staate eine feſte, auch<lb/> von der Staatsgewalt unantaſtbare <hi rendition="#g">Grenze</hi> beſtehe, deren Unverletz-<lb/> lichkeit eine der großen Vorausſetzungen aller bürgerlichen Freiheit ſei, und<lb/> daß der Staat als Träger und Pfleger der Rechtsidee eben <hi rendition="#g">vor allem</hi><lb/> dieſe Grenze zu wahren habe. In der Heilighaltung dieſer Grenze,<lb/> dieſer Unverletzlichkeit des „freien“ Individuums liege das eigentliche<lb/> Weſen des „Rechtsſtaats.“ Es iſt klar, daß dieſer Gedanke die natür-<lb/> liche, negative Conſequenz des bisherigen Verhaltens der „Obrigkeiten“<lb/> und namentlich der aus der alten Rechtsphiloſophie hervorgegangenen<lb/> Willkür derſelben gegenüber dem Einzelnen war. Es war das Ganze<lb/> kein neues Princip; allein es war der juriſtiſche Ausdruck einer in neuer<lb/> und friſcher Kraft auftretenden Idee, der Idee des ſelbſtändigen Staats-<lb/> bürgerthums. Es enthält an ſich zwar gar kein Element für die Auf-<lb/> gaben der innern Verwaltung als ſolche, wohl aber lag in ihm ein<lb/> mächtiger Keim für die Organiſirung ihrer praktiſchen Thätigkeit; und<lb/> dieſer war es, der ihm zunächſt die Anerkennung in den neuen<lb/> Bewegungen ſicherte.</p><lb/> <p>Es iſt aber nothwendig, ſich dieſe Verhältniſſe als Ganzes zu denken.<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0043]
Verfaſſung als eigentliche Staatswiſſenſchaft betrachtet, und
die ganze Verwaltungslehre faſt ganz ausgeſchloſſen.
4) Der Rechtsſtaat und ſein Verhältniß zur
Verwaltungslehre.
Das nun iſt Weſen und Richtung des Uebergangs in die Staats-
wiſſenſchaft zu der Epoche, die wir als die des Rechtsſtaates bezeichnen.
Auch dieſer Begriff des Rechtsſtaates iſt ein urſprünglich deutſcher, und
kann nur aus den hiſtoriſchen Elementen der obigen Entwicklung ganz
verſtanden werden. Der Grundgedanke deſſelben iſt der, daß die geltende
Ordnung des ſtaatlichen Lebens, und alſo auch die der Verwaltung,
nur nach dem Rechte, das durch den organiſirten Staatswillen geſetzt
iſt, beſtimmt werden kann. Die Vorausſetzungen deſſelben aber ſind bei
näherer Betrachtung doppelt, und daher die doppelte Bedeutung, welche
jenes Wort hat. Zuerſt ſoll als Staatswille nur derjenige betrachtet
werden, der durch das geſetzlich anerkannte Organ deſſelben beſtimmt
iſt. Die Lehre von den Grundſätzen aber, nach denen eben dieſes Organ
ſich in freier Weiſe bildet, iſt die Verfaſſungslehre. Es iſt hier nicht
der Ort, die Entwicklung der Ideen zu verfolgen, welche an Wort und
Umfang der „Verfaſſung“ mitgearbeitet haben. Wir ſetzen ſie und ihre
Geſchichte als bekannt voraus. Zweitens aber erzeugte eben jenes be-
ſtändige Eingreifen der bisherigen obrigkeitlichen Gewalt den Grundſatz,
daß zwiſchen dem freien Individuum und dem Staate eine feſte, auch
von der Staatsgewalt unantaſtbare Grenze beſtehe, deren Unverletz-
lichkeit eine der großen Vorausſetzungen aller bürgerlichen Freiheit ſei, und
daß der Staat als Träger und Pfleger der Rechtsidee eben vor allem
dieſe Grenze zu wahren habe. In der Heilighaltung dieſer Grenze,
dieſer Unverletzlichkeit des „freien“ Individuums liege das eigentliche
Weſen des „Rechtsſtaats.“ Es iſt klar, daß dieſer Gedanke die natür-
liche, negative Conſequenz des bisherigen Verhaltens der „Obrigkeiten“
und namentlich der aus der alten Rechtsphiloſophie hervorgegangenen
Willkür derſelben gegenüber dem Einzelnen war. Es war das Ganze
kein neues Princip; allein es war der juriſtiſche Ausdruck einer in neuer
und friſcher Kraft auftretenden Idee, der Idee des ſelbſtändigen Staats-
bürgerthums. Es enthält an ſich zwar gar kein Element für die Auf-
gaben der innern Verwaltung als ſolche, wohl aber lag in ihm ein
mächtiger Keim für die Organiſirung ihrer praktiſchen Thätigkeit; und
dieſer war es, der ihm zunächſt die Anerkennung in den neuen
Bewegungen ſicherte.
Es iſt aber nothwendig, ſich dieſe Verhältniſſe als Ganzes zu denken.
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