Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.dargelegte Bewegung im Grunde nur die Geschlechterrechte so weit Darnach nun ergeben sich die seit 1848 für diese eigentliche Grund- Zuerst ist die Entlastung nicht mehr ein Recht der Betheiligten, dargelegte Bewegung im Grunde nur die Geſchlechterrechte ſo weit Darnach nun ergeben ſich die ſeit 1848 für dieſe eigentliche Grund- Zuerſt iſt die Entlaſtung nicht mehr ein Recht der Betheiligten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0237" n="219"/> dargelegte Bewegung im Grunde nur die Geſchlechterrechte <hi rendition="#g">ſo weit</hi><lb/> beſeitigen wollte, als ſie der Entwicklung des bäuerlichen <hi rendition="#g">Wohl-<lb/> ſtandes</hi> entgegenſtanden, und da aufhörte, wo dieſe aufhörte eine<lb/> Frage zu ſein, handelt es ſich um das volle und unbeſchränkte <hi rendition="#g">Eigen-<lb/> thum</hi>. Während daher die Geſetze vor 1848 des volkswirthſchaftlichen<lb/> Beweiſes bedürfen, und ihn ſuchen und finden, daß die möglichſte Frei-<lb/> heit des Bauernſtandes das <hi rendition="#g">Nützlichſte</hi> für die Geſammtheit ſei, ſtehen<lb/> die Geſetze nach 1848 auf dem Standpunkt, daß dieſe Freiheit <hi rendition="#g">an<lb/> und für ſich</hi> als nothwendig erkannt werden müſſe. Während deß-<lb/> halb endlich der Schwerpunkt der Ablöſung vor 1848 in der Verein-<lb/> barung liegt, liegt er ſeit 1848 in dem Willen des Staats, dem Geſetze.<lb/> Der Bruch mit der früheren Epoche iſt ein principieller; und jetzt erſt<lb/> kann daher auch aus dieſer Befreiung des Bauernſtandes erſt die <hi rendition="#g">Selbſt-<lb/> verwaltung</hi> hervorgehen. Daher ferner wird das Volksbewußtſein<lb/> Deutſchlands erſt ſeit dieſer Zeit für jenen Begriff empfänglich; daher<lb/> die charakteriſtiſche Erſcheinung, daß jetzt erſt die Zuſtände Englands<lb/> ſtudirt, das Intereſſe an der Vergleichung mit den übrigen Völkern<lb/> ein lebendiges wird; denn jetzt erſt fühlt ſich Deutſchland dieſen ſeinen<lb/> Nachbarn ebenbürtig. Und von dieſem Standpunkt muß das Princip<lb/> der vollen Grundentlaſtung aufgefaßt werden.</p><lb/> <p>Darnach nun ergeben ſich die ſeit 1848 für dieſe eigentliche Grund-<lb/> entlaſtung geltenden allgemeinen Principien zugleich als Baſis für die<lb/> Vergleichung der betreffenden Geſetzgebungen in folgender Weiſe.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Zuerſt</hi> iſt die Entlaſtung nicht mehr ein Recht der Betheiligten,<lb/> ſondern ſie iſt eine geſetzliche <hi rendition="#g">Pflicht</hi>. Sie <hi rendition="#g">muß</hi> ſtattfinden. Aller-<lb/> dings hat die freie Vereinbarung über die Modalitäten den Vorrang;<lb/> allein die Entlaſtung ſelbſt iſt nicht von ihr abhängig; ſondern wenn<lb/> jene nicht ſtattfindet, tritt die geſetzliche ſelbſtthätig ein. Dieſer Grundſatz<lb/> bildet den Ausgangspunkt für eine Reihe anderer Beſtimmungen, welche<lb/> nur als die Conſequenzen deſſelben angeſehen werden müſſen. <hi rendition="#g">Zuerſt</hi><lb/> folgt daraus die Aufſtellung eines eigenen amtlichen <hi rendition="#g">Organes</hi> mit<lb/> beſtimmten Inſtruktionen für ſeine Thätigkeit; zu dieſer gehört denn<lb/> auch die Prüfung, eventuell Beſtätigung der etwa vereinbarten Ver-<lb/> träge. <hi rendition="#g">Zweitens</hi> wird das Verfahren dabei ein möglichſt kurzes und<lb/> billiges ſein. <hi rendition="#g">Drittens</hi> können etwaige Rechtsanſprüche Dritter (wie<lb/> Pfandrechte und dingliche Servituten) den Proceß der Entlaſtung nicht<lb/> hindern; nur werden ihre Anſprüche ſicher geſtellt. <hi rendition="#g">Viertens</hi> aber,<lb/> und das iſt das Entſcheidende, erkennt der Staat die Nothwendigkeit<lb/> der Entlaſtung weſentlich dadurch an, daß er den Verpflichteten die<lb/> nöthigen <hi rendition="#g">Kapitalien</hi> in irgend einer Form darleiht, ſo daß die-<lb/> ſelbe nicht mehr, wie meiſtens vor 1848, von dem Kapitalbeſitze<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [219/0237]
dargelegte Bewegung im Grunde nur die Geſchlechterrechte ſo weit
beſeitigen wollte, als ſie der Entwicklung des bäuerlichen Wohl-
ſtandes entgegenſtanden, und da aufhörte, wo dieſe aufhörte eine
Frage zu ſein, handelt es ſich um das volle und unbeſchränkte Eigen-
thum. Während daher die Geſetze vor 1848 des volkswirthſchaftlichen
Beweiſes bedürfen, und ihn ſuchen und finden, daß die möglichſte Frei-
heit des Bauernſtandes das Nützlichſte für die Geſammtheit ſei, ſtehen
die Geſetze nach 1848 auf dem Standpunkt, daß dieſe Freiheit an
und für ſich als nothwendig erkannt werden müſſe. Während deß-
halb endlich der Schwerpunkt der Ablöſung vor 1848 in der Verein-
barung liegt, liegt er ſeit 1848 in dem Willen des Staats, dem Geſetze.
Der Bruch mit der früheren Epoche iſt ein principieller; und jetzt erſt
kann daher auch aus dieſer Befreiung des Bauernſtandes erſt die Selbſt-
verwaltung hervorgehen. Daher ferner wird das Volksbewußtſein
Deutſchlands erſt ſeit dieſer Zeit für jenen Begriff empfänglich; daher
die charakteriſtiſche Erſcheinung, daß jetzt erſt die Zuſtände Englands
ſtudirt, das Intereſſe an der Vergleichung mit den übrigen Völkern
ein lebendiges wird; denn jetzt erſt fühlt ſich Deutſchland dieſen ſeinen
Nachbarn ebenbürtig. Und von dieſem Standpunkt muß das Princip
der vollen Grundentlaſtung aufgefaßt werden.
Darnach nun ergeben ſich die ſeit 1848 für dieſe eigentliche Grund-
entlaſtung geltenden allgemeinen Principien zugleich als Baſis für die
Vergleichung der betreffenden Geſetzgebungen in folgender Weiſe.
Zuerſt iſt die Entlaſtung nicht mehr ein Recht der Betheiligten,
ſondern ſie iſt eine geſetzliche Pflicht. Sie muß ſtattfinden. Aller-
dings hat die freie Vereinbarung über die Modalitäten den Vorrang;
allein die Entlaſtung ſelbſt iſt nicht von ihr abhängig; ſondern wenn
jene nicht ſtattfindet, tritt die geſetzliche ſelbſtthätig ein. Dieſer Grundſatz
bildet den Ausgangspunkt für eine Reihe anderer Beſtimmungen, welche
nur als die Conſequenzen deſſelben angeſehen werden müſſen. Zuerſt
folgt daraus die Aufſtellung eines eigenen amtlichen Organes mit
beſtimmten Inſtruktionen für ſeine Thätigkeit; zu dieſer gehört denn
auch die Prüfung, eventuell Beſtätigung der etwa vereinbarten Ver-
träge. Zweitens wird das Verfahren dabei ein möglichſt kurzes und
billiges ſein. Drittens können etwaige Rechtsanſprüche Dritter (wie
Pfandrechte und dingliche Servituten) den Proceß der Entlaſtung nicht
hindern; nur werden ihre Anſprüche ſicher geſtellt. Viertens aber,
und das iſt das Entſcheidende, erkennt der Staat die Nothwendigkeit
der Entlaſtung weſentlich dadurch an, daß er den Verpflichteten die
nöthigen Kapitalien in irgend einer Form darleiht, ſo daß die-
ſelbe nicht mehr, wie meiſtens vor 1848, von dem Kapitalbeſitze
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