Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.und zwar durch die Gesetzgebung selbst. Gleichzeitig nämlich neben der Stein, die Verwaltungslehre. VI. 5
und zwar durch die Geſetzgebung ſelbſt. Gleichzeitig nämlich neben der Stein, die Verwaltungslehre. VI. 5
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und zwar durch die Geſetzgebung ſelbſt. Gleichzeitig nämlich neben der
Con. Cr. Carolina traten bekanntlich die Rechtspolizeiordnungen auf.
Obwohl es ſich damals noch um keine philoſophiſche Begründung des
Begriffs von Verbrechen und Strafe handelte, ſo ſagte doch den
Theoretikern wie den Geſetzgebern das richtige Gefühl, daß in dieſen
beiden Geſetzgruppen zwei weſentlich verſchiedene ſtrafrechtliche Verhält-
niſſe enthalten ſeien — dieſelben, die wir als das peinliche und das
Verwaltungs- oder Polizeiſtrafrecht bezeichnet haben. Den Commen-
tatoren der Carolina fiel es daher gar nicht ein, Grundſätze aus den
Reichspolizeiordnungen aufzunehmen, obwohl es ſich auch in ihnen um
zum Theil ſehr ernſte Strafen handelte. Die vage Vorſtellung von
einem Polizeirecht ſchied ſich auf dieſe Weiſe ſchon damals von dem
Strafrecht, und dieſe Scheidung ging dann ſpäter in das Syſtem des
Strafrechts über, ohne daß man den tiefern Grund derſelben unter-
ſucht hätte. Das blieb, bis mit dem Code Pénal das Polizeiſtrafrecht
in das peinliche aufgenommen wurde, wie wir es dargeſtellt haben.
Verſchiedene deutſche Geſetzgebungen folgten dieſem Beiſpiel; andere da-
gegen ſchieden das Polizeiſtrafrecht in den Polizeiſtrafgeſetzbüchern aus.
Dadurch blieb es der Theorie des gemeinen deutſchen Strafrechts mög-
lich, auch jetzt noch das Polizeiſtrafrecht von ſich fern zu halten, ſo daß
kaum das Wort Polizei, geſchweige denn der Inhalt derſelben bei ihnen
vorkommt. Dieß iſt der Charakter des gegenwärtigen Verhältniſſes;
ſeine tieferen Beziehungen ſind im Polizeirecht entwickelt. Eine der
wichtigen Folgen davon war, daß in dem ganzen Gebiet des peinlichen
Strafrechts das ganze Recht der Preſſe überhaupt nicht aufgenommen
iſt; denn ſchon im Beginne hat die Carolina ſich um die ganze Preſſe
gar nicht gekümmert, während gleichzeitig das Preßpolizeirecht in den
Reichspolizeiordnungen ſeit 1524 beſtändig und mit großem Nach-
druck behandelt iſt. Das nun iſt ein großer Nachtheil für die Behand-
lung aller juriſtiſchen Preßfragen geworden und die üblen Folgen der-
ſelben ziehen ſich hin bis auf den heutigen Tag. Man iſt immer
dabei ſtehen geblieben, daß das geſammte Preßrecht ausſchließlich der
Polizei gehöre. Und in der That war der polizeiliche Geſichtspunkt
in dem Kampf gegen die Preßfreiheit während dieſer drei Jahrhunderte
ſo überwiegend, daß die eigentliche Jurisprudenz am liebſten mit der
Sache gar nichts zu thun hatte. Sie beſchränkte ſich daher hartnäckig
auf den Geſichtspunkt, gar keinen Begriff des Preßverbrechens und
Preßvergehens anzunehmen, von dem Standpunkte ausgehend, daß eben
die Preſſe als ſolche keinen Thatbeſtand des Verbrechens enthalte,
ſondern im Weſentlichen vollkommen gleichartig mit den übrigen
Mitteln und Formen des Gedankenausdrucks, Wort, Schrift und Bild,
Stein, die Verwaltungslehre. VI. 5
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