Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.doch die Anzeige bei der Behörde machen mußte, die dann das Recht II. Wesentlich anders gestaltet sich die Sache da, wo es sich um doch die Anzeige bei der Behörde machen mußte, die dann das Recht II. Weſentlich anders geſtaltet ſich die Sache da, wo es ſich um <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0130" n="108"/> doch die Anzeige bei der Behörde machen mußte, die dann das Recht<lb/> hatte, ihn zu verbieten. Eine Pflicht zur Oeffentlichkeit gegenüber dem<lb/> Publikum exiſtirte <hi rendition="#g">nicht</hi>. Die neuere Zeit hat nun jenes Recht be-<lb/> ſtimmter dahin formulirt, daß, zunächſt abgeſehen von jedem ſpeziellen<lb/> Zweck der Vereine, <hi rendition="#g">die Geheimhaltung als ſolche</hi> zu einem ſtraf-<lb/> rechtlich zu verfolgenden Verbrechen geworden iſt. Damit iſt denn auch<lb/> die Aufgabe der Sicherheitspolizei wohl klar. Sie hat die Exiſtenz ge-<lb/> heimer Geſellſchaften, ohne Rückſicht auf ihren Zweck, zu entdecken, zu<lb/> conſtatiren und die Mitglieder den Gerichten zu überliefern. Ein weiteres,<lb/> eignes Polizeirecht gegenüber <hi rendition="#g">allen</hi> Arten von geheimen Geſellſchaften<lb/> gibt es nicht; das Uebrige gehört dem Strafverfahren und dem Straf-<lb/> gericht. Es verſteht ſich dabei von ſelbſt, daß wenn außer dem in der<lb/> Geheimhaltung an ſich liegenden Verbrechen auch noch der Zweck ein<lb/> verbrecheriſcher iſt (z. B. Hochverrath ꝛc.), die Strafe auch noch nach<lb/> den ſtrafrechtlichen Grundſätzen über Verſuch und Beihülfe ꝛc. geregelt<lb/> wird. Allein der Zweck hat auf das Recht der Sicherheitspolizei gar keinen<lb/> Einfluß; der allergefährlichſte Zweck gibt ihr nicht mehr Recht, als ſelbſt<lb/> der erlaubte, wenn derſelbe auch die Thätigkeit anſpornen mag. Der<lb/> geheimen Geſellſchaft gegen über iſt die Polizei mithin <hi rendition="#g">rein gericht-<lb/> liche Polizei</hi>, ſei es, daß ſie auf Befehl des Gerichts, oder nach<lb/> eigenem Ermeſſen vorgeht.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">II.</hi> Weſentlich anders geſtaltet ſich die Sache da, wo es ſich um<lb/> den <hi rendition="#g">eigentlichen Verein</hi> handelt, der der Forderung der Oeffent-<lb/> lichkeit Genüge geleiſtet hat, und ſeinen Statuten gemäß funktionirt.<lb/> Hier ſind zunächſt, wie geſagt, Vereine, Erwerbsgeſellſchaften und Ge-<lb/> noſſenſchaften zu unterſcheiden. Das Princip für das Recht der Ver-<lb/> waltungspolizei iſt dabei einfach. In ſo weit nämlich dieſe Körper,<lb/> wie es bei den eigentlichen Vereinen und Genoſſenſchaften immer, bei<lb/> den Erwerbsgeſellſchaften in vielen Fällen (Banken, Bahnen u. ſ. w.)<lb/> der Fall iſt, Aufgaben der Verwaltung vollziehen, tritt für ſie das all-<lb/> gemeine Recht ein, nach welchem die vollziehende Gewalt im Namen<lb/> ihrer Verantwortlichkeit die Harmonie der einzelnen Thätigkeit mit dem<lb/> Ganzen der Verwaltung herſtellen muß. Die <hi rendition="#g">Ausübung</hi> dieſes Rechts<lb/> gegenüber den Selbſtverwaltungskörpern und den Vereinen haben wir<lb/> die <hi rendition="#g">Oberaufſicht</hi> genannt. Das Recht der Oberaufſicht beſteht darin,<lb/> von <hi rendition="#g">jedem</hi> Akte eines ſolchen öffentlichen Vereins Kenntniß zu nehmen,<lb/> und ſpeziell einzelne Akte im Geſammtintereſſe der Verwaltung zu ver-<lb/> bieten. Die Verwaltungsorgane werden nun dieß Recht regelmäßig durch<lb/> eigens dazu beſtimmte Beamte (Commiſſäre) ausüben. Sie <hi rendition="#g">können</hi> es<lb/> aber auch ausüben laſſen durch die Organe der Sicherheitspolizei. In<lb/> dieſem Falle muß eine beſtimmte Delegation vorausgeſetzt werden, und<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0130]
doch die Anzeige bei der Behörde machen mußte, die dann das Recht
hatte, ihn zu verbieten. Eine Pflicht zur Oeffentlichkeit gegenüber dem
Publikum exiſtirte nicht. Die neuere Zeit hat nun jenes Recht be-
ſtimmter dahin formulirt, daß, zunächſt abgeſehen von jedem ſpeziellen
Zweck der Vereine, die Geheimhaltung als ſolche zu einem ſtraf-
rechtlich zu verfolgenden Verbrechen geworden iſt. Damit iſt denn auch
die Aufgabe der Sicherheitspolizei wohl klar. Sie hat die Exiſtenz ge-
heimer Geſellſchaften, ohne Rückſicht auf ihren Zweck, zu entdecken, zu
conſtatiren und die Mitglieder den Gerichten zu überliefern. Ein weiteres,
eignes Polizeirecht gegenüber allen Arten von geheimen Geſellſchaften
gibt es nicht; das Uebrige gehört dem Strafverfahren und dem Straf-
gericht. Es verſteht ſich dabei von ſelbſt, daß wenn außer dem in der
Geheimhaltung an ſich liegenden Verbrechen auch noch der Zweck ein
verbrecheriſcher iſt (z. B. Hochverrath ꝛc.), die Strafe auch noch nach
den ſtrafrechtlichen Grundſätzen über Verſuch und Beihülfe ꝛc. geregelt
wird. Allein der Zweck hat auf das Recht der Sicherheitspolizei gar keinen
Einfluß; der allergefährlichſte Zweck gibt ihr nicht mehr Recht, als ſelbſt
der erlaubte, wenn derſelbe auch die Thätigkeit anſpornen mag. Der
geheimen Geſellſchaft gegen über iſt die Polizei mithin rein gericht-
liche Polizei, ſei es, daß ſie auf Befehl des Gerichts, oder nach
eigenem Ermeſſen vorgeht.
II. Weſentlich anders geſtaltet ſich die Sache da, wo es ſich um
den eigentlichen Verein handelt, der der Forderung der Oeffent-
lichkeit Genüge geleiſtet hat, und ſeinen Statuten gemäß funktionirt.
Hier ſind zunächſt, wie geſagt, Vereine, Erwerbsgeſellſchaften und Ge-
noſſenſchaften zu unterſcheiden. Das Princip für das Recht der Ver-
waltungspolizei iſt dabei einfach. In ſo weit nämlich dieſe Körper,
wie es bei den eigentlichen Vereinen und Genoſſenſchaften immer, bei
den Erwerbsgeſellſchaften in vielen Fällen (Banken, Bahnen u. ſ. w.)
der Fall iſt, Aufgaben der Verwaltung vollziehen, tritt für ſie das all-
gemeine Recht ein, nach welchem die vollziehende Gewalt im Namen
ihrer Verantwortlichkeit die Harmonie der einzelnen Thätigkeit mit dem
Ganzen der Verwaltung herſtellen muß. Die Ausübung dieſes Rechts
gegenüber den Selbſtverwaltungskörpern und den Vereinen haben wir
die Oberaufſicht genannt. Das Recht der Oberaufſicht beſteht darin,
von jedem Akte eines ſolchen öffentlichen Vereins Kenntniß zu nehmen,
und ſpeziell einzelne Akte im Geſammtintereſſe der Verwaltung zu ver-
bieten. Die Verwaltungsorgane werden nun dieß Recht regelmäßig durch
eigens dazu beſtimmte Beamte (Commiſſäre) ausüben. Sie können es
aber auch ausüben laſſen durch die Organe der Sicherheitspolizei. In
dieſem Falle muß eine beſtimmte Delegation vorausgeſetzt werden, und
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