Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.diese Fachbildung bis auf die neueste Zeit so gut als gar nicht geküm- In der That nämlich bleibt die Entwicklung des wirthschaftlichen Den ersten Anstoß dazu gab die Anwendung der mit dem vorigen dieſe Fachbildung bis auf die neueſte Zeit ſo gut als gar nicht geküm- In der That nämlich bleibt die Entwicklung des wirthſchaftlichen Den erſten Anſtoß dazu gab die Anwendung der mit dem vorigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0291" n="263"/> dieſe Fachbildung bis auf die neueſte Zeit ſo gut als gar nicht geküm-<lb/> mert. Erſt unſer Jahrhundert hat ſie als öffentliche Angelegenheit er-<lb/> kannt, und es iſt daher nicht thunlich, ſie ohne Anſchluß an den allge-<lb/> meinen Gang der Geſchichte zu überſehen.</p><lb/> <p>In der That nämlich bleibt die Entwicklung des wirthſchaftlichen<lb/> Bildungsproceſſes, die wir als Grundlage des Vorbildungsſyſtemes oben<lb/> bezeichnet haben, bei dieſen Vorbildungsanſtalten faſt ein Jahrhundert<lb/> lang ſtehen, ohne zu Fachbildungsanſtalten überzugehen. Die Real-<lb/> ſchulen und höheren Bürgerſchulen ſind die höchſten Bildungsſchulen<lb/> des Bürgerſtandes; alles Weitere muß derſelbe dann im wirklichen<lb/> praktiſchen Leben ſelber lernen. Daß ein innerer Zuſammenhang zwiſchen<lb/> den einzelnen Fächern ſei, wird zwar geahnt, aber bei der vorwiegend<lb/> gelehrten Richtung der Wiſſenſchaft nicht verſtanden; an eine Bethei-<lb/> ligung der Verwaltung über dasjenige hinaus, was die Univerſitäten<lb/> höchſtens in der Cameralwiſſenſchaft darboten, ward noch nicht gedacht.<lb/> Ein <hi rendition="#g">Syſtem</hi> von wirthſchaftlichen Fächern und von öffentlichen ihnen<lb/> entſprechenden Anſtalten konnte ſich erſt auf Grundlage äußerer Veran-<lb/> laſſung entwickeln. Daſſelbe iſt daher kein Kind der pädagogiſchen Re-<lb/> flexion, ſondern ein Produkt der langſam fortſchreitenden Geſchichte.</p><lb/> <p>Den erſten Anſtoß dazu gab die Anwendung der mit dem vorigen<lb/> Jahrhundert entſtehenden Finanzwiſſenſchaft auf die <hi rendition="#g">Regalien</hi>. Wir<lb/> haben hier nicht über den hiſtoriſchen Begriff derſelben zu ſtreiten. Als<lb/> feſtſtehend wird man uns zugeben, daß ein Regal ein Hoheitsrecht war,<lb/> das als Einnahmsquelle benutzt ward. Zu den Regalien als Ein-<lb/> nahmsquellen kamen dann die <hi rendition="#g">Domänen</hi> aller Art hinzu, die bald<lb/> als Grundbeſitz, bald als Nutzrechte, bald als Unternehmungen auf-<lb/> traten. Regalien und Domänen forderten eine Verwaltung; dieſe Ver-<lb/> waltung ſollte eine weſentlich nutzbringende ſein; um ſie dazu zu machen,<lb/> wurden ſeit dem Entſtehen der Polizei- und Finanzwiſſenſchaft gewiſſe<lb/> Kenntniſſe erfordert; den Erwerb dieſer wirthſchaftlichen Kenntniſſe mußte<lb/> daher der Staat jetzt für die Beamteten ſeiner Regalien und Domänen<lb/> fordern; um ſie fordern zu können, mußten ſie als ſelbſtändige Wiſſen-<lb/> ſchaft da ſein und als ſolche gelehrt werden. So entſtand das Gebiet<lb/> der <hi rendition="#g">Cameralwiſſenſchaften</hi>. Sie hängen allerdings auf das Engſte<lb/> mit den Staatswiſſenſchaften zuſammen; aber dieſe Verbindung war<lb/> und blieb eine äußerliche. Ihrem Weſen nach ſind ſie die <hi rendition="#g">erſte</hi> Form<lb/> einer ſelbſtändigen wirthſchaftlichen Fachbildung neben der gelehrten.<lb/> Mit ihnen tritt das Fachbildungsweſen zuerſt öffentlich neben dem ge-<lb/> lehrten auf. Zwar ſind ſie noch ſehr einſeitig und beſchränkt; ſie ſind<lb/> eigentlich nur die Fachbildung für die wirthſchaftlichen Erwerbsthätig-<lb/> keiten der Verwaltung; aber ſie ſind dennoch der erſte ſelbſtändige<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [263/0291]
dieſe Fachbildung bis auf die neueſte Zeit ſo gut als gar nicht geküm-
mert. Erſt unſer Jahrhundert hat ſie als öffentliche Angelegenheit er-
kannt, und es iſt daher nicht thunlich, ſie ohne Anſchluß an den allge-
meinen Gang der Geſchichte zu überſehen.
In der That nämlich bleibt die Entwicklung des wirthſchaftlichen
Bildungsproceſſes, die wir als Grundlage des Vorbildungsſyſtemes oben
bezeichnet haben, bei dieſen Vorbildungsanſtalten faſt ein Jahrhundert
lang ſtehen, ohne zu Fachbildungsanſtalten überzugehen. Die Real-
ſchulen und höheren Bürgerſchulen ſind die höchſten Bildungsſchulen
des Bürgerſtandes; alles Weitere muß derſelbe dann im wirklichen
praktiſchen Leben ſelber lernen. Daß ein innerer Zuſammenhang zwiſchen
den einzelnen Fächern ſei, wird zwar geahnt, aber bei der vorwiegend
gelehrten Richtung der Wiſſenſchaft nicht verſtanden; an eine Bethei-
ligung der Verwaltung über dasjenige hinaus, was die Univerſitäten
höchſtens in der Cameralwiſſenſchaft darboten, ward noch nicht gedacht.
Ein Syſtem von wirthſchaftlichen Fächern und von öffentlichen ihnen
entſprechenden Anſtalten konnte ſich erſt auf Grundlage äußerer Veran-
laſſung entwickeln. Daſſelbe iſt daher kein Kind der pädagogiſchen Re-
flexion, ſondern ein Produkt der langſam fortſchreitenden Geſchichte.
Den erſten Anſtoß dazu gab die Anwendung der mit dem vorigen
Jahrhundert entſtehenden Finanzwiſſenſchaft auf die Regalien. Wir
haben hier nicht über den hiſtoriſchen Begriff derſelben zu ſtreiten. Als
feſtſtehend wird man uns zugeben, daß ein Regal ein Hoheitsrecht war,
das als Einnahmsquelle benutzt ward. Zu den Regalien als Ein-
nahmsquellen kamen dann die Domänen aller Art hinzu, die bald
als Grundbeſitz, bald als Nutzrechte, bald als Unternehmungen auf-
traten. Regalien und Domänen forderten eine Verwaltung; dieſe Ver-
waltung ſollte eine weſentlich nutzbringende ſein; um ſie dazu zu machen,
wurden ſeit dem Entſtehen der Polizei- und Finanzwiſſenſchaft gewiſſe
Kenntniſſe erfordert; den Erwerb dieſer wirthſchaftlichen Kenntniſſe mußte
daher der Staat jetzt für die Beamteten ſeiner Regalien und Domänen
fordern; um ſie fordern zu können, mußten ſie als ſelbſtändige Wiſſen-
ſchaft da ſein und als ſolche gelehrt werden. So entſtand das Gebiet
der Cameralwiſſenſchaften. Sie hängen allerdings auf das Engſte
mit den Staatswiſſenſchaften zuſammen; aber dieſe Verbindung war
und blieb eine äußerliche. Ihrem Weſen nach ſind ſie die erſte Form
einer ſelbſtändigen wirthſchaftlichen Fachbildung neben der gelehrten.
Mit ihnen tritt das Fachbildungsweſen zuerſt öffentlich neben dem ge-
lehrten auf. Zwar ſind ſie noch ſehr einſeitig und beſchränkt; ſie ſind
eigentlich nur die Fachbildung für die wirthſchaftlichen Erwerbsthätig-
keiten der Verwaltung; aber ſie ſind dennoch der erſte ſelbſtändige
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