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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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Anerkennung zugleich geſetzt erſcheint. Während daher die Verwaltungs-
lehre zeigt, was der Staat in der innern Verwaltung vermöge ſeines
Weſens zu thun hat, zeigt das Verwaltungsrecht, was ſeine Organe
vermöge des Staatswillens zu thun verpflichtet ſind. Es hat daher
einen ganz guten Sinn, wenn man ſagt, daß die Verwaltung erſt als
Verwaltungsrecht dem Staate wie ſeinen eigenen Organen und An-
gehörigen objektiv wird, und daß, während die Verwaltung an ſich
im Begriffe und der ſittlichen Idee des Staats liegt, die wirkliche
Verwaltung erſt im Verwaltungsrecht enthalten
iſt.

Das Verhältniß der Verwaltungslehre zum Verwaltungsrecht iſt
daher wohl an ſich ſehr einfach. Die erſtere zeigt, was im Gebiete der
innern Verwaltung ſein ſoll, die zweite, was iſt. Allein damit iſt
dasjenige Moment gegeben, was uns auch hier zwingt, auf das Weſen
der Sache näher einzugehen; dieß iſt die das ganze menſchliche Daſein
durchziehende Differenz zwiſchen dem was ſein ſoll und was iſt, die
Verſchiedenheit des Geforderten von dem Geltenden, und damit endlich
auch die tiefe Verſchiedenheit der Aufgabe zwiſchen der Darſtellung
des reinen, poſitiven Verwaltungsrechts oder der Verwaltungsge-
ſetzkunde
, und der Verbindung der Verwaltungslehre mit der Auf-
faſſung und den Thatſachen des geltenden Rechts oder der Wiſſenſchaft
des Verwaltungsrechts
.

Während nämlich die Verwaltungsgeſetzkunde oder das rein poſitive
Verwaltungsrecht ſich ſeiner Aufgabe nach um die Verwaltung an ſich,
und mithin um die Differenz zwiſchen ihr und der wirklichen Verwaltung
nicht zu kümmern hat, muß die Verwaltungslehre, indem ſie das poſi-
tive, wirkliche Verwaltungsrecht in ſich aufnimmt, die Gründe, die
innern und äußern Kräfte zum Verſtändniß bringen, welche dem poſi-
tiven Verwaltungsrecht ſeine concrete Geſtalt gegeben und damit eben
jene Differenz zwiſchen ihm und den Forderungen der Verwaltunglehre
erzeugt haben. Die Verwaltungsgeſetzkunde, gleichviel ob ſie in bloßer
Sammlungsform auftritt wie bei Kopetz, Fiſcher, Bergius, Stubenrauch,
Funke u. a. oder ob ſie ſich zu einem ſyſtematiſchen Ganzen unter dem
Namen des im Gegenſatz zum Verfaſſungsrecht ſtehenden Verwaltungs-
recht erhebt wie bei Mohl, Pötzl, Rönne, kann daher ohne die Ver-
waltungslehre beſtehen und hat für das praktiſche Leben ihren hohen
Werth. Umgekehrt fällt dagegen die reine Verwaltungslehre ohne Be-
ziehung auf das poſitive Recht ſtets in die mehr oder weniger ſubjektive
Anſchauung hinein, und wird ein bloßes Wohlmeinen wie bei Jacobi
und Mohl. Eine reine Verwaltungslehre, welche nicht die Kraft hat,
das poſitive, geltende Recht in ſich organiſch aufzunehmen und zu ver-
arbeiten, hat nur einen zweifelhaften Werth. Erſt dadurch, daß ſie

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/97>, abgerufen am 23.02.2025.