Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.das Bildungswesen nicht schwer; namentlich indem man jene Bewegung X. Was zunächst den Elementarunterricht betrifft, so wird derselbe Bestimmter jedoch erscheint der Einfluß der staatsbürgerlichen Ge- das Bildungsweſen nicht ſchwer; namentlich indem man jene Bewegung X. Was zunächſt den Elementarunterricht betrifft, ſo wird derſelbe Beſtimmter jedoch erſcheint der Einfluß der ſtaatsbürgerlichen Ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0060" n="32"/> das Bildungsweſen nicht ſchwer; namentlich indem man jene Bewegung<lb/> auf die drei Grundformen des Bildungsweſens zurückführt.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">X.</hi> Was zunächſt den Elementarunterricht betrifft, ſo wird derſelbe<lb/> in der alten Heimath der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft, den Städten,<lb/> allmählig ſeit dem ſiebzehnten Jahrhundert eine <hi rendition="#g">allgemeine</hi> Aufgabe,<lb/> indem theils von den Gemeinden ſelbſt Volksſchulen begründet werden,<lb/> theils Stiftungen aller Art dafür entſtehen, theils einzelne Lehrunter-<lb/> nehmungen auftreten. Das alte ſtändiſche Element erhält ſich hier<lb/> allerdings in der Unterordnung der Schule unter die Kirche, aber im<lb/> Allgemeinen noch nicht zum Nachtheil der erſteren; denn einen Schul-<lb/> lehre<hi rendition="#g">rſtand</hi> und ein Lehrbildungsweſen gibt es nicht. Die Diener der<lb/> Kirche müſſen ihn erſetzen, wo er fehlt, und ihn leiten, wo er ohne<lb/> Vorbildung auftritt. Nur auf dem Lande geht die Sache ſehr lang-<lb/> ſam; hier iſt es die Regierung, welche am meiſten wirkt, während in<lb/> den Städten die Bürgerſchaften die Schulen in die Hand nehmen, und<lb/> ſchon ſehen wir die erſten Spuren der allgemeinen Bildung im Ele-<lb/> mentarunterricht auftreten, und den Beſitz der Elementarkenntniſſe zu<lb/> einer geſellſchaftlichen Forderung, zu einer erſten Bedingung der geſell-<lb/> ſchaftlichen Achtung werden.</p><lb/> <p>Beſtimmter jedoch erſcheint der Einfluß der ſtaatsbürgerlichen Ge-<lb/> ſellſchaft in der Berufsbildung. Bisher erſcheint als Beruf nur das,<lb/> was durch die gelehrte Bildung gegeben wird; nur auf den hohen<lb/> Schulen und Univerſitäten gibt es eine ſolche; was nicht dort gelehrt<lb/> wird, iſt noch keine „Wiſſenſchaft.“ Die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft<lb/> jedoch ſetzt als ihre weſentliche materielle Grundlage den Erwerb, und<lb/> mit ihr den Beſitz des freien gewerblichen Kapitals. Der Erwerb ſelbſt<lb/> wird dadurch ein <hi rendition="#g">ethiſches Element</hi>. Er entfaltet die ihm inwoh-<lb/> nende, bisher unbekannte Fähigkeit, <hi rendition="#g">jedem</hi> Einzelnen die perſönliche<lb/> Selbſtändigkeit, und damit die Freiheit zu geben, was bei der faſt aus-<lb/> ſchließlichen Herrſchaft des Grundbeſitzes als Form des Kapitals der<lb/> ſtändiſchen Geſellſchaft nicht möglich iſt. Das Streben nach Erwerb<lb/> wird ein ſittlicher Faktor; aber es wird bald klar, daß die große Be-<lb/> dingung des gewerblichen Erwerbs auch für die Nichtbeſitzenden die<lb/><hi rendition="#g">fachmäßige Bildung des Gewerbsſtandes iſt</hi>. Mit dem acht-<lb/> zehnten Jahrhundert reißt ſich dieſelbe daher von der bisherigen, alleinigen<lb/> Form der gelehrten Bildung los, und wird ſelbſtändig, wenn auch nur<lb/> noch unklar, verſuchsweiſe, örtlich, natürlich wieder nur in den Städten<lb/> ihre erſte Heimath ſuchend. Ihr Geſammtausdruck iſt die <hi rendition="#g">Realſchule</hi>.<lb/> Sie iſt in ihrem Auftreten und in ihrer Wirkung eine überwiegend<lb/><hi rendition="#g">ſociale</hi> Erſcheinung; ſie iſt der Ausdruck des Satzes, daß das ge-<lb/> werbliche Leben nicht mehr ein mechaniſches, ſondern zugleich ein geiſtiges<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0060]
das Bildungsweſen nicht ſchwer; namentlich indem man jene Bewegung
auf die drei Grundformen des Bildungsweſens zurückführt.
X. Was zunächſt den Elementarunterricht betrifft, ſo wird derſelbe
in der alten Heimath der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft, den Städten,
allmählig ſeit dem ſiebzehnten Jahrhundert eine allgemeine Aufgabe,
indem theils von den Gemeinden ſelbſt Volksſchulen begründet werden,
theils Stiftungen aller Art dafür entſtehen, theils einzelne Lehrunter-
nehmungen auftreten. Das alte ſtändiſche Element erhält ſich hier
allerdings in der Unterordnung der Schule unter die Kirche, aber im
Allgemeinen noch nicht zum Nachtheil der erſteren; denn einen Schul-
lehrerſtand und ein Lehrbildungsweſen gibt es nicht. Die Diener der
Kirche müſſen ihn erſetzen, wo er fehlt, und ihn leiten, wo er ohne
Vorbildung auftritt. Nur auf dem Lande geht die Sache ſehr lang-
ſam; hier iſt es die Regierung, welche am meiſten wirkt, während in
den Städten die Bürgerſchaften die Schulen in die Hand nehmen, und
ſchon ſehen wir die erſten Spuren der allgemeinen Bildung im Ele-
mentarunterricht auftreten, und den Beſitz der Elementarkenntniſſe zu
einer geſellſchaftlichen Forderung, zu einer erſten Bedingung der geſell-
ſchaftlichen Achtung werden.
Beſtimmter jedoch erſcheint der Einfluß der ſtaatsbürgerlichen Ge-
ſellſchaft in der Berufsbildung. Bisher erſcheint als Beruf nur das,
was durch die gelehrte Bildung gegeben wird; nur auf den hohen
Schulen und Univerſitäten gibt es eine ſolche; was nicht dort gelehrt
wird, iſt noch keine „Wiſſenſchaft.“ Die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft
jedoch ſetzt als ihre weſentliche materielle Grundlage den Erwerb, und
mit ihr den Beſitz des freien gewerblichen Kapitals. Der Erwerb ſelbſt
wird dadurch ein ethiſches Element. Er entfaltet die ihm inwoh-
nende, bisher unbekannte Fähigkeit, jedem Einzelnen die perſönliche
Selbſtändigkeit, und damit die Freiheit zu geben, was bei der faſt aus-
ſchließlichen Herrſchaft des Grundbeſitzes als Form des Kapitals der
ſtändiſchen Geſellſchaft nicht möglich iſt. Das Streben nach Erwerb
wird ein ſittlicher Faktor; aber es wird bald klar, daß die große Be-
dingung des gewerblichen Erwerbs auch für die Nichtbeſitzenden die
fachmäßige Bildung des Gewerbsſtandes iſt. Mit dem acht-
zehnten Jahrhundert reißt ſich dieſelbe daher von der bisherigen, alleinigen
Form der gelehrten Bildung los, und wird ſelbſtändig, wenn auch nur
noch unklar, verſuchsweiſe, örtlich, natürlich wieder nur in den Städten
ihre erſte Heimath ſuchend. Ihr Geſammtausdruck iſt die Realſchule.
Sie iſt in ihrem Auftreten und in ihrer Wirkung eine überwiegend
ſociale Erſcheinung; ſie iſt der Ausdruck des Satzes, daß das ge-
werbliche Leben nicht mehr ein mechaniſches, ſondern zugleich ein geiſtiges
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