Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

Beseitigung des Lateinischen für die Section des sciences und in einer
etwas größeren Ausdehnung der Mathematik erschöpfte. Von einem
Gewerbe- oder Fortbildungsschulwesen war keine Rede. Auch Pompee,
früherer Fourierist, fühlte das in seinem hübsch geschriebenen Buche
Etudes sur l'education professionelle en France richtig heraus; doch
entstand außer einigen gelegentlichen Revue-Artikeln keine weitere Literatur
der Frage. Erst mit dem Jahre 1860 entsteht eine neue Bewegung,
welche dießmal sich mit richtigem Instinkt des eigentlichen Gewerbeschul-
wesens, also der wirklichen education professionelle zuwendet. Es ist
hier nicht mehr der Sohn des wohlhabenden Bürgers, sondern der
eigentliche Arbeiter, dessen Bildung man fordert. Die Hauptschriften
über diese Frage sind: Louis Reybaud, de l'enseignement profes-
sionel en France (Revue de deux Mondes 1. Mai 1864); M. le Ber-
trand
, Etude sur l'enseignement professionel; Menu de St. Mes-
nier
, l'enseignement professionel, etude historique et critique;

einen Versuch, das englische wirthschaftliche Bildungswesen darzustellen
von Marguerin und Motheree (de l'enseignement des classes
moyennes et des classes ouvrieres en Angleterre, rapport a Mr. le
Prefet de la Seine
). Viel Gerede und wenig Inhalt bei Audiganne
(Les ouvriers d'a present 1865 p. 90 sq.). Von einer Untersuchung des
gelehrten Bildungswesens mit Ausnahme des juristischen (mehrere Auf-
sätze in der Revue de legislation et de jurisprudence von Labou-
laye, Wolowsky, Warnkönig
u. a. wesentlich in Vertretung der
historischen Rechtswissenschaft nach deutschen Vorbildern) ist keine Rede;
in der That hatte nur die kleine, aber ausgezeichnete rechtshistorische
Schule Frankreichs eine klare Vorstellung von dem Wesen der deutschen
Universitäten, Laboulaye am meisten für die Jurisprudenz, Wolowski
für die Staatswirthschaften. Merkwürdig, daß die Medicin ganz zurück
blieb. -- Die neueren Bearbeitungen wie die von Batbie, Laferriere
(Droit admin. III. P. IV.) beschränken sich auf die Darstellung des
geltenden Rechts. In der deutschen Literatur ist wohl L. Hahn der
erste, der das "Unterrichtswesen in Frankreich 1848" richtig und um-
fassend darstellte, natürlich ohne Beziehung auf die ihm folgende Ge-
setzgebung. Holtzapfel, Mittheilungen über Erziehung und Unterricht
in Frankreich 1853; wesentlich pädagogisch. Trefflich in seiner Art ist
der Artikel "Frankreich" von Bücheler bei Schmid Bd. II. mit (nicht
vollständiger) Literatur; doch bezieht sich derselbe nur auf das Vor-
bildungswesen. Block hat in seinen verschiedenen Dictionnaires mehrere
sehr gute Artikel; das positive Recht nebst den Ausgaben der Gesetze
von Jourdain Dict. de l'Administration, v. Instruction publique.
-- Es möge hier gestattet sein, an dieses System des französischen

Beſeitigung des Lateiniſchen für die Section des sciences und in einer
etwas größeren Ausdehnung der Mathematik erſchöpfte. Von einem
Gewerbe- oder Fortbildungsſchulweſen war keine Rede. Auch Pompée,
früherer Fourieriſt, fühlte das in ſeinem hübſch geſchriebenen Buche
Études sur l’education professionelle en France richtig heraus; doch
entſtand außer einigen gelegentlichen Revue-Artikeln keine weitere Literatur
der Frage. Erſt mit dem Jahre 1860 entſteht eine neue Bewegung,
welche dießmal ſich mit richtigem Inſtinkt des eigentlichen Gewerbeſchul-
weſens, alſo der wirklichen éducation professionelle zuwendet. Es iſt
hier nicht mehr der Sohn des wohlhabenden Bürgers, ſondern der
eigentliche Arbeiter, deſſen Bildung man fordert. Die Hauptſchriften
über dieſe Frage ſind: Louis Reybaud, de l’enseignement profes-
sionel en France (Revue de deux Mondes 1. Mai 1864); M. le Ber-
trand
, Étude sur l’enseignement professionel; Menu de St. Mes-
nier
, l’enseignement professionel, étude historique et critique;

einen Verſuch, das engliſche wirthſchaftliche Bildungsweſen darzuſtellen
von Marguérin und Motherée (de l’enseignement des classes
moyennes et des classes ouvrières en Angleterre, rapport à Mr. le
Préfet de la Seine
). Viel Gerede und wenig Inhalt bei Audiganne
(Les ouvriers d’à présent 1865 p. 90 sq.). Von einer Unterſuchung des
gelehrten Bildungsweſens mit Ausnahme des juriſtiſchen (mehrere Auf-
ſätze in der Revue de législation et de jurisprudence von Labou-
laye, Wolowsky, Warnkönig
u. a. weſentlich in Vertretung der
hiſtoriſchen Rechtswiſſenſchaft nach deutſchen Vorbildern) iſt keine Rede;
in der That hatte nur die kleine, aber ausgezeichnete rechtshiſtoriſche
Schule Frankreichs eine klare Vorſtellung von dem Weſen der deutſchen
Univerſitäten, Laboulaye am meiſten für die Jurisprudenz, Wolowski
für die Staatswirthſchaften. Merkwürdig, daß die Medicin ganz zurück
blieb. — Die neueren Bearbeitungen wie die von Batbie, Laferrière
(Droit admin. III. P. IV.) beſchränken ſich auf die Darſtellung des
geltenden Rechts. In der deutſchen Literatur iſt wohl L. Hahn der
erſte, der das „Unterrichtsweſen in Frankreich 1848“ richtig und um-
faſſend darſtellte, natürlich ohne Beziehung auf die ihm folgende Ge-
ſetzgebung. Holtzapfel, Mittheilungen über Erziehung und Unterricht
in Frankreich 1853; weſentlich pädagogiſch. Trefflich in ſeiner Art iſt
der Artikel „Frankreich“ von Bücheler bei Schmid Bd. II. mit (nicht
vollſtändiger) Literatur; doch bezieht ſich derſelbe nur auf das Vor-
bildungsweſen. Block hat in ſeinen verſchiedenen Dictionnaires mehrere
ſehr gute Artikel; das poſitive Recht nebſt den Ausgaben der Geſetze
von Jourdain Dict. de l’Administration, v. Instruction publique.
— Es möge hier geſtattet ſein, an dieſes Syſtem des franzöſiſchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0323" n="295"/>
Be&#x017F;eitigung des Lateini&#x017F;chen für die <hi rendition="#aq">Section des sciences</hi> und in einer<lb/>
etwas größeren Ausdehnung der Mathematik er&#x017F;chöpfte. Von einem<lb/>
Gewerbe- oder Fortbildungs&#x017F;chulwe&#x017F;en war keine Rede. Auch <hi rendition="#g">Pomp<hi rendition="#aq">é</hi>e</hi>,<lb/>
früherer Fourieri&#x017F;t, fühlte das in &#x017F;einem hüb&#x017F;ch ge&#x017F;chriebenen Buche<lb/><hi rendition="#aq">Études sur l&#x2019;education professionelle en France</hi> richtig heraus; doch<lb/>
ent&#x017F;tand außer einigen gelegentlichen Revue-Artikeln keine weitere Literatur<lb/>
der Frage. Er&#x017F;t mit dem Jahre 1860 ent&#x017F;teht eine neue Bewegung,<lb/>
welche dießmal &#x017F;ich mit richtigem In&#x017F;tinkt des eigentlichen Gewerbe&#x017F;chul-<lb/>
we&#x017F;ens, al&#x017F;o der wirklichen <hi rendition="#aq">éducation professionelle</hi> zuwendet. Es i&#x017F;t<lb/>
hier nicht mehr der Sohn des wohlhabenden Bürgers, &#x017F;ondern der<lb/>
eigentliche <hi rendition="#g">Arbeiter</hi>, de&#x017F;&#x017F;en Bildung man fordert. Die Haupt&#x017F;chriften<lb/>
über die&#x017F;e Frage &#x017F;ind: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Louis Reybaud</hi>, de l&#x2019;enseignement profes-<lb/>
sionel en France (Revue de deux Mondes 1. Mai 1864); M. <hi rendition="#g">le Ber-<lb/>
trand</hi>, Étude sur l&#x2019;enseignement professionel; <hi rendition="#g">Menu de St. Mes-<lb/>
nier</hi>, l&#x2019;enseignement professionel, étude historique et critique;</hi><lb/>
einen Ver&#x017F;uch, das engli&#x017F;che wirth&#x017F;chaftliche Bildungswe&#x017F;en darzu&#x017F;tellen<lb/>
von <hi rendition="#g">Margu<hi rendition="#aq">é</hi>rin</hi> und <hi rendition="#g">Mother<hi rendition="#aq">é</hi>e</hi> (<hi rendition="#aq">de l&#x2019;enseignement des classes<lb/>
moyennes et des classes ouvrières en Angleterre, rapport à Mr. le<lb/>
Préfet de la Seine</hi>). Viel Gerede und wenig Inhalt bei <hi rendition="#g">Audiganne</hi><lb/>
(<hi rendition="#aq">Les ouvriers d&#x2019;à présent 1865 p. 90 sq.</hi>). Von einer Unter&#x017F;uchung des<lb/>
gelehrten Bildungswe&#x017F;ens mit Ausnahme des juri&#x017F;ti&#x017F;chen (mehrere Auf-<lb/>
&#x017F;ätze in der <hi rendition="#aq">Revue de législation et de jurisprudence</hi> von <hi rendition="#g">Labou-<lb/>
laye, Wolowsky, Warnkönig</hi> u. a. we&#x017F;entlich in Vertretung der<lb/>
hi&#x017F;tori&#x017F;chen Rechtswi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft nach deut&#x017F;chen Vorbildern) i&#x017F;t keine Rede;<lb/>
in der That hatte nur die kleine, aber ausgezeichnete rechtshi&#x017F;tori&#x017F;che<lb/>
Schule Frankreichs eine klare Vor&#x017F;tellung von dem We&#x017F;en der deut&#x017F;chen<lb/>
Univer&#x017F;itäten, Laboulaye am mei&#x017F;ten für die Jurisprudenz, Wolowski<lb/>
für die Staatswirth&#x017F;chaften. Merkwürdig, daß die Medicin ganz zurück<lb/>
blieb. &#x2014; Die neueren Bearbeitungen wie die von <hi rendition="#g">Batbie, Laferri<hi rendition="#aq">è</hi>re</hi><lb/>
(<hi rendition="#aq">Droit admin. III. P. IV.</hi>) be&#x017F;chränken &#x017F;ich auf die Dar&#x017F;tellung des<lb/>
geltenden Rechts. In der deut&#x017F;chen Literatur i&#x017F;t wohl L. <hi rendition="#g">Hahn</hi> der<lb/>
er&#x017F;te, der das &#x201E;Unterrichtswe&#x017F;en in Frankreich 1848&#x201C; richtig und um-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;end dar&#x017F;tellte, natürlich ohne Beziehung auf die ihm folgende Ge-<lb/>
&#x017F;etzgebung. <hi rendition="#g">Holtzapfel</hi>, Mittheilungen über Erziehung und Unterricht<lb/>
in Frankreich 1853; we&#x017F;entlich pädagogi&#x017F;ch. Trefflich in &#x017F;einer Art i&#x017F;t<lb/>
der Artikel &#x201E;Frankreich&#x201C; von <hi rendition="#g">Bücheler</hi> bei Schmid Bd. <hi rendition="#aq">II.</hi> mit (nicht<lb/>
voll&#x017F;tändiger) Literatur; doch bezieht &#x017F;ich der&#x017F;elbe nur auf das Vor-<lb/>
bildungswe&#x017F;en. <hi rendition="#g">Block</hi> hat in &#x017F;einen ver&#x017F;chiedenen <hi rendition="#aq">Dictionnaires</hi> mehrere<lb/>
&#x017F;ehr gute Artikel; das po&#x017F;itive Recht neb&#x017F;t den Ausgaben der Ge&#x017F;etze<lb/>
von <hi rendition="#g">Jourdain</hi> <hi rendition="#aq">Dict. de l&#x2019;Administration, v. Instruction publique.</hi><lb/>
&#x2014; Es möge hier ge&#x017F;tattet &#x017F;ein, an die&#x017F;es Sy&#x017F;tem des franzö&#x017F;i&#x017F;chen<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0323] Beſeitigung des Lateiniſchen für die Section des sciences und in einer etwas größeren Ausdehnung der Mathematik erſchöpfte. Von einem Gewerbe- oder Fortbildungsſchulweſen war keine Rede. Auch Pompée, früherer Fourieriſt, fühlte das in ſeinem hübſch geſchriebenen Buche Études sur l’education professionelle en France richtig heraus; doch entſtand außer einigen gelegentlichen Revue-Artikeln keine weitere Literatur der Frage. Erſt mit dem Jahre 1860 entſteht eine neue Bewegung, welche dießmal ſich mit richtigem Inſtinkt des eigentlichen Gewerbeſchul- weſens, alſo der wirklichen éducation professionelle zuwendet. Es iſt hier nicht mehr der Sohn des wohlhabenden Bürgers, ſondern der eigentliche Arbeiter, deſſen Bildung man fordert. Die Hauptſchriften über dieſe Frage ſind: Louis Reybaud, de l’enseignement profes- sionel en France (Revue de deux Mondes 1. Mai 1864); M. le Ber- trand, Étude sur l’enseignement professionel; Menu de St. Mes- nier, l’enseignement professionel, étude historique et critique; einen Verſuch, das engliſche wirthſchaftliche Bildungsweſen darzuſtellen von Marguérin und Motherée (de l’enseignement des classes moyennes et des classes ouvrières en Angleterre, rapport à Mr. le Préfet de la Seine). Viel Gerede und wenig Inhalt bei Audiganne (Les ouvriers d’à présent 1865 p. 90 sq.). Von einer Unterſuchung des gelehrten Bildungsweſens mit Ausnahme des juriſtiſchen (mehrere Auf- ſätze in der Revue de législation et de jurisprudence von Labou- laye, Wolowsky, Warnkönig u. a. weſentlich in Vertretung der hiſtoriſchen Rechtswiſſenſchaft nach deutſchen Vorbildern) iſt keine Rede; in der That hatte nur die kleine, aber ausgezeichnete rechtshiſtoriſche Schule Frankreichs eine klare Vorſtellung von dem Weſen der deutſchen Univerſitäten, Laboulaye am meiſten für die Jurisprudenz, Wolowski für die Staatswirthſchaften. Merkwürdig, daß die Medicin ganz zurück blieb. — Die neueren Bearbeitungen wie die von Batbie, Laferrière (Droit admin. III. P. IV.) beſchränken ſich auf die Darſtellung des geltenden Rechts. In der deutſchen Literatur iſt wohl L. Hahn der erſte, der das „Unterrichtsweſen in Frankreich 1848“ richtig und um- faſſend darſtellte, natürlich ohne Beziehung auf die ihm folgende Ge- ſetzgebung. Holtzapfel, Mittheilungen über Erziehung und Unterricht in Frankreich 1853; weſentlich pädagogiſch. Trefflich in ſeiner Art iſt der Artikel „Frankreich“ von Bücheler bei Schmid Bd. II. mit (nicht vollſtändiger) Literatur; doch bezieht ſich derſelbe nur auf das Vor- bildungsweſen. Block hat in ſeinen verſchiedenen Dictionnaires mehrere ſehr gute Artikel; das poſitive Recht nebſt den Ausgaben der Geſetze von Jourdain Dict. de l’Administration, v. Instruction publique. — Es möge hier geſtattet ſein, an dieſes Syſtem des franzöſiſchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/323
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/323>, abgerufen am 25.11.2024.