Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.
dissement über das ganze Volksschulwesen. "Le veritable gouverne- 2) Daneben hat nun allerdings das französische System der Selbst- Es ist jedoch von nicht geringem Interesse, den Gang der Selbst- Die ersten Gesetzgebungen von 1789 und 1793 hatten das Volks-
dissement über das ganze Volksſchulweſen. „Le véritable gouverne- 2) Daneben hat nun allerdings das franzöſiſche Syſtem der Selbſt- Es iſt jedoch von nicht geringem Intereſſe, den Gang der Selbſt- Die erſten Geſetzgebungen von 1789 und 1793 hatten das Volks- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0131" n="103"/> dissement</hi> über das ganze Volksſchulweſen. <hi rendition="#aq">„Le véritable gouverne-<lb/> ment de l’instruction primaire, c’est l’inspection“</hi> (<hi rendition="#g">Eug. Rendu</hi>).<lb/> Die einzelne Ortsſchule wird vom Maire als Vertreter der Präfektal-<lb/> gewalt mit dem Recht der Suſpenſion des Lehrers, und vom Geiſtlichen<lb/> als Vertreter der Rektoralgewalt ausgeübt. Es iſt der vollſtändigſte<lb/> Organismus der Beherrſchung der Volksſchule.</p><lb/> <p>2) Daneben hat nun allerdings das franzöſiſche Syſtem der Selbſt-<lb/> verwaltung Platz gegriffen. Es iſt in der vollziehenden Gewalt gezeigt, daß<lb/> das Weſen derſelben in Frankreich in den <hi rendition="#aq">Conseils,</hi> unter Ausſchließung<lb/><hi rendition="#g">wirklicher</hi> Selbſtthätigkeit der Selbſtverwaltungskörper, beſteht. So iſt<lb/> es auch im geſammten Bildungsweſen, und ſpeziell im Volksſchulweſen.</p><lb/> <p>Es iſt jedoch von nicht geringem Intereſſe, den Gang der Selbſt-<lb/> verwaltung in Beziehung auf das Schulweſen, wenn auch nur in den<lb/> Hauptzügen zu verfolgen.</p><lb/> <p>Die erſten Geſetzgebungen von 1789 und 1793 hatten das Volks-<lb/> ſchulweſen ganz in die Hand der Gemeinden gegeben. Der damit ent-<lb/> ſtehende völlige Mangel an Einheit und Gleichmäßigkeit machte die<lb/> ſtrenge Geſetzgebung Napoleons <hi rendition="#aq">I.</hi> erklärlich. Sein Syſtem war ein<lb/> einfaches und auch hier allenthalben gleiches. Die Gemeindeſchulen<lb/> wurden wie alle andern Gemeindeangelegenheiten dem <hi rendition="#aq">Conseil municipal</hi><lb/> als berathende, dem Maire als vollziehende Gewalt unterworfen. Doch<lb/> wurde dieſes Syſtem in der Wirklichkeit nur ſehr theilweiſe ausgeführt,<lb/> da die Regierung nur wenige wirkliche Schulen herſtellte. Die Reſtau-<lb/> ration nahm dann das Napoleoniſche Princip auf, nur mit leichter Mo-<lb/> dification in Beziehung auf die <hi rendition="#aq">Conseils.</hi> Das Geſetz vom 22. Febr. 1816<lb/> ſetzte in jeden Kanton ein <hi rendition="#aq">„Comité de surveillance pour encourager<lb/> et surveiller l’instruction primaire“</hi> (Art. 1); doch ſtand die Gemeinde-<lb/> ſchule noch ausſchließlich unter dem Maire und dem Geiſtlichen (Art. 8).<lb/> Das Geſetz vom 28. Juni 1833 ging einen weſentlichen Schritt weiter,<lb/> indem es in jeder <hi rendition="#g">Gemeinde</hi> ein <hi rendition="#aq">Comité local de surveillance</hi> aus<lb/> dem Maire, dem Geiſtlichen und einigen angeſehenen Bürgern, vom<lb/><hi rendition="#aq">Comité d’arrondissement</hi> ernannt, bildete. Dieß, in Verbindung mit<lb/> dem Princip der <hi rendition="#g">Wahl</hi> des Schulausſchuſſes im Gemeinderathe, und<lb/> der <hi rendition="#g">freien</hi> Wahl des Lehrers durch die Gemeinde bei öffentlicher Be-<lb/> werbung (ſ. unten) war ein großer Fortſchritt. Das Volksſchulweſen<lb/> begann ſelbſtändig zu werden. Da fing die centrale Bureaukratie<lb/> an zu reagiren. Seit 1835 wurden zunächſt Inſpektoren der Akade-<lb/> mieen eingeſetzt, die freilich anfänglich mit den Volksſchulen wenig zu<lb/> thun hatten. Die letzteren blieben dabei unter der Herrſchaft des<lb/><hi rendition="#aq">Préfet;</hi> da aber derſelbe ſich um das Detail nicht kümmern konnte, ſo<lb/> erhielt ſich, trotz des Inſpektorats während der ganzen Juliregierung,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [103/0131]
dissement über das ganze Volksſchulweſen. „Le véritable gouverne-
ment de l’instruction primaire, c’est l’inspection“ (Eug. Rendu).
Die einzelne Ortsſchule wird vom Maire als Vertreter der Präfektal-
gewalt mit dem Recht der Suſpenſion des Lehrers, und vom Geiſtlichen
als Vertreter der Rektoralgewalt ausgeübt. Es iſt der vollſtändigſte
Organismus der Beherrſchung der Volksſchule.
2) Daneben hat nun allerdings das franzöſiſche Syſtem der Selbſt-
verwaltung Platz gegriffen. Es iſt in der vollziehenden Gewalt gezeigt, daß
das Weſen derſelben in Frankreich in den Conseils, unter Ausſchließung
wirklicher Selbſtthätigkeit der Selbſtverwaltungskörper, beſteht. So iſt
es auch im geſammten Bildungsweſen, und ſpeziell im Volksſchulweſen.
Es iſt jedoch von nicht geringem Intereſſe, den Gang der Selbſt-
verwaltung in Beziehung auf das Schulweſen, wenn auch nur in den
Hauptzügen zu verfolgen.
Die erſten Geſetzgebungen von 1789 und 1793 hatten das Volks-
ſchulweſen ganz in die Hand der Gemeinden gegeben. Der damit ent-
ſtehende völlige Mangel an Einheit und Gleichmäßigkeit machte die
ſtrenge Geſetzgebung Napoleons I. erklärlich. Sein Syſtem war ein
einfaches und auch hier allenthalben gleiches. Die Gemeindeſchulen
wurden wie alle andern Gemeindeangelegenheiten dem Conseil municipal
als berathende, dem Maire als vollziehende Gewalt unterworfen. Doch
wurde dieſes Syſtem in der Wirklichkeit nur ſehr theilweiſe ausgeführt,
da die Regierung nur wenige wirkliche Schulen herſtellte. Die Reſtau-
ration nahm dann das Napoleoniſche Princip auf, nur mit leichter Mo-
dification in Beziehung auf die Conseils. Das Geſetz vom 22. Febr. 1816
ſetzte in jeden Kanton ein „Comité de surveillance pour encourager
et surveiller l’instruction primaire“ (Art. 1); doch ſtand die Gemeinde-
ſchule noch ausſchließlich unter dem Maire und dem Geiſtlichen (Art. 8).
Das Geſetz vom 28. Juni 1833 ging einen weſentlichen Schritt weiter,
indem es in jeder Gemeinde ein Comité local de surveillance aus
dem Maire, dem Geiſtlichen und einigen angeſehenen Bürgern, vom
Comité d’arrondissement ernannt, bildete. Dieß, in Verbindung mit
dem Princip der Wahl des Schulausſchuſſes im Gemeinderathe, und
der freien Wahl des Lehrers durch die Gemeinde bei öffentlicher Be-
werbung (ſ. unten) war ein großer Fortſchritt. Das Volksſchulweſen
begann ſelbſtändig zu werden. Da fing die centrale Bureaukratie
an zu reagiren. Seit 1835 wurden zunächſt Inſpektoren der Akade-
mieen eingeſetzt, die freilich anfänglich mit den Volksſchulen wenig zu
thun hatten. Die letzteren blieben dabei unter der Herrſchaft des
Préfet; da aber derſelbe ſich um das Detail nicht kümmern konnte, ſo
erhielt ſich, trotz des Inſpektorats während der ganzen Juliregierung,
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