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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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IV. Neben den Staatsanstalten bestehen nun Privatlehran-
stalten. Das Princip für dieselben ist, daß sie das Recht der Gym-
nasien, speciell also das Recht durch ihre Prüfungen die Reife zum
Uebergange an die Universität zu constatiren, nur unter den gesetzlich
vorgeschriebenen Bedingungen in Beziehung namentlich auf das Lehrer-
wesen und das Lehr- und Classensystem erfüllen. Keinenfalls kann die
Entwicklung solcher Privatgymnasien als etwas wünschenswerthes be-
zeichnet werden, da sie entweder einen Mangel im öffentlichen System
der wissenschaftlichen Vorbildung anzeigen, oder zu einem ebenso be-
denklichen Mangel an Strenge der Bildung hinneigen.

Im Allgemeinen ist ein großer Unterschied in der Entwicklung des
öffentlichen Rechts und der Organisation des Gymnasialwesens zwischen
Nord- und Süddeutschland unverkennbar. Jenes hat den Charakter
der Staatsanstalten und der staatlichen Leitung schon fast mit Anfang
dieses Jahrhunderts ausgeprägt; dieses hat das Gymnasialwesen erst
zum Theil seit 1830 und entschiedener seit 1848 aus seiner ständischen,
unfreien und vielfach ganz äußerlichen Begränzung auf classische
Grammatik zum humanistischen Geiste erhoben. Es ist höchst merk-
würdig, wie Oesterreich, bis 1848 mit der unfreiesten seit 1848 sich
zur freiesten Gymnasialordnung erhoben und in jener Gesetzgebung
sich neben die andern Staaten gestellt hat. Leider fehlen uns ge-
nügende Zusammenstellungen; die betreffenden Artikel in Schmid sind
in Beziehung auf das öffentliche Recht sehr ungleichmäßig gearbeitet
und dennoch für manches die bisher einzige Quelle.


Oesterreich. Der Unterschied von öffentlichen und Privatgym-
nasien gesetzlich anerkannt, jedoch Grundsatz des Bestehens einer Prüfung
an einem öffentlichen Gymnasium, um staatsgültige Zeugnisse zu er-
werben (Organisation vom 15. September 1849, §. 8). -- Organi-

[Tabelle]

IV. Neben den Staatsanſtalten beſtehen nun Privatlehran-
ſtalten. Das Princip für dieſelben iſt, daß ſie das Recht der Gym-
naſien, ſpeciell alſo das Recht durch ihre Prüfungen die Reife zum
Uebergange an die Univerſität zu conſtatiren, nur unter den geſetzlich
vorgeſchriebenen Bedingungen in Beziehung namentlich auf das Lehrer-
weſen und das Lehr- und Claſſenſyſtem erfüllen. Keinenfalls kann die
Entwicklung ſolcher Privatgymnaſien als etwas wünſchenswerthes be-
zeichnet werden, da ſie entweder einen Mangel im öffentlichen Syſtem
der wiſſenſchaftlichen Vorbildung anzeigen, oder zu einem ebenſo be-
denklichen Mangel an Strenge der Bildung hinneigen.

Im Allgemeinen iſt ein großer Unterſchied in der Entwicklung des
öffentlichen Rechts und der Organiſation des Gymnaſialweſens zwiſchen
Nord- und Süddeutſchland unverkennbar. Jenes hat den Charakter
der Staatsanſtalten und der ſtaatlichen Leitung ſchon faſt mit Anfang
dieſes Jahrhunderts ausgeprägt; dieſes hat das Gymnaſialweſen erſt
zum Theil ſeit 1830 und entſchiedener ſeit 1848 aus ſeiner ſtändiſchen,
unfreien und vielfach ganz äußerlichen Begränzung auf claſſiſche
Grammatik zum humaniſtiſchen Geiſte erhoben. Es iſt höchſt merk-
würdig, wie Oeſterreich, bis 1848 mit der unfreieſten ſeit 1848 ſich
zur freieſten Gymnaſialordnung erhoben und in jener Geſetzgebung
ſich neben die andern Staaten geſtellt hat. Leider fehlen uns ge-
nügende Zuſammenſtellungen; die betreffenden Artikel in Schmid ſind
in Beziehung auf das öffentliche Recht ſehr ungleichmäßig gearbeitet
und dennoch für manches die bisher einzige Quelle.


Oeſterreich. Der Unterſchied von öffentlichen und Privatgym-
naſien geſetzlich anerkannt, jedoch Grundſatz des Beſtehens einer Prüfung
an einem öffentlichen Gymnaſium, um ſtaatsgültige Zeugniſſe zu er-
werben (Organiſation vom 15. September 1849, §. 8). — Organi-

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[212/0240] IV. Neben den Staatsanſtalten beſtehen nun Privatlehran- ſtalten. Das Princip für dieſelben iſt, daß ſie das Recht der Gym- naſien, ſpeciell alſo das Recht durch ihre Prüfungen die Reife zum Uebergange an die Univerſität zu conſtatiren, nur unter den geſetzlich vorgeſchriebenen Bedingungen in Beziehung namentlich auf das Lehrer- weſen und das Lehr- und Claſſenſyſtem erfüllen. Keinenfalls kann die Entwicklung ſolcher Privatgymnaſien als etwas wünſchenswerthes be- zeichnet werden, da ſie entweder einen Mangel im öffentlichen Syſtem der wiſſenſchaftlichen Vorbildung anzeigen, oder zu einem ebenſo be- denklichen Mangel an Strenge der Bildung hinneigen. Im Allgemeinen iſt ein großer Unterſchied in der Entwicklung des öffentlichen Rechts und der Organiſation des Gymnaſialweſens zwiſchen Nord- und Süddeutſchland unverkennbar. Jenes hat den Charakter der Staatsanſtalten und der ſtaatlichen Leitung ſchon faſt mit Anfang dieſes Jahrhunderts ausgeprägt; dieſes hat das Gymnaſialweſen erſt zum Theil ſeit 1830 und entſchiedener ſeit 1848 aus ſeiner ſtändiſchen, unfreien und vielfach ganz äußerlichen Begränzung auf claſſiſche Grammatik zum humaniſtiſchen Geiſte erhoben. Es iſt höchſt merk- würdig, wie Oeſterreich, bis 1848 mit der unfreieſten ſeit 1848 ſich zur freieſten Gymnaſialordnung erhoben und in jener Geſetzgebung ſich neben die andern Staaten geſtellt hat. Leider fehlen uns ge- nügende Zuſammenſtellungen; die betreffenden Artikel in Schmid ſind in Beziehung auf das öffentliche Recht ſehr ungleichmäßig gearbeitet und dennoch für manches die bisher einzige Quelle. Oeſterreich. Der Unterſchied von öffentlichen und Privatgym- naſien geſetzlich anerkannt, jedoch Grundſatz des Beſtehens einer Prüfung an einem öffentlichen Gymnaſium, um ſtaatsgültige Zeugniſſe zu er- werben (Organiſation vom 15. September 1849, §. 8). — Organi-

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/240>, abgerufen am 21.11.2024.