Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.von da an eine feste Gestalt sowohl in der Praxis als in der Litera- Was nun die Arbeiten nach 1848 betrifft, so haben wir nur zu Fassen wir nun das Gesammtergebniß dieser kurzen Geschichte von da an eine feſte Geſtalt ſowohl in der Praxis als in der Litera- Was nun die Arbeiten nach 1848 betrifft, ſo haben wir nur zu Faſſen wir nun das Geſammtergebniß dieſer kurzen Geſchichte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0208" n="190"/> von da an eine feſte Geſtalt ſowohl in der Praxis als in der Litera-<lb/> tur. Die ganze dritte Epoche, von 1830 bis 1848, bewegt ſich daher<lb/> jetzt auf dieſer Baſis und die Entlaſtungsliteratur bildet jetzt einen<lb/> integrirenden Theil der Thätigkeit der Verwaltungen, zwar ohne eigent-<lb/> liche Initiative, aber doch als unterſtützender und erklärender, keines-<lb/> weges zu unterſchätzender Faktor der wirklichen Entlaſtungsgeſetzgebung,<lb/> zu der wir jetzt übergehen. Wie ſehr iſt es zu bedauern, daß <hi rendition="#g">Judeich</hi><lb/> in ſeinem höchſt achtungswerthen Werke über die Grundentlaſtung<lb/> nicht eine Geſchichte dieſer Entlaſtungsliteratur gegeben hat, nachdem<lb/><hi rendition="#g">Kochs</hi> Agrargeſetzgebung in dieſer Beziehung ſo gut als gar nichts<lb/> geleiſtet hat! Die Geſchichte der deutſchen Geſellſchaft würde dadurch<lb/> einen unſchätzbaren Stoff gewonnen haben, und Judeich hätte jene<lb/> Geſchichte gewiß geben können, vielleicht auch ſollen.</p><lb/> <p>Was nun die Arbeiten <hi rendition="#g">nach</hi> 1848 betrifft, ſo haben wir nur zu<lb/> bemerken, daß <hi rendition="#g">Kochs</hi> bekannte Agrargeſetze des preußiſchen Staats<lb/> ſich allein auf die Sammlung der geltenden preußiſchen Geſetze be-<lb/> ſchränken, während <hi rendition="#g">Sugenheim</hi> nicht beſtimmt genug die Entlaſtun-<lb/> gen ſcheidet; übrigens aber als der bedeutend großartigere Nachfolger<lb/><hi rendition="#g">Kindlingers</hi> und <hi rendition="#g">Sommers</hi> daſteht, und der erſte iſt, dem wir<lb/> einen Blick in den Befreiungsproceß des Bauernſtandes auch der übri-<lb/> gen Staaten Europas verdanken; doch fehlt ihm das Bewußtſein von dem<lb/> juriſtiſchen Elemente, das zu ſehr in das ſociale übergeht. Er wird<lb/> trotzdem auf lange Zeit hinaus der bedeutendſte Mann in dieſem Ge-<lb/> biete bleiben. <hi rendition="#g">Judeich</hi> („Die Grundentlaſtung in Deutſchland 1863)<lb/> iſt eine höchſt ſchätzenswerthe Bearbeitung des beſtehenden Entlaſtungs-<lb/> rechts in den einzelnen deutſchen Staaten, die um ſo dankenswerther<lb/> iſt, je weniger ſich die Staatswiſſenſchaft bisher um das Poſitive ge-<lb/> kümmert hat. Daß <hi rendition="#g">Rau</hi> und <hi rendition="#g">Roſcher</hi> die ganze Theorie der Ent-<lb/> laſtung <hi rendition="#g">noch immer</hi> als einen eminenten Theil der Volkswirthſchafts-<lb/> pflege theoretiſch und ſyſtematiſch fortführen, nachdem das alles weder<lb/> einen theoretiſchen noch praktiſchen Werth mehr hat, iſt namentlich für<lb/> die ſogenannte „hiſtoriſche Methode“ geradezu unbegreiflich, und muß<lb/> die ganze Lehre verwirren. Alle die verſchiedenen Arten und Formen<lb/> der Ablöſung waren praktiſch bis die definitiven Geſetze erlaſſen wurden;<lb/> jetzt ſind ſie nur noch die Zeichen der Arbeit, mit der die Theorie über<lb/> dieſen Stoff Herr geworden iſt. Das Nähere gehört entweder der Ge-<lb/> ſchichte oder der Interpretation der Geſetze; die ernſthafte Beſprechung<lb/> des Stillſtandes, in den Preußens Regierung gerathen iſt, hat auch<lb/> bei ihnen keinen Platz gefunden.</p><lb/> <p>Faſſen wir nun das Geſammtergebniß dieſer kurzen Geſchichte<lb/> der Entlaſtungsliteratur ſeit hundert Jahren zuſammen, ſo beſteht<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0208]
von da an eine feſte Geſtalt ſowohl in der Praxis als in der Litera-
tur. Die ganze dritte Epoche, von 1830 bis 1848, bewegt ſich daher
jetzt auf dieſer Baſis und die Entlaſtungsliteratur bildet jetzt einen
integrirenden Theil der Thätigkeit der Verwaltungen, zwar ohne eigent-
liche Initiative, aber doch als unterſtützender und erklärender, keines-
weges zu unterſchätzender Faktor der wirklichen Entlaſtungsgeſetzgebung,
zu der wir jetzt übergehen. Wie ſehr iſt es zu bedauern, daß Judeich
in ſeinem höchſt achtungswerthen Werke über die Grundentlaſtung
nicht eine Geſchichte dieſer Entlaſtungsliteratur gegeben hat, nachdem
Kochs Agrargeſetzgebung in dieſer Beziehung ſo gut als gar nichts
geleiſtet hat! Die Geſchichte der deutſchen Geſellſchaft würde dadurch
einen unſchätzbaren Stoff gewonnen haben, und Judeich hätte jene
Geſchichte gewiß geben können, vielleicht auch ſollen.
Was nun die Arbeiten nach 1848 betrifft, ſo haben wir nur zu
bemerken, daß Kochs bekannte Agrargeſetze des preußiſchen Staats
ſich allein auf die Sammlung der geltenden preußiſchen Geſetze be-
ſchränken, während Sugenheim nicht beſtimmt genug die Entlaſtun-
gen ſcheidet; übrigens aber als der bedeutend großartigere Nachfolger
Kindlingers und Sommers daſteht, und der erſte iſt, dem wir
einen Blick in den Befreiungsproceß des Bauernſtandes auch der übri-
gen Staaten Europas verdanken; doch fehlt ihm das Bewußtſein von dem
juriſtiſchen Elemente, das zu ſehr in das ſociale übergeht. Er wird
trotzdem auf lange Zeit hinaus der bedeutendſte Mann in dieſem Ge-
biete bleiben. Judeich („Die Grundentlaſtung in Deutſchland 1863)
iſt eine höchſt ſchätzenswerthe Bearbeitung des beſtehenden Entlaſtungs-
rechts in den einzelnen deutſchen Staaten, die um ſo dankenswerther
iſt, je weniger ſich die Staatswiſſenſchaft bisher um das Poſitive ge-
kümmert hat. Daß Rau und Roſcher die ganze Theorie der Ent-
laſtung noch immer als einen eminenten Theil der Volkswirthſchafts-
pflege theoretiſch und ſyſtematiſch fortführen, nachdem das alles weder
einen theoretiſchen noch praktiſchen Werth mehr hat, iſt namentlich für
die ſogenannte „hiſtoriſche Methode“ geradezu unbegreiflich, und muß
die ganze Lehre verwirren. Alle die verſchiedenen Arten und Formen
der Ablöſung waren praktiſch bis die definitiven Geſetze erlaſſen wurden;
jetzt ſind ſie nur noch die Zeichen der Arbeit, mit der die Theorie über
dieſen Stoff Herr geworden iſt. Das Nähere gehört entweder der Ge-
ſchichte oder der Interpretation der Geſetze; die ernſthafte Beſprechung
des Stillſtandes, in den Preußens Regierung gerathen iſt, hat auch
bei ihnen keinen Platz gefunden.
Faſſen wir nun das Geſammtergebniß dieſer kurzen Geſchichte
der Entlaſtungsliteratur ſeit hundert Jahren zuſammen, ſo beſteht
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