Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.Indem wir auf diese Weise das ganze Entlastungswesen in die Auch dieser hängt aufs engste mit dem gesellschaftlichen Wesen der Jede Gesellschaftsordnung erzeugt neben dem Großen, Glänzenden Die Gesellschaftslehre zeigt nun, daß dieß nur so lange möglich Die Geschichte Europas zeigt nun, daß die Geschlechterordnung, die Indem wir auf dieſe Weiſe das ganze Entlaſtungsweſen in die Auch dieſer hängt aufs engſte mit dem geſellſchaftlichen Weſen der Jede Geſellſchaftsordnung erzeugt neben dem Großen, Glänzenden Die Geſellſchaftslehre zeigt nun, daß dieß nur ſo lange möglich Die Geſchichte Europas zeigt nun, daß die Geſchlechterordnung, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <pb facs="#f0112" n="94"/> <p>Indem wir auf dieſe Weiſe das ganze Entlaſtungsweſen in die<lb/> Verwaltungslehre aufnehmen, iſt es nunmehr nothwendig, nachdem ſein<lb/> ſocialer Charakter entwickelt iſt, ſein Verhältniß zum <hi rendition="#g">Staat</hi>, das iſt<lb/> ſeinen adminiſtrativen Charakter zu bezeichnen.</p><lb/> <p>Auch dieſer hängt aufs engſte mit dem geſellſchaftlichen Weſen der<lb/> Entlaſtung zuſammen.</p><lb/> <p>Jede Geſellſchaftsordnung erzeugt neben dem Großen, Glänzenden<lb/> und Dauernden, das nur ſie hervorbringen kann, zugleich auf Grund-<lb/> lage des geſellſchaftlichen Intereſſes ihrer Klaſſen die ihr eigenthümliche<lb/> Geſtalt der geſellſchaftlichen Unfreiheit. Das Weſen dieſer Unfreiheit<lb/> beſteht in <hi rendition="#g">allen</hi> Geſellſchaftsordnungen darin, durch eine beſtimmte<lb/> Form der Vertheilung des Beſitzes dem Recht auf öffentliche Herrſchaft<lb/> den Charakter des Privatrechts zu verleihen. Das freiheitliche Element<lb/> kämpft nun gegen eine ſolche Ordnung; und ſo entſteht die große hiſto-<lb/> riſche Frage, ob überhaupt eine beſtimmte Geſellſchaftsordnung fähig<lb/> ſei, eine höhere und freiere Geſtaltung aus <hi rendition="#g">ihren eigenen</hi> Elementen<lb/> heraus zu erzeugen.</p><lb/> <p>Die Geſellſchaftslehre zeigt nun, daß dieß nur <hi rendition="#g">ſo lange</hi> möglich<lb/> iſt, als die Rechte der herrſchenden Klaſſe noch nicht mit Beſitz und<lb/> Erwerb identificirt worden ſind. Sobald dieß aber eingetreten iſt, ver-<lb/> liert die betreffende Geſellſchaftsordnung die Fähigkeit, aus ſich ſelber<lb/> heraus fortſchreiten zu können. Der Fortſchritt zu einer höheren Ge-<lb/> ſtaltung iſt dann nur dadurch möglich, daß die Gewalt, die <hi rendition="#g">über</hi><lb/> jedem geſellſchaftlichen Intereſſe ſteht, der Staat helfend einſchreitet.<lb/> Der Organismus, durch den er dieſe ſeine Hilfe vollzieht, iſt die Ver-<lb/> waltung. Und der Gang dieſer Verwaltung iſt dabei ſtets der, daß<lb/> zuerſt das abſtrakte Rechtsprincip der ſtaatsbürgerlichen Gleichheit an-<lb/> erkannt wird, daß dann einzelne Verwaltungsmaßregeln verſucht werden,<lb/> und dabei heftige Kämpfe aller Art entſtehen; daß aber der Staat erſt<lb/> dann den definitiven Sieg über die vorhandene ſociale Unfreiheit<lb/> gewinnt, wenn <hi rendition="#g">er die Beſitz- und Erwerbsverhältniſſe</hi> in der<lb/> Weiſe ordnet, daß ſie der freien individuellen Entwicklung und der<lb/> Rechtsgleichheit nicht mehr entgegen ſtehen. Das Eingreifen in die<lb/> wirthſchaftlichen Verhältniſſe und ihr Recht bildet daher <hi rendition="#g">ſtets</hi> den<lb/> Schlußpunkt einer jeden großen geſellſchaftlichen Bewegung.</p><lb/> <p>Die Geſchichte Europas zeigt nun, daß die Geſchlechterordnung, die<lb/> in allen europäiſchen Völkern herrſcht, auf ſich ſelbſt angewieſen, von<lb/> der urſprünglichen Freiheit und Gleichheit immer tiefer in die Herrſchaft<lb/> der herrſchenden Klaſſe und die Unfreiheit der Beherrſchten verſinkt.<lb/> Die höhere Idee des Staats, im Königthum verkörpert, erſcheint daher<lb/> als das gewaltige Element der Befreiung der beherrſchten Klaſſe der<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0112]
Indem wir auf dieſe Weiſe das ganze Entlaſtungsweſen in die
Verwaltungslehre aufnehmen, iſt es nunmehr nothwendig, nachdem ſein
ſocialer Charakter entwickelt iſt, ſein Verhältniß zum Staat, das iſt
ſeinen adminiſtrativen Charakter zu bezeichnen.
Auch dieſer hängt aufs engſte mit dem geſellſchaftlichen Weſen der
Entlaſtung zuſammen.
Jede Geſellſchaftsordnung erzeugt neben dem Großen, Glänzenden
und Dauernden, das nur ſie hervorbringen kann, zugleich auf Grund-
lage des geſellſchaftlichen Intereſſes ihrer Klaſſen die ihr eigenthümliche
Geſtalt der geſellſchaftlichen Unfreiheit. Das Weſen dieſer Unfreiheit
beſteht in allen Geſellſchaftsordnungen darin, durch eine beſtimmte
Form der Vertheilung des Beſitzes dem Recht auf öffentliche Herrſchaft
den Charakter des Privatrechts zu verleihen. Das freiheitliche Element
kämpft nun gegen eine ſolche Ordnung; und ſo entſteht die große hiſto-
riſche Frage, ob überhaupt eine beſtimmte Geſellſchaftsordnung fähig
ſei, eine höhere und freiere Geſtaltung aus ihren eigenen Elementen
heraus zu erzeugen.
Die Geſellſchaftslehre zeigt nun, daß dieß nur ſo lange möglich
iſt, als die Rechte der herrſchenden Klaſſe noch nicht mit Beſitz und
Erwerb identificirt worden ſind. Sobald dieß aber eingetreten iſt, ver-
liert die betreffende Geſellſchaftsordnung die Fähigkeit, aus ſich ſelber
heraus fortſchreiten zu können. Der Fortſchritt zu einer höheren Ge-
ſtaltung iſt dann nur dadurch möglich, daß die Gewalt, die über
jedem geſellſchaftlichen Intereſſe ſteht, der Staat helfend einſchreitet.
Der Organismus, durch den er dieſe ſeine Hilfe vollzieht, iſt die Ver-
waltung. Und der Gang dieſer Verwaltung iſt dabei ſtets der, daß
zuerſt das abſtrakte Rechtsprincip der ſtaatsbürgerlichen Gleichheit an-
erkannt wird, daß dann einzelne Verwaltungsmaßregeln verſucht werden,
und dabei heftige Kämpfe aller Art entſtehen; daß aber der Staat erſt
dann den definitiven Sieg über die vorhandene ſociale Unfreiheit
gewinnt, wenn er die Beſitz- und Erwerbsverhältniſſe in der
Weiſe ordnet, daß ſie der freien individuellen Entwicklung und der
Rechtsgleichheit nicht mehr entgegen ſtehen. Das Eingreifen in die
wirthſchaftlichen Verhältniſſe und ihr Recht bildet daher ſtets den
Schlußpunkt einer jeden großen geſellſchaftlichen Bewegung.
Die Geſchichte Europas zeigt nun, daß die Geſchlechterordnung, die
in allen europäiſchen Völkern herrſcht, auf ſich ſelbſt angewieſen, von
der urſprünglichen Freiheit und Gleichheit immer tiefer in die Herrſchaft
der herrſchenden Klaſſe und die Unfreiheit der Beherrſchten verſinkt.
Die höhere Idee des Staats, im Königthum verkörpert, erſcheint daher
als das gewaltige Element der Befreiung der beherrſchten Klaſſe der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |