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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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für das, was wir als Quellenwerke und öffentliche Tabellenwerke,
Publikationen amtlicher Untersuchungen und anderes bezeichnen. Die
Verwaltung kann nun solche Werke selbst herausgeben, und dieß
ist Grundsatz fast des ganzen Continents. Derselbe ist falsch. Die
Verwaltung muß vielmehr festhalten, daß auch solche Bücher Unter-
nehmungen sind. Sie soll sie daher in Druck und Verlag an Private
überlassen, eventuell Unterstützung geben, niemals selbst Verleger
sein. Jede Staatsdruckerei für Bücher -- wie für Zeitungen -- ist
an und für sich ein Mißverständniß; denn sie producirt unbedingt
theurer und vermag nie durch gehörigen Vertrieb die Werke ihrer
Bestimmung zuzuführen. Dasselbe gilt von Zeitschriften. Zeitschriften
des Staats sollen den Charakter der Bücher haben; die Verwaltung
soll solche Unternehmungen, wenn sie diesen Charakter besitzen, auch
in Privathänden unterstützen; haben sie einen andern Charakter, so
fallen sie unter die Flugschriften und die Tagespresse.

Es ist falsch zu glauben, daß es thunlich ist, eine Verwaltung
ohne ein Tagesblatt zu lassen. Sie bedarf eines Organs, durch
welches sie ihre Mittheilungen als Verwaltung auch täglich ver-
öffentlicht. Zu diesen Mittheilungen gehören nicht bloß Gesetze, sondern
auch alle andern auf die Verwaltung bezüglichen Veröffentlichungen, jedoch
nur solche, bei denen diese letzteren vermöge ihrer Natur eine Bedingung
der Verwaltungsthätigkeit in Finanzen, Recht und Innern ist. Solche
Blätter sind die Amtsblätter. Dagegen ist es nicht richtig, wenn die Ver-
waltung ein eigentliches Tagesblatt hat. Die Verwaltung kann nicht als
Partei gegenüber einer andern erscheinen; sie soll über den Parteien
stehen; die officiöse Presse dagegen gibt ihr diese Stellung, die ihr nie
etwas anders einträgt, als Angriffe. Daher denn kommt es, daß die
officiöse Presse stets im umgekehrten Verhältniß zur Stellung und zum
Recht der Volksvertretung steht. Je klarer die Stellung und Funktion
der letzteren, je unnöthiger die erstere, und umgekehrt; ja die officiöse
Presse wird in einem freien Staate der Regierung weit mehr Ver-
legenheiten als Nutzen bereiten. Daher sind Begriff sowohl als
Sache in England und in Nordamerika unbekannt, in Deutschland
wechseln sie, in Frankreich und Spanien stehen sie in voller Blüthe.
Das Dasein einer anerkannten officiösen Presse ist daher nie ein Zeichen
verfassungsmäßiger Gesundheit. Damit ist nicht ausgeschlossen, daß die
Regierung Mittheilungen an die Presse ergehen lasse; das Wesen der
officiösen Presse besteht nicht in solchen Mittheilungen, sondern viel-
mehr in der Aufgabe, grundsätzlich das was von Seiten der Regierung
geschieht, richtig zu finden; und das ist es, was ihre Natur umkehrt,
es unmöglich macht, die Volksvertretung oder die freie Presse zu

für das, was wir als Quellenwerke und öffentliche Tabellenwerke,
Publikationen amtlicher Unterſuchungen und anderes bezeichnen. Die
Verwaltung kann nun ſolche Werke ſelbſt herausgeben, und dieß
iſt Grundſatz faſt des ganzen Continents. Derſelbe iſt falſch. Die
Verwaltung muß vielmehr feſthalten, daß auch ſolche Bücher Unter-
nehmungen ſind. Sie ſoll ſie daher in Druck und Verlag an Private
überlaſſen, eventuell Unterſtützung geben, niemals ſelbſt Verleger
ſein. Jede Staatsdruckerei für Bücher — wie für Zeitungen — iſt
an und für ſich ein Mißverſtändniß; denn ſie producirt unbedingt
theurer und vermag nie durch gehörigen Vertrieb die Werke ihrer
Beſtimmung zuzuführen. Daſſelbe gilt von Zeitſchriften. Zeitſchriften
des Staats ſollen den Charakter der Bücher haben; die Verwaltung
ſoll ſolche Unternehmungen, wenn ſie dieſen Charakter beſitzen, auch
in Privathänden unterſtützen; haben ſie einen andern Charakter, ſo
fallen ſie unter die Flugſchriften und die Tagespreſſe.

Es iſt falſch zu glauben, daß es thunlich iſt, eine Verwaltung
ohne ein Tagesblatt zu laſſen. Sie bedarf eines Organs, durch
welches ſie ihre Mittheilungen als Verwaltung auch täglich ver-
öffentlicht. Zu dieſen Mittheilungen gehören nicht bloß Geſetze, ſondern
auch alle andern auf die Verwaltung bezüglichen Veröffentlichungen, jedoch
nur ſolche, bei denen dieſe letzteren vermöge ihrer Natur eine Bedingung
der Verwaltungsthätigkeit in Finanzen, Recht und Innern iſt. Solche
Blätter ſind die Amtsblätter. Dagegen iſt es nicht richtig, wenn die Ver-
waltung ein eigentliches Tagesblatt hat. Die Verwaltung kann nicht als
Partei gegenüber einer andern erſcheinen; ſie ſoll über den Parteien
ſtehen; die officiöſe Preſſe dagegen gibt ihr dieſe Stellung, die ihr nie
etwas anders einträgt, als Angriffe. Daher denn kommt es, daß die
officiöſe Preſſe ſtets im umgekehrten Verhältniß zur Stellung und zum
Recht der Volksvertretung ſteht. Je klarer die Stellung und Funktion
der letzteren, je unnöthiger die erſtere, und umgekehrt; ja die officiöſe
Preſſe wird in einem freien Staate der Regierung weit mehr Ver-
legenheiten als Nutzen bereiten. Daher ſind Begriff ſowohl als
Sache in England und in Nordamerika unbekannt, in Deutſchland
wechſeln ſie, in Frankreich und Spanien ſtehen ſie in voller Blüthe.
Das Daſein einer anerkannten officiöſen Preſſe iſt daher nie ein Zeichen
verfaſſungsmäßiger Geſundheit. Damit iſt nicht ausgeſchloſſen, daß die
Regierung Mittheilungen an die Preſſe ergehen laſſe; das Weſen der
officiöſen Preſſe beſteht nicht in ſolchen Mittheilungen, ſondern viel-
mehr in der Aufgabe, grundſätzlich das was von Seiten der Regierung
geſchieht, richtig zu finden; und das iſt es, was ihre Natur umkehrt,
es unmöglich macht, die Volksvertretung oder die freie Preſſe zu

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[57/0073] für das, was wir als Quellenwerke und öffentliche Tabellenwerke, Publikationen amtlicher Unterſuchungen und anderes bezeichnen. Die Verwaltung kann nun ſolche Werke ſelbſt herausgeben, und dieß iſt Grundſatz faſt des ganzen Continents. Derſelbe iſt falſch. Die Verwaltung muß vielmehr feſthalten, daß auch ſolche Bücher Unter- nehmungen ſind. Sie ſoll ſie daher in Druck und Verlag an Private überlaſſen, eventuell Unterſtützung geben, niemals ſelbſt Verleger ſein. Jede Staatsdruckerei für Bücher — wie für Zeitungen — iſt an und für ſich ein Mißverſtändniß; denn ſie producirt unbedingt theurer und vermag nie durch gehörigen Vertrieb die Werke ihrer Beſtimmung zuzuführen. Daſſelbe gilt von Zeitſchriften. Zeitſchriften des Staats ſollen den Charakter der Bücher haben; die Verwaltung ſoll ſolche Unternehmungen, wenn ſie dieſen Charakter beſitzen, auch in Privathänden unterſtützen; haben ſie einen andern Charakter, ſo fallen ſie unter die Flugſchriften und die Tagespreſſe. Es iſt falſch zu glauben, daß es thunlich iſt, eine Verwaltung ohne ein Tagesblatt zu laſſen. Sie bedarf eines Organs, durch welches ſie ihre Mittheilungen als Verwaltung auch täglich ver- öffentlicht. Zu dieſen Mittheilungen gehören nicht bloß Geſetze, ſondern auch alle andern auf die Verwaltung bezüglichen Veröffentlichungen, jedoch nur ſolche, bei denen dieſe letzteren vermöge ihrer Natur eine Bedingung der Verwaltungsthätigkeit in Finanzen, Recht und Innern iſt. Solche Blätter ſind die Amtsblätter. Dagegen iſt es nicht richtig, wenn die Ver- waltung ein eigentliches Tagesblatt hat. Die Verwaltung kann nicht als Partei gegenüber einer andern erſcheinen; ſie ſoll über den Parteien ſtehen; die officiöſe Preſſe dagegen gibt ihr dieſe Stellung, die ihr nie etwas anders einträgt, als Angriffe. Daher denn kommt es, daß die officiöſe Preſſe ſtets im umgekehrten Verhältniß zur Stellung und zum Recht der Volksvertretung ſteht. Je klarer die Stellung und Funktion der letzteren, je unnöthiger die erſtere, und umgekehrt; ja die officiöſe Preſſe wird in einem freien Staate der Regierung weit mehr Ver- legenheiten als Nutzen bereiten. Daher ſind Begriff ſowohl als Sache in England und in Nordamerika unbekannt, in Deutſchland wechſeln ſie, in Frankreich und Spanien ſtehen ſie in voller Blüthe. Das Daſein einer anerkannten officiöſen Preſſe iſt daher nie ein Zeichen verfaſſungsmäßiger Geſundheit. Damit iſt nicht ausgeſchloſſen, daß die Regierung Mittheilungen an die Preſſe ergehen laſſe; das Weſen der officiöſen Preſſe beſteht nicht in ſolchen Mittheilungen, ſondern viel- mehr in der Aufgabe, grundſätzlich das was von Seiten der Regierung geſchieht, richtig zu finden; und das iſt es, was ihre Natur umkehrt, es unmöglich macht, die Volksvertretung oder die freie Preſſe zu

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/73>, abgerufen am 24.11.2024.