Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.Schwierigkeit; Grundlage ist die Arbeitsfähigkeit; unklar ist dabei b) Polizei der entlassenen Sträflinge. Die Polizei der entlassenen Sträflinge beruht offenbar auf einem Die Aufgabe der polizeilichen Gesetzgebung war es, die polizei- Schwierigkeit; Grundlage iſt die Arbeitsfähigkeit; unklar iſt dabei b) Polizei der entlaſſenen Sträflinge. Die Polizei der entlaſſenen Sträflinge beruht offenbar auf einem Die Aufgabe der polizeilichen Geſetzgebung war es, die polizei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0188" n="166"/> Schwierigkeit; Grundlage iſt die Arbeits<hi rendition="#g">fähigkeit</hi>; unklar iſt dabei<lb/> die Beſtimmung, daß arbeitsſcheue Perſonen, „die ſich nicht auf <hi rendition="#g">er-<lb/> laubte</hi> Weiſe ernähren“ mit 4 Wochen Gefängniß beſtraft werden ſollen.<lb/> Hier liegt doch offenbar das Strafbare in jenen unerlaubten Handlungen,<lb/> die ja auch den Diebſtahl umfaſſen. Für die Landſtreicherei iſt noch<lb/> ſpeciell durch Verordnung vom 19. December 1856 das polizeiliche Ver-<lb/> fahren geregelt. (S. über die früheren Beſtimmungen die Commiſſions-<lb/> berichte bei <hi rendition="#g">Stempf</hi> a. a. O. S. 150—155 und badiſches Strafgeſetz-<lb/> buch §. 639, ſowie Geſetz vom 12. April 1856.) — Es iſt wohl gewiß,<lb/> daß in allen deutſchen Staaten ähnliche Geſetze beſtehen; durchgehend<lb/> iſt jedoch die Aufnahme der Strafbeſtimmungen in die verſchiedenen<lb/> Strafgeſetzbücher, die zum Theil ſehr hart ſind, wie das <hi rendition="#g">braun-<lb/> ſchweigiſche</hi> §. 73 (Gefängniß von 14 Tagen bis 3 Monaten).</p> </div><lb/> <div n="5"> <head><hi rendition="#aq">b</hi>) Polizei der entlaſſenen Sträflinge.</head><lb/> <p>Die Polizei der entlaſſenen Sträflinge beruht offenbar auf einem<lb/> weſentlich anderen Grunde als die der Arbeitsloſen. Nicht die Strafe,<lb/> ſondern das Motiv des erſten Verbrechens wird als ein fortwirkendes<lb/> angeſehen und daher in dem entlaſſenen Sträfling der frühere <hi rendition="#g">Ver-<lb/> brecher</hi> unter polizeiliche Aufſicht geſtellt. Es iſt für den Begriff der<lb/> Sache gleichgültig, ob der entlaſſene Sträfling arbeitslos iſt oder nicht;<lb/> die geſchehene That haftet an ihm als Gefahr einer künftigen. Dieſe<lb/> Vorſtellung hat in früherer Zeit zu großer Willkür und nicht minder<lb/> großem Unheil Anlaß gegeben. Unſer Jahrhundert hat an die Stelle<lb/> der früheren Rückſichtsloſigkeit eine feſte Rechtsordnung geſetzt, und hier<lb/> hat wieder das Vereinsweſen hilfreiche Hand geleiſtet. Man muß daher<lb/> in dieſem Gebiete zwei Standpunkte ſcheiden, den juriſtiſch-polizeilichen<lb/> und den ſocialen.</p><lb/> <p>Die Aufgabe der polizeilichen <hi rendition="#g">Geſetzgebung</hi> war es, die polizei-<lb/> liche Oberaufſicht über die entlaſſenen Sträflinge juriſtiſch zu formuliren.<lb/> Daraus entſtand der Grundſatz, daß dieß Aufſichtsrecht, das ſeiner<lb/> Natur nach unbeſtimmt in ſeinen Gränzen iſt, wenigſtens nicht Gegen-<lb/> ſtand der Willkür, ſondern durch einen förmlichen <hi rendition="#g">Urtheilsſpruch</hi><lb/> geſetzt werden ſolle. Dieſes Princip gilt auf dem ganzen Continent, und<lb/> hat die wichtige Folge, daß die <hi rendition="#g">Begründung</hi> der Nothwendigkeit jener<lb/> Beſchränkung der Freiheit nicht mehr in dem Beſtraftwerden als ſolchem,<lb/> ſondern in der aus der Unterſuchung ſich ergebenden Individualität<lb/> des Verbrechers geſucht und vom Gerichte nach beſtimmten geſetzlichen<lb/> Vorſchriften feſtgeſtellt wird — der einzige Weg, der polizeilichen<lb/> Thätigkeit eine ethiſche Baſis zu geben. Die Ausübung dieſer Ober-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [166/0188]
Schwierigkeit; Grundlage iſt die Arbeitsfähigkeit; unklar iſt dabei
die Beſtimmung, daß arbeitsſcheue Perſonen, „die ſich nicht auf er-
laubte Weiſe ernähren“ mit 4 Wochen Gefängniß beſtraft werden ſollen.
Hier liegt doch offenbar das Strafbare in jenen unerlaubten Handlungen,
die ja auch den Diebſtahl umfaſſen. Für die Landſtreicherei iſt noch
ſpeciell durch Verordnung vom 19. December 1856 das polizeiliche Ver-
fahren geregelt. (S. über die früheren Beſtimmungen die Commiſſions-
berichte bei Stempf a. a. O. S. 150—155 und badiſches Strafgeſetz-
buch §. 639, ſowie Geſetz vom 12. April 1856.) — Es iſt wohl gewiß,
daß in allen deutſchen Staaten ähnliche Geſetze beſtehen; durchgehend
iſt jedoch die Aufnahme der Strafbeſtimmungen in die verſchiedenen
Strafgeſetzbücher, die zum Theil ſehr hart ſind, wie das braun-
ſchweigiſche §. 73 (Gefängniß von 14 Tagen bis 3 Monaten).
b) Polizei der entlaſſenen Sträflinge.
Die Polizei der entlaſſenen Sträflinge beruht offenbar auf einem
weſentlich anderen Grunde als die der Arbeitsloſen. Nicht die Strafe,
ſondern das Motiv des erſten Verbrechens wird als ein fortwirkendes
angeſehen und daher in dem entlaſſenen Sträfling der frühere Ver-
brecher unter polizeiliche Aufſicht geſtellt. Es iſt für den Begriff der
Sache gleichgültig, ob der entlaſſene Sträfling arbeitslos iſt oder nicht;
die geſchehene That haftet an ihm als Gefahr einer künftigen. Dieſe
Vorſtellung hat in früherer Zeit zu großer Willkür und nicht minder
großem Unheil Anlaß gegeben. Unſer Jahrhundert hat an die Stelle
der früheren Rückſichtsloſigkeit eine feſte Rechtsordnung geſetzt, und hier
hat wieder das Vereinsweſen hilfreiche Hand geleiſtet. Man muß daher
in dieſem Gebiete zwei Standpunkte ſcheiden, den juriſtiſch-polizeilichen
und den ſocialen.
Die Aufgabe der polizeilichen Geſetzgebung war es, die polizei-
liche Oberaufſicht über die entlaſſenen Sträflinge juriſtiſch zu formuliren.
Daraus entſtand der Grundſatz, daß dieß Aufſichtsrecht, das ſeiner
Natur nach unbeſtimmt in ſeinen Gränzen iſt, wenigſtens nicht Gegen-
ſtand der Willkür, ſondern durch einen förmlichen Urtheilsſpruch
geſetzt werden ſolle. Dieſes Princip gilt auf dem ganzen Continent, und
hat die wichtige Folge, daß die Begründung der Nothwendigkeit jener
Beſchränkung der Freiheit nicht mehr in dem Beſtraftwerden als ſolchem,
ſondern in der aus der Unterſuchung ſich ergebenden Individualität
des Verbrechers geſucht und vom Gerichte nach beſtimmten geſetzlichen
Vorſchriften feſtgeſtellt wird — der einzige Weg, der polizeilichen
Thätigkeit eine ethiſche Baſis zu geben. Die Ausübung dieſer Ober-
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