Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.
rechercher les delits, d'en rassembler les preuves, et d'en livrer les Diese französische Bewegung hat nun in den deutschen Staaten
réchercher les délits, d’en rassembler les preuves, et d’en livrer les Dieſe franzöſiſche Bewegung hat nun in den deutſchen Staaten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0047" n="25"/> réchercher les délits, d’en rassembler les preuves, et d’en livrer les<lb/> auteurs aux tribunaux„</hi> — dem dann die ſpätere Theorie ganz conſequent<lb/> die <hi rendition="#g">Verwaltungsp</hi>olizei zur Seite ſtellte: <hi rendition="#aq">„La police <hi rendition="#i">administrative</hi><lb/> consiste dans le maintien habituel de l’ordre public dans chaque<lb/> lieu et dans chaque <hi rendition="#i">partie</hi> de l’administration générale.“ <hi rendition="#g">Laferrière</hi>,<lb/> Dr. publ. et adm. II. Observat. prélim</hi>. Die übrige Literatur hält<lb/> dieſe Scheidung aufrecht und führt ſie im Detail durch, indem ſie das<lb/> polizeiliche Verwaltungsrecht der einzelnen Gebiete der Polizei daran an-<lb/> knüpft. (S. die Literatur bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Block</hi>, Dict. de l’Adm. v. Police.</hi>) Frank-<lb/> reich hat daher eine eigene ſelbſtändige Polizeirechtslehre; weßhalb aber<lb/> dennoch dieſelbe nicht zu einem Syſtem geworden iſt, ſondern in lauter<lb/> einzelnen Bruchſtücken auftritt, wird ſich unten erklären. Theoretiſch iſt<lb/> die Polizei ganz in demſelben Sinne auch in Holland weſentlich als<lb/> Schutz gegen Verbrecher und als Mittel ihrer Entdeckung aufgefaßt<lb/> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">de Bosch-Kemper</hi>, Staatsregt</hi> §. 338), obgleich ſie auch dort<lb/> praktiſch zugleich Verwaltungspolizei iſt und zu dem Ende ihr eigenes<lb/> nicht unwichtiges Verordnungsrecht hat (ſ. unten).</p><lb/> <p>Dieſe franzöſiſche Bewegung hat nun in den deutſchen Staaten<lb/> erſt Platz gegriffen mit dem allgemeinen Streben, die Adminiſtration von<lb/> der Juſtiz zu ſcheiden und zugleich an die Stelle der bisher meiſt willkür-<lb/> lichen Polizeiſtrafrechte ein geſetzliches Recht zu ſtellen. Das geſchah<lb/> namentlich dadurch, daß das Polizeiſtrafgeſetz nach franzöſiſchem Muſter<lb/> in die Strafgeſetzbücher überging, wovon unten. Allein zur Klarheit<lb/> kommt auch dieſe Epoche nicht recht, bis die neueſten Polizeiſtrafgeſetz-<lb/> bücher den Gegenſtand eingehender Debatten bilden. Erſt hier tritt<lb/> der Begriff eines eigenen Polizeirechts auf; aber er leidet ſelbſt da<lb/> noch an dem großen Mangel, daß zum Theil die Polizeiorgane noch<lb/> eigene Gerichtsbarkeit behalten und über die von ihnen ſelbſt aufge-<lb/> ſtellten Verordnungen Recht ſprechen, während man andererſeits nie-<lb/> mals zur klaren Unterſcheidung von Klag- und Beſchwerderecht gelangte,<lb/> ohne welche eine definitive Geſtaltung dieſer Begriffe nicht denkbar iſt.<lb/> Als den Uebergang zu dieſer Epoche, in deren Beginn wir ſtehen,<lb/> kann man die Vorſtellung von einer ſog. „Präventiv-Juſtiz“ bezeichnen,<lb/> die ſchon in ihrem Namen ihren Widerſpruch enthält, obwohl <hi rendition="#g">Mohl</hi><lb/> ihr ein eigenes Buch gewidmet hat, dem vor allem neben der hier<lb/> unumgänglich nothwendigen Berückſichtigung des poſitiven Rechts die<lb/> Klarheit des Begriffes ſelbſt fehlt. Denn es leuchtet ein, daß das,<lb/> was ein Verbrechen hindert, das noch <hi rendition="#g">nicht</hi> geſchehen iſt, ſondern zu<lb/> geſchehen droht, keine Juſtiz, und daß das, was ſich auf ein bereits<lb/> geſchehenes Verbrechen bezieht, wieder keine Prävention ſein kann.<lb/> Denn ſelbſt der Verſuch zu einem Verbrechen iſt ja ein Verbrechen,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0047]
réchercher les délits, d’en rassembler les preuves, et d’en livrer les
auteurs aux tribunaux„ — dem dann die ſpätere Theorie ganz conſequent
die Verwaltungspolizei zur Seite ſtellte: „La police administrative
consiste dans le maintien habituel de l’ordre public dans chaque
lieu et dans chaque partie de l’administration générale.“ Laferrière,
Dr. publ. et adm. II. Observat. prélim. Die übrige Literatur hält
dieſe Scheidung aufrecht und führt ſie im Detail durch, indem ſie das
polizeiliche Verwaltungsrecht der einzelnen Gebiete der Polizei daran an-
knüpft. (S. die Literatur bei Block, Dict. de l’Adm. v. Police.) Frank-
reich hat daher eine eigene ſelbſtändige Polizeirechtslehre; weßhalb aber
dennoch dieſelbe nicht zu einem Syſtem geworden iſt, ſondern in lauter
einzelnen Bruchſtücken auftritt, wird ſich unten erklären. Theoretiſch iſt
die Polizei ganz in demſelben Sinne auch in Holland weſentlich als
Schutz gegen Verbrecher und als Mittel ihrer Entdeckung aufgefaßt
(de Bosch-Kemper, Staatsregt §. 338), obgleich ſie auch dort
praktiſch zugleich Verwaltungspolizei iſt und zu dem Ende ihr eigenes
nicht unwichtiges Verordnungsrecht hat (ſ. unten).
Dieſe franzöſiſche Bewegung hat nun in den deutſchen Staaten
erſt Platz gegriffen mit dem allgemeinen Streben, die Adminiſtration von
der Juſtiz zu ſcheiden und zugleich an die Stelle der bisher meiſt willkür-
lichen Polizeiſtrafrechte ein geſetzliches Recht zu ſtellen. Das geſchah
namentlich dadurch, daß das Polizeiſtrafgeſetz nach franzöſiſchem Muſter
in die Strafgeſetzbücher überging, wovon unten. Allein zur Klarheit
kommt auch dieſe Epoche nicht recht, bis die neueſten Polizeiſtrafgeſetz-
bücher den Gegenſtand eingehender Debatten bilden. Erſt hier tritt
der Begriff eines eigenen Polizeirechts auf; aber er leidet ſelbſt da
noch an dem großen Mangel, daß zum Theil die Polizeiorgane noch
eigene Gerichtsbarkeit behalten und über die von ihnen ſelbſt aufge-
ſtellten Verordnungen Recht ſprechen, während man andererſeits nie-
mals zur klaren Unterſcheidung von Klag- und Beſchwerderecht gelangte,
ohne welche eine definitive Geſtaltung dieſer Begriffe nicht denkbar iſt.
Als den Uebergang zu dieſer Epoche, in deren Beginn wir ſtehen,
kann man die Vorſtellung von einer ſog. „Präventiv-Juſtiz“ bezeichnen,
die ſchon in ihrem Namen ihren Widerſpruch enthält, obwohl Mohl
ihr ein eigenes Buch gewidmet hat, dem vor allem neben der hier
unumgänglich nothwendigen Berückſichtigung des poſitiven Rechts die
Klarheit des Begriffes ſelbſt fehlt. Denn es leuchtet ein, daß das,
was ein Verbrechen hindert, das noch nicht geſchehen iſt, ſondern zu
geſchehen droht, keine Juſtiz, und daß das, was ſich auf ein bereits
geſchehenes Verbrechen bezieht, wieder keine Prävention ſein kann.
Denn ſelbſt der Verſuch zu einem Verbrechen iſt ja ein Verbrechen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |