Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.ohne gerichtlichen Befehl das Haus betreten darf; 2) in der rechtlichen Demnach ergeben sich folgende Grundlagen des polizeilichen Haus- Erstlich muß die Polizei das Recht haben, in Beziehung auf ein Die zweite wesentlich verschiedene Gruppe von rechtlichen Bedin- Das Recht der Polizei, öffentliche Lokale zu jeder Zeit zu be- ohne gerichtlichen Befehl das Haus betreten darf; 2) in der rechtlichen Demnach ergeben ſich folgende Grundlagen des polizeilichen Haus- Erſtlich muß die Polizei das Recht haben, in Beziehung auf ein Die zweite weſentlich verſchiedene Gruppe von rechtlichen Bedin- Das Recht der Polizei, öffentliche Lokale zu jeder Zeit zu be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0174" n="152"/> ohne gerichtlichen Befehl das Haus betreten darf; 2) in der rechtlichen<lb/> Begründung der <hi rendition="#g">Thätigkeiten</hi>, welche die Polizei nach geſchehenem<lb/> Betreten des Hauſes vornimmt.</p><lb/> <p>Demnach ergeben ſich folgende Grundlagen des polizeilichen Haus-<lb/> rechts im Gegenſatz zu dem gerichtlichen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Erſtlich</hi> muß die Polizei das Recht haben, in Beziehung auf ein<lb/> wirklich <hi rendition="#g">geſchehenes</hi> Verbrechen in zwei Fällen ein Haus zu betreten,<lb/> bez. den Eintritt zu erzwingen. Der <hi rendition="#g">erſte</hi> dieſer Fälle iſt der der<lb/> Verfolgung eines Verbrechers, der ſich in ein Haus flüchtet; derſelbe iſt<lb/> klar, und auch die Nachtzeit macht hier keine Ausnahme, da, wenn das<lb/> Haus des Nachts offen iſt für den Verbrecher, es auch für die nach-<lb/> eilende Polizei nicht geſperrt ſein ſoll. Der <hi rendition="#g">zweite</hi> tritt bei dem<lb/> bloßen <hi rendition="#g">Verdacht</hi> eines Verbrechens ein. Hier muß feſtgehalten werden,<lb/> das es nur Einen Fall gibt, in welchem der Verdacht zu einem poli-<lb/> zeilichen Eindringen ermächtigt; das iſt der, wo durch äußere unver-<lb/> kennbare Zeichen (Nothruf u. ſ. w.) das Eindringen die Natur einer<lb/> Verfolgung und Ergreifung auf handhafter That annimmt. Jedes<lb/> andere Eindringen ohne gerichtlichen Befehl iſt darum um ſo weniger<lb/> berechtigt, als dieſer gerichtliche Befehl leicht zu erhalten iſt, und jede<lb/> andere Form des Verdachts wirklich jede Grenze der Sicherheit des<lb/> Hauſes gegenüber der Polizei aufhebt. Wenn nun auf dieſe Weiſe<lb/> die Polizei in das Haus eingedrungen iſt, ſo iſt ihr Recht zu polizei-<lb/> lichen Maßregeln wiederum durch den <hi rendition="#g">Zweck</hi> beſchränkt, um deſſent-<lb/> willen ſie eingedrungen ſind. Dieſer Zweck iſt entweder die Verhaftung<lb/> einer betreffenden Perſon, oder die Beſchlagnahme von Beweismitteln.<lb/> Jedes Eingreifen der Polizei in Dinge und Verhältniſſe, welche mit<lb/> dem erfolgten Verbrechen nicht in Verbindung ſtehen, muß als Ueber-<lb/> tretung betrachtet und dem Klagerecht untergeordnet werden.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">zweite</hi> weſentlich verſchiedene Gruppe von rechtlichen Bedin-<lb/> gungen für das Eindringen ohne gerichtlichen Befehl beſteht darin,<lb/> daß <hi rendition="#g">elementare</hi> Gefahren für die perſönliche oder allgemeine Sicher-<lb/> heit unverkennbar vorliegen, wie Feuer, Waſſer und Einſturz. Hier<lb/> kann es zwar kein Zweifel ſein, daß die Polizei das Recht des Ein-<lb/> trittes ſich nöthigenfalls erzwingen kann; allein andererſeits gibt ihr<lb/> dieß Eindringen auch kein Recht zu <hi rendition="#g">irgend einer andern Vor-<lb/> nahme</hi>, als derjenigen, welche auf die Beſeitigung dieſer Gefahr<lb/> Bezug hat. Die Polizei haftet dabei für jede Handlung, mit der ſie<lb/> dieſe Grenze überſchreitet.</p><lb/> <p>Das Recht der Polizei, <hi rendition="#g">öffentliche</hi> Lokale zu jeder Zeit zu be-<lb/> treten, gehört eigentlich nicht in das Hausrecht, da ein ſolches öffent-<lb/> liches Lokal (Schenke, Bordell ꝛc.) eben kein Haus im polizeilichen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0174]
ohne gerichtlichen Befehl das Haus betreten darf; 2) in der rechtlichen
Begründung der Thätigkeiten, welche die Polizei nach geſchehenem
Betreten des Hauſes vornimmt.
Demnach ergeben ſich folgende Grundlagen des polizeilichen Haus-
rechts im Gegenſatz zu dem gerichtlichen.
Erſtlich muß die Polizei das Recht haben, in Beziehung auf ein
wirklich geſchehenes Verbrechen in zwei Fällen ein Haus zu betreten,
bez. den Eintritt zu erzwingen. Der erſte dieſer Fälle iſt der der
Verfolgung eines Verbrechers, der ſich in ein Haus flüchtet; derſelbe iſt
klar, und auch die Nachtzeit macht hier keine Ausnahme, da, wenn das
Haus des Nachts offen iſt für den Verbrecher, es auch für die nach-
eilende Polizei nicht geſperrt ſein ſoll. Der zweite tritt bei dem
bloßen Verdacht eines Verbrechens ein. Hier muß feſtgehalten werden,
das es nur Einen Fall gibt, in welchem der Verdacht zu einem poli-
zeilichen Eindringen ermächtigt; das iſt der, wo durch äußere unver-
kennbare Zeichen (Nothruf u. ſ. w.) das Eindringen die Natur einer
Verfolgung und Ergreifung auf handhafter That annimmt. Jedes
andere Eindringen ohne gerichtlichen Befehl iſt darum um ſo weniger
berechtigt, als dieſer gerichtliche Befehl leicht zu erhalten iſt, und jede
andere Form des Verdachts wirklich jede Grenze der Sicherheit des
Hauſes gegenüber der Polizei aufhebt. Wenn nun auf dieſe Weiſe
die Polizei in das Haus eingedrungen iſt, ſo iſt ihr Recht zu polizei-
lichen Maßregeln wiederum durch den Zweck beſchränkt, um deſſent-
willen ſie eingedrungen ſind. Dieſer Zweck iſt entweder die Verhaftung
einer betreffenden Perſon, oder die Beſchlagnahme von Beweismitteln.
Jedes Eingreifen der Polizei in Dinge und Verhältniſſe, welche mit
dem erfolgten Verbrechen nicht in Verbindung ſtehen, muß als Ueber-
tretung betrachtet und dem Klagerecht untergeordnet werden.
Die zweite weſentlich verſchiedene Gruppe von rechtlichen Bedin-
gungen für das Eindringen ohne gerichtlichen Befehl beſteht darin,
daß elementare Gefahren für die perſönliche oder allgemeine Sicher-
heit unverkennbar vorliegen, wie Feuer, Waſſer und Einſturz. Hier
kann es zwar kein Zweifel ſein, daß die Polizei das Recht des Ein-
trittes ſich nöthigenfalls erzwingen kann; allein andererſeits gibt ihr
dieß Eindringen auch kein Recht zu irgend einer andern Vor-
nahme, als derjenigen, welche auf die Beſeitigung dieſer Gefahr
Bezug hat. Die Polizei haftet dabei für jede Handlung, mit der ſie
dieſe Grenze überſchreitet.
Das Recht der Polizei, öffentliche Lokale zu jeder Zeit zu be-
treten, gehört eigentlich nicht in das Hausrecht, da ein ſolches öffent-
liches Lokal (Schenke, Bordell ꝛc.) eben kein Haus im polizeilichen
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