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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Hauptbedingungen der Schule, die Schulhäuser und das Einkom-
men
der Lehrer. Die Gesammtheit aller über diese drei Punkte
bestehenden öffentlich rechtlichen Vorschriften bilden dann das Schul-
recht
(im engeren Sinn).

Es leuchtet nun ein, daß das rechtliche Princip der Schulpflicht
die beiden letztern Punkte nicht bloß erzeugt, sondern auch ihrer Ord-
nung zu Grunde liegt, während das Umgekehrte nicht der Fall ist. Und
hier nun unterscheidet sich zunächst die deutsche Bildung von der fran-
zösischen und englischen. Während das deutsche Schulrecht aus dem
gesetzlichen Princip der Schulpflicht hervorgegangen ist und der Ge-
meinde die Schullast überläßt, enthält das französische den Widerspruch,
die Schullast zur gesetzlichen Pflicht der Gemeinde zu machen, während
die individuelle Schulpflicht nicht existirt, endlich der Schulbesuch zu-
letzt selbst zu Grunde geht; England endlich hat auch keine selbständige
Schullast, sondern nur das System von freien Unterstützungen durch die
Regierung.

Ursprünglich erscheint jede Schule als Stiftung und die Verwaltung
ihres Vermögens ist eine rein corporative, so weit der Elementarun-
terricht nicht unmittelbare Aufgabe einer kirchlichen Corporation ist.
Mit der gesetzlichen Schulpflicht dagegen wird die Herstellung der Schule
eine Gemeindelast. Da nun aber die Gemeinden theils grundherrliche,
theils bürgerliche sind, so entsteht der Grundsatz, daß diese Last ent-
weder dem Grundherrn oder der Stadt zufalle; der Staat erkennt
im vorigen Jahrhundert noch keine Unterstützungspflicht an, wohl aber
fängt man an, die Gemeinden zu nöthigen, die mit der Schulpflicht
entstehende Schullast zu übernehmen. Die unbedingte und allgemeine
Ausführung dieser Pflicht erzeugt nun aber einerseits die Nothwendig-
keit, der wirthschaftlich unfähigen Gemeinde eine öffentliche Hülfe zu
gewähren, andererseits die Forderung nach einem festen System für
die Vertheilung der Schullast. Dieß System der Schullast empfängt
nun in jedem Staate seine Gestalt je nach dem Verhältniß, in welchem
die Schule zur Gemeinde steht. Da wo die Gemeinde als solche
mit der Volksschule gar nichts zu thun hat, wie in England, ist die
Schullast keine Gemeinde-, sondern eine Armenlast, wenn sie nicht
durch Vereine hergestellt wird. Da wo die Gemeinde als reine Ver-
waltungsaufgabe dasteht, wie in Frankreich, ist die Schullast grundsätz-
lich zum Theil Staats-, zum Theil Gemeindelast. Da wo die Ge-
meinde die Schule verwaltet, wird sie wesentlich Gemeindelast. Und
hier wird dann wieder die Vertheilung dieser Last durch das Princip
des Gemeinderechts bestimmt. Die Reste der ständischen Grundherrlich-
keit erhalten lange -- zu lange -- den Grundsatz, daß der Grundherr

Hauptbedingungen der Schule, die Schulhäuſer und das Einkom-
men
der Lehrer. Die Geſammtheit aller über dieſe drei Punkte
beſtehenden öffentlich rechtlichen Vorſchriften bilden dann das Schul-
recht
(im engeren Sinn).

Es leuchtet nun ein, daß das rechtliche Princip der Schulpflicht
die beiden letztern Punkte nicht bloß erzeugt, ſondern auch ihrer Ord-
nung zu Grunde liegt, während das Umgekehrte nicht der Fall iſt. Und
hier nun unterſcheidet ſich zunächſt die deutſche Bildung von der fran-
zöſiſchen und engliſchen. Während das deutſche Schulrecht aus dem
geſetzlichen Princip der Schulpflicht hervorgegangen iſt und der Ge-
meinde die Schullaſt überläßt, enthält das franzöſiſche den Widerſpruch,
die Schullaſt zur geſetzlichen Pflicht der Gemeinde zu machen, während
die individuelle Schulpflicht nicht exiſtirt, endlich der Schulbeſuch zu-
letzt ſelbſt zu Grunde geht; England endlich hat auch keine ſelbſtändige
Schullaſt, ſondern nur das Syſtem von freien Unterſtützungen durch die
Regierung.

Urſprünglich erſcheint jede Schule als Stiftung und die Verwaltung
ihres Vermögens iſt eine rein corporative, ſo weit der Elementarun-
terricht nicht unmittelbare Aufgabe einer kirchlichen Corporation iſt.
Mit der geſetzlichen Schulpflicht dagegen wird die Herſtellung der Schule
eine Gemeindelaſt. Da nun aber die Gemeinden theils grundherrliche,
theils bürgerliche ſind, ſo entſteht der Grundſatz, daß dieſe Laſt ent-
weder dem Grundherrn oder der Stadt zufalle; der Staat erkennt
im vorigen Jahrhundert noch keine Unterſtützungspflicht an, wohl aber
fängt man an, die Gemeinden zu nöthigen, die mit der Schulpflicht
entſtehende Schullaſt zu übernehmen. Die unbedingte und allgemeine
Ausführung dieſer Pflicht erzeugt nun aber einerſeits die Nothwendig-
keit, der wirthſchaftlich unfähigen Gemeinde eine öffentliche Hülfe zu
gewähren, andererſeits die Forderung nach einem feſten Syſtem für
die Vertheilung der Schullaſt. Dieß Syſtem der Schullaſt empfängt
nun in jedem Staate ſeine Geſtalt je nach dem Verhältniß, in welchem
die Schule zur Gemeinde ſteht. Da wo die Gemeinde als ſolche
mit der Volksſchule gar nichts zu thun hat, wie in England, iſt die
Schullaſt keine Gemeinde-, ſondern eine Armenlaſt, wenn ſie nicht
durch Vereine hergeſtellt wird. Da wo die Gemeinde als reine Ver-
waltungsaufgabe daſteht, wie in Frankreich, iſt die Schullaſt grundſätz-
lich zum Theil Staats-, zum Theil Gemeindelaſt. Da wo die Ge-
meinde die Schule verwaltet, wird ſie weſentlich Gemeindelaſt. Und
hier wird dann wieder die Vertheilung dieſer Laſt durch das Princip
des Gemeinderechts beſtimmt. Die Reſte der ſtändiſchen Grundherrlich-
keit erhalten lange — zu lange — den Grundſatz, daß der Grundherr

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[122/0150] Hauptbedingungen der Schule, die Schulhäuſer und das Einkom- men der Lehrer. Die Geſammtheit aller über dieſe drei Punkte beſtehenden öffentlich rechtlichen Vorſchriften bilden dann das Schul- recht (im engeren Sinn). Es leuchtet nun ein, daß das rechtliche Princip der Schulpflicht die beiden letztern Punkte nicht bloß erzeugt, ſondern auch ihrer Ord- nung zu Grunde liegt, während das Umgekehrte nicht der Fall iſt. Und hier nun unterſcheidet ſich zunächſt die deutſche Bildung von der fran- zöſiſchen und engliſchen. Während das deutſche Schulrecht aus dem geſetzlichen Princip der Schulpflicht hervorgegangen iſt und der Ge- meinde die Schullaſt überläßt, enthält das franzöſiſche den Widerſpruch, die Schullaſt zur geſetzlichen Pflicht der Gemeinde zu machen, während die individuelle Schulpflicht nicht exiſtirt, endlich der Schulbeſuch zu- letzt ſelbſt zu Grunde geht; England endlich hat auch keine ſelbſtändige Schullaſt, ſondern nur das Syſtem von freien Unterſtützungen durch die Regierung. Urſprünglich erſcheint jede Schule als Stiftung und die Verwaltung ihres Vermögens iſt eine rein corporative, ſo weit der Elementarun- terricht nicht unmittelbare Aufgabe einer kirchlichen Corporation iſt. Mit der geſetzlichen Schulpflicht dagegen wird die Herſtellung der Schule eine Gemeindelaſt. Da nun aber die Gemeinden theils grundherrliche, theils bürgerliche ſind, ſo entſteht der Grundſatz, daß dieſe Laſt ent- weder dem Grundherrn oder der Stadt zufalle; der Staat erkennt im vorigen Jahrhundert noch keine Unterſtützungspflicht an, wohl aber fängt man an, die Gemeinden zu nöthigen, die mit der Schulpflicht entſtehende Schullaſt zu übernehmen. Die unbedingte und allgemeine Ausführung dieſer Pflicht erzeugt nun aber einerſeits die Nothwendig- keit, der wirthſchaftlich unfähigen Gemeinde eine öffentliche Hülfe zu gewähren, andererſeits die Forderung nach einem feſten Syſtem für die Vertheilung der Schullaſt. Dieß Syſtem der Schullaſt empfängt nun in jedem Staate ſeine Geſtalt je nach dem Verhältniß, in welchem die Schule zur Gemeinde ſteht. Da wo die Gemeinde als ſolche mit der Volksſchule gar nichts zu thun hat, wie in England, iſt die Schullaſt keine Gemeinde-, ſondern eine Armenlaſt, wenn ſie nicht durch Vereine hergeſtellt wird. Da wo die Gemeinde als reine Ver- waltungsaufgabe daſteht, wie in Frankreich, iſt die Schullaſt grundſätz- lich zum Theil Staats-, zum Theil Gemeindelaſt. Da wo die Ge- meinde die Schule verwaltet, wird ſie weſentlich Gemeindelaſt. Und hier wird dann wieder die Vertheilung dieſer Laſt durch das Princip des Gemeinderechts beſtimmt. Die Reſte der ſtändiſchen Grundherrlich- keit erhalten lange — zu lange — den Grundſatz, daß der Grundherr

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/150>, abgerufen am 24.11.2024.