Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.ein; sie ist die Bildung der höheren, aber nicht mehr die einer bestimm- Das Bild, das uns auf diese Weise diese zweite Epoche darbietet, Stein, die Verwaltungslehre. V. 16
ein; ſie iſt die Bildung der höheren, aber nicht mehr die einer beſtimm- Das Bild, das uns auf dieſe Weiſe dieſe zweite Epoche darbietet, Stein, die Verwaltungslehre. V. 16
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0269" n="241"/> ein; ſie iſt die Bildung der höheren, aber nicht mehr die einer beſtimm-<lb/> ten ſtändiſchen Klaſſe. Sie trägt daher von Anfang an den Charakter<lb/> der ſtaatsbürgerlichen, freien Geſellſchaft an ſich. Sie iſt mit dem be-<lb/> ſchränkten Standpunkt der ſtändiſchen Ordnung unvereinbar; aber ſie<lb/> iſt mehr, ſie iſt zugleich ein Feind derſelben. Denn ſie iſt es, welche<lb/> zum erſtenmale erklärt, daß es eine höhere geiſtige Entwicklung auch<lb/> neben der ſtändiſchen Gelehrſamkeit gibt, und daß die perſönliche Tüchtig-<lb/> keit nicht bloß durch das handwerksmäßige Erlernen gegeben wird.<lb/> Sie muß ſich daher von den beiden bisherigen Bildungsformen ſchei-<lb/> den; ja ſie wird gezwungen, mit ihnen geradezu zu kämpfen. Es<lb/> wundert uns nicht, wenn ſie in dieſem Kampfe gegen den Werth beider<lb/> negativ, hart, einſeitig wird, wenn ſie das Handwerk unter ſich ſieht,<lb/> und die gelehrte Bildung als unfähig für die geiſtige Entwicklung er-<lb/> klärt. Wir verſtehen es, wenn aus ihr zuerſt jener, nur hiſtoriſch zu<lb/> erklärende Begriff des „Praktiſchen“ im ſcharfen Gegenſatze zu dem<lb/> Theoretiſchen entſteht, der nunmehr mit aller ſeiner praktiſchen Tendenz<lb/> ſofort ſich natürlich eine neue Theorie des Praktiſchen erſchafft, ohne<lb/> es ſelbſt recht zu wiſſen. Aber es iſt uns auch klar, daß alle dieſe<lb/> Beſtrebungen in dieſer zweiten Epoche noch vereinzelt daſtehen. Noch<lb/> herrſcht formell und auf der Oberfläche die ſtändiſche Ordnung; noch<lb/> iſt alles ſcharf eingetheilt, mit Zeichen und Symbolen, mit Rechten<lb/> und Pflichten wohl verſehen; noch ſtehen ſtreng geſchieden die Körper-<lb/> ſchaften aller Art neben einander, das geſammte öffentliche Leben um-<lb/> faſſend; in dieſe Ordnung paßt jene Richtung nicht. Welcher „Cor-<lb/> poration“ hätte denn dieſe Realſchule und ihre Realſchüler angehören<lb/> ſollen? Und ſo ergab ſich das, allen Verſuchen dieſer Epoche gemein-<lb/> ſame Reſultat. Die Realſchule, die Realbildung iſt und bleibt ein<lb/><hi rendition="#g">Privatunternehmen</hi>. Die Verwaltung, welche bereits das ganze<lb/> gelehrte Bildungsweſen ſich unterworfen und zu Staatsanſtalten ge-<lb/> macht, kümmert ſich um dieſe Privatanſtalten nicht; ſie führen ein<lb/> Leben für ſich; ſie bedeuten mehr als ſie ſind; aber ſchon am Ende<lb/> des vorigen Jahrhunderts ſtehen ſie vor der Frage, wie ſich denn<lb/> die Staatsverwaltung zu dieſem neuen, mit jedem Jahre wichtiger<lb/> werdenden Gebiet des Bildungsorganismus verhalten werde? Und in<lb/> dieſer Frage liegt der Uebergang zur dritten gegenwärtigen Epoche.</p><lb/> <p>Das Bild, das uns auf dieſe Weiſe dieſe zweite Epoche darbietet,<lb/> iſt nun in ſeinen Grundzügen auch für das rechte Verſtändniß der<lb/> Gegenwart ſo wichtig, daß wir es noch einmal kurz zuſammen faſſen.<lb/> Das vorige und allerdings auch ein Theil des gegenwärtigen Jahr-<lb/> hunderts zeigt uns nämlich <hi rendition="#g">drei</hi> Grundformen der Bildung. Die ge-<lb/> lehrte mit ihrem ganzen Apparat von Inſtituten, Vorſchriften, Lehren<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Stein</hi>, die Verwaltungslehre. <hi rendition="#aq">V.</hi> 16</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [241/0269]
ein; ſie iſt die Bildung der höheren, aber nicht mehr die einer beſtimm-
ten ſtändiſchen Klaſſe. Sie trägt daher von Anfang an den Charakter
der ſtaatsbürgerlichen, freien Geſellſchaft an ſich. Sie iſt mit dem be-
ſchränkten Standpunkt der ſtändiſchen Ordnung unvereinbar; aber ſie
iſt mehr, ſie iſt zugleich ein Feind derſelben. Denn ſie iſt es, welche
zum erſtenmale erklärt, daß es eine höhere geiſtige Entwicklung auch
neben der ſtändiſchen Gelehrſamkeit gibt, und daß die perſönliche Tüchtig-
keit nicht bloß durch das handwerksmäßige Erlernen gegeben wird.
Sie muß ſich daher von den beiden bisherigen Bildungsformen ſchei-
den; ja ſie wird gezwungen, mit ihnen geradezu zu kämpfen. Es
wundert uns nicht, wenn ſie in dieſem Kampfe gegen den Werth beider
negativ, hart, einſeitig wird, wenn ſie das Handwerk unter ſich ſieht,
und die gelehrte Bildung als unfähig für die geiſtige Entwicklung er-
klärt. Wir verſtehen es, wenn aus ihr zuerſt jener, nur hiſtoriſch zu
erklärende Begriff des „Praktiſchen“ im ſcharfen Gegenſatze zu dem
Theoretiſchen entſteht, der nunmehr mit aller ſeiner praktiſchen Tendenz
ſofort ſich natürlich eine neue Theorie des Praktiſchen erſchafft, ohne
es ſelbſt recht zu wiſſen. Aber es iſt uns auch klar, daß alle dieſe
Beſtrebungen in dieſer zweiten Epoche noch vereinzelt daſtehen. Noch
herrſcht formell und auf der Oberfläche die ſtändiſche Ordnung; noch
iſt alles ſcharf eingetheilt, mit Zeichen und Symbolen, mit Rechten
und Pflichten wohl verſehen; noch ſtehen ſtreng geſchieden die Körper-
ſchaften aller Art neben einander, das geſammte öffentliche Leben um-
faſſend; in dieſe Ordnung paßt jene Richtung nicht. Welcher „Cor-
poration“ hätte denn dieſe Realſchule und ihre Realſchüler angehören
ſollen? Und ſo ergab ſich das, allen Verſuchen dieſer Epoche gemein-
ſame Reſultat. Die Realſchule, die Realbildung iſt und bleibt ein
Privatunternehmen. Die Verwaltung, welche bereits das ganze
gelehrte Bildungsweſen ſich unterworfen und zu Staatsanſtalten ge-
macht, kümmert ſich um dieſe Privatanſtalten nicht; ſie führen ein
Leben für ſich; ſie bedeuten mehr als ſie ſind; aber ſchon am Ende
des vorigen Jahrhunderts ſtehen ſie vor der Frage, wie ſich denn
die Staatsverwaltung zu dieſem neuen, mit jedem Jahre wichtiger
werdenden Gebiet des Bildungsorganismus verhalten werde? Und in
dieſer Frage liegt der Uebergang zur dritten gegenwärtigen Epoche.
Das Bild, das uns auf dieſe Weiſe dieſe zweite Epoche darbietet,
iſt nun in ſeinen Grundzügen auch für das rechte Verſtändniß der
Gegenwart ſo wichtig, daß wir es noch einmal kurz zuſammen faſſen.
Das vorige und allerdings auch ein Theil des gegenwärtigen Jahr-
hunderts zeigt uns nämlich drei Grundformen der Bildung. Die ge-
lehrte mit ihrem ganzen Apparat von Inſtituten, Vorſchriften, Lehren
Stein, die Verwaltungslehre. V. 16
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |