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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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der, nicht bloß mehr im Allgemeinen das weibliche Geschlecht neben
männlichen an demselben Theil nehmen zu lassen, sondern so viel als
möglich dieselben nach der Eigenthümlichkeit und der künftigen Bestim-
mung derselben in selbständigen Anstalten neben der männlichen Schule
hinzustellen. Es ist das ein großer Fortschritt; aber wir müssen ge-
stehen, daß dieß alles nur noch im Anfange ist, und daß das eigent-
liche weibliche Element der Erziehung und Bildung noch stark unter dem
Gedanken leidet, daß die möglichste Gleichartigkeit das wahre Ziel dieser
Bestrebungen sein müsse. Wir glauben, daß die hier einschlagenden
Fragen den Fachmännern überwiesen werden sollen; so viel scheint un-
zweifelhaft, daß wir die folgenden Sätze ohne weitere Bezeichnung zu-
gleich als für die weibliche Erziehung und Bildung annehmen dürfen,
bis es der nächsten Zukunft klar werden wird, daß es eine Lehre und
damit auch eine Bildung der Hausfrauen gibt, die dereinst ihre eigen-
thümlichen Forderungen auch an die Verwaltung zu stellen wissen wird.

Das Mittel nun, vermöge deren die Verwaltung diese Aufgaben
vollzieht, sind einerseits die Organisirung der Lehrerbildung, anderer-
seits die Bestimmung der Lehrordnung. Das sind die beiden großen
Gebiete, in denen der wahre Kern des Verhältnisses der Verwaltung
zum Unterrichtswesen liegt. Ob mit oder ohne Bewußtsein über ihre
sociale Bedeutung öffentlich rechtlich geordnet, immer sind es, an denen
man den eigentlichen Geist des öffentlichen Unterrichtswesens verstehen
lernt. Hier ist die Form untergeordnet, denn der Gedanke schafft sich
dieselbe von selbst; aber es ist gänzlich einseitig, in beiden nur päda-
gogische oder gar nur didaktische Elemente zu sehen. Erst in ihrer
organischen Beziehung zum gesammten Bildungsleben empfangen sie ihre
wahre Bedeutung.

IV. An diesem Standpunkt nun schließt sich in einfacher Weise
das letzte große Element des Volksschulwesens, die formelle Aufnahme
desselben in das System der Verwaltung und ihrer Organisation.
So wie aus der Elementarbildung das Volksschulwesen wird, so muß
dasselbe das ganze Volk umfassen; es muß auf allen Punkten für alle
Klassen und Orte wesentlich gleich sein; es muß allenthalben, sei es
als Staats- oder Privatschule, dieselben Grundsätze für Lehrer und
Lehre zum Inhalt haben; die Verwaltung muß daher ihre große Funktion
als Ganzes in Ausübung bringen; sie muß das Volksschulwesen als
dauernden und gleichmäßigen Theil ihre Aufgabe aufnehmen und zu-
gleich mit dem gesammten übrigen Bildungswesen in innigste organische
Verbindung bringen. Diese Einheit desselben mit der gesammten
geistigen Welt erscheint nun in der Verwaltung durch die Aufnahme
in das Unterrichtsministerium, und es ist klar, daß das letztere

der, nicht bloß mehr im Allgemeinen das weibliche Geſchlecht neben
männlichen an demſelben Theil nehmen zu laſſen, ſondern ſo viel als
möglich dieſelben nach der Eigenthümlichkeit und der künftigen Beſtim-
mung derſelben in ſelbſtändigen Anſtalten neben der männlichen Schule
hinzuſtellen. Es iſt das ein großer Fortſchritt; aber wir müſſen ge-
ſtehen, daß dieß alles nur noch im Anfange iſt, und daß das eigent-
liche weibliche Element der Erziehung und Bildung noch ſtark unter dem
Gedanken leidet, daß die möglichſte Gleichartigkeit das wahre Ziel dieſer
Beſtrebungen ſein müſſe. Wir glauben, daß die hier einſchlagenden
Fragen den Fachmännern überwieſen werden ſollen; ſo viel ſcheint un-
zweifelhaft, daß wir die folgenden Sätze ohne weitere Bezeichnung zu-
gleich als für die weibliche Erziehung und Bildung annehmen dürfen,
bis es der nächſten Zukunft klar werden wird, daß es eine Lehre und
damit auch eine Bildung der Hausfrauen gibt, die dereinſt ihre eigen-
thümlichen Forderungen auch an die Verwaltung zu ſtellen wiſſen wird.

Das Mittel nun, vermöge deren die Verwaltung dieſe Aufgaben
vollzieht, ſind einerſeits die Organiſirung der Lehrerbildung, anderer-
ſeits die Beſtimmung der Lehrordnung. Das ſind die beiden großen
Gebiete, in denen der wahre Kern des Verhältniſſes der Verwaltung
zum Unterrichtsweſen liegt. Ob mit oder ohne Bewußtſein über ihre
ſociale Bedeutung öffentlich rechtlich geordnet, immer ſind es, an denen
man den eigentlichen Geiſt des öffentlichen Unterrichtsweſens verſtehen
lernt. Hier iſt die Form untergeordnet, denn der Gedanke ſchafft ſich
dieſelbe von ſelbſt; aber es iſt gänzlich einſeitig, in beiden nur päda-
gogiſche oder gar nur didaktiſche Elemente zu ſehen. Erſt in ihrer
organiſchen Beziehung zum geſammten Bildungsleben empfangen ſie ihre
wahre Bedeutung.

IV. An dieſem Standpunkt nun ſchließt ſich in einfacher Weiſe
das letzte große Element des Volksſchulweſens, die formelle Aufnahme
deſſelben in das Syſtem der Verwaltung und ihrer Organiſation.
So wie aus der Elementarbildung das Volksſchulweſen wird, ſo muß
daſſelbe das ganze Volk umfaſſen; es muß auf allen Punkten für alle
Klaſſen und Orte weſentlich gleich ſein; es muß allenthalben, ſei es
als Staats- oder Privatſchule, dieſelben Grundſätze für Lehrer und
Lehre zum Inhalt haben; die Verwaltung muß daher ihre große Funktion
als Ganzes in Ausübung bringen; ſie muß das Volksſchulweſen als
dauernden und gleichmäßigen Theil ihre Aufgabe aufnehmen und zu-
gleich mit dem geſammten übrigen Bildungsweſen in innigſte organiſche
Verbindung bringen. Dieſe Einheit deſſelben mit der geſammten
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in das Unterrichtsminiſterium, und es iſt klar, daß das letztere

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[77/0105] der, nicht bloß mehr im Allgemeinen das weibliche Geſchlecht neben männlichen an demſelben Theil nehmen zu laſſen, ſondern ſo viel als möglich dieſelben nach der Eigenthümlichkeit und der künftigen Beſtim- mung derſelben in ſelbſtändigen Anſtalten neben der männlichen Schule hinzuſtellen. Es iſt das ein großer Fortſchritt; aber wir müſſen ge- ſtehen, daß dieß alles nur noch im Anfange iſt, und daß das eigent- liche weibliche Element der Erziehung und Bildung noch ſtark unter dem Gedanken leidet, daß die möglichſte Gleichartigkeit das wahre Ziel dieſer Beſtrebungen ſein müſſe. Wir glauben, daß die hier einſchlagenden Fragen den Fachmännern überwieſen werden ſollen; ſo viel ſcheint un- zweifelhaft, daß wir die folgenden Sätze ohne weitere Bezeichnung zu- gleich als für die weibliche Erziehung und Bildung annehmen dürfen, bis es der nächſten Zukunft klar werden wird, daß es eine Lehre und damit auch eine Bildung der Hausfrauen gibt, die dereinſt ihre eigen- thümlichen Forderungen auch an die Verwaltung zu ſtellen wiſſen wird. Das Mittel nun, vermöge deren die Verwaltung dieſe Aufgaben vollzieht, ſind einerſeits die Organiſirung der Lehrerbildung, anderer- ſeits die Beſtimmung der Lehrordnung. Das ſind die beiden großen Gebiete, in denen der wahre Kern des Verhältniſſes der Verwaltung zum Unterrichtsweſen liegt. Ob mit oder ohne Bewußtſein über ihre ſociale Bedeutung öffentlich rechtlich geordnet, immer ſind es, an denen man den eigentlichen Geiſt des öffentlichen Unterrichtsweſens verſtehen lernt. Hier iſt die Form untergeordnet, denn der Gedanke ſchafft ſich dieſelbe von ſelbſt; aber es iſt gänzlich einſeitig, in beiden nur päda- gogiſche oder gar nur didaktiſche Elemente zu ſehen. Erſt in ihrer organiſchen Beziehung zum geſammten Bildungsleben empfangen ſie ihre wahre Bedeutung. IV. An dieſem Standpunkt nun ſchließt ſich in einfacher Weiſe das letzte große Element des Volksſchulweſens, die formelle Aufnahme deſſelben in das Syſtem der Verwaltung und ihrer Organiſation. So wie aus der Elementarbildung das Volksſchulweſen wird, ſo muß daſſelbe das ganze Volk umfaſſen; es muß auf allen Punkten für alle Klaſſen und Orte weſentlich gleich ſein; es muß allenthalben, ſei es als Staats- oder Privatſchule, dieſelben Grundſätze für Lehrer und Lehre zum Inhalt haben; die Verwaltung muß daher ihre große Funktion als Ganzes in Ausübung bringen; ſie muß das Volksſchulweſen als dauernden und gleichmäßigen Theil ihre Aufgabe aufnehmen und zu- gleich mit dem geſammten übrigen Bildungsweſen in innigſte organiſche Verbindung bringen. Dieſe Einheit deſſelben mit der geſammten geiſtigen Welt erſcheint nun in der Verwaltung durch die Aufnahme in das Unterrichtsminiſterium, und es iſt klar, daß das letztere

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/105>, abgerufen am 23.11.2024.