der wohl so genannten deutsch-russischen Schule, hat sich in seiner "Staats- wirthschaft" oder Lehre vom Nationalreichthum (1804. 2 Bde.) mit der principiellen Frage gar nicht abzugeben, die Materie aber ohne System durch einander geworfen. Eben so unsicher bleibt Hufeland, trotz dem daß er Soden weit an dialektischer Schärfe überragt. In seiner "Neuen Grundlegung der Staatswirthschaftskunst" (Bd. 1. S. XXX) will er dieselbe unter die Staatswissenschaften reihen; auf S. 112--118 dagegen scheidet er mit Recht strenge die Nationalökonomie oder "Güter- lehre" vom Staate. In der That ist die folgende Zeit über diesen ganzen Zweifel gar nicht hinausgekommen. Sartorius, Abhandlung über die Elemente des Nationalreichthums (Göttingen 1806) schließt die gleiche Untersuchung damit, daß er die Freiheit der Privatwirthschaft als Regel, die Einmischung des Staats als Ausnahme fordert; freilich fällt bei ihm diese Ausnahme sehr ausgiebig aus, und ein Princip für dieselbe fehlt gänzlich. Als allmählig mit den zwanziger Jahren der Begriff der "Staatswissenschaften" an die Stelle der alten Polizeiwissen- schaft tritt, lassen die ersteren jene Frage überhaupt fallen, und finden sie höchstens mit einer passenden Phrase ab, während sie in einzelnen Arbeiten noch vielfach verhandelt wird, wie bei Behr, die Lehre von der Wirthschaft des Staats (1822). Pölitz hat dann versucht, Staats- wirthschafts- und Volkswirthschaftslehre in ihrem Verhältniß zu einander auf die möglichst einfache Formel zurück zu führen. Er sagt (Staats- wissenschaft Bd. II. S. 133. 1827) die Staatswirthschaftslehre unter- scheidet sich dadurch wesentlich von der Volkswirthschaftslehre, daß diese von dem Begriff (er meint die Thatsache) "des Volkes und den Grund- bedingungen des Volkslebens, jene vom Begriffe des Staats und den Grundbedingungen des Staatslebens ausgeht." Da er aber vom Staate eben keinen Begriff hat, so kommt er sofort zu dem bezeichnenden Satze, daß die Staatwirthschaftslehre in den Grundsätzen besteht, nach welchen jene Grundbedingungen des Volkslebens, nämlich das "Recht und die Wohlfahrt" unter die Garantie des rechtlich gestalteten Zwanges gestellt werden. -- Rotteck dagegen hat sie in seiner Fort- setzung von Aretins Staatsrecht der constitutionellen Monarchie Bd. II. Abth. I. S. 259 ff. sogar ins eigentliche Staatsrecht aufgenommen. Was er eigentlich meint, ist schwer zu sagen, wie denn überhaupt das Verhältniß zwischen Pölitz und Rotteck darin besteht, daß bei Pölitz die Form klar und das Princip unklar ist, während Rotteck im Princip klar, in den Begriffen dagegen sehr unklar erscheint. Neben dieser ersten Richtung steht nun die zweite, die ohne viel dialektischen Zweifel über Wesen und Werth der Nationalökonomie geradezu dem Staate auf Grundlage ihrer Anschauung von der wirthschaftlichen Wohlfahrt die
der wohl ſo genannten deutſch-ruſſiſchen Schule, hat ſich in ſeiner „Staats- wirthſchaft“ oder Lehre vom Nationalreichthum (1804. 2 Bde.) mit der principiellen Frage gar nicht abzugeben, die Materie aber ohne Syſtem durch einander geworfen. Eben ſo unſicher bleibt Hufeland, trotz dem daß er Soden weit an dialektiſcher Schärfe überragt. In ſeiner „Neuen Grundlegung der Staatswirthſchaftskunſt“ (Bd. 1. S. XXX) will er dieſelbe unter die Staatswiſſenſchaften reihen; auf S. 112—118 dagegen ſcheidet er mit Recht ſtrenge die Nationalökonomie oder „Güter- lehre“ vom Staate. In der That iſt die folgende Zeit über dieſen ganzen Zweifel gar nicht hinausgekommen. Sartorius, Abhandlung über die Elemente des Nationalreichthums (Göttingen 1806) ſchließt die gleiche Unterſuchung damit, daß er die Freiheit der Privatwirthſchaft als Regel, die Einmiſchung des Staats als Ausnahme fordert; freilich fällt bei ihm dieſe Ausnahme ſehr ausgiebig aus, und ein Princip für dieſelbe fehlt gänzlich. Als allmählig mit den zwanziger Jahren der Begriff der „Staatswiſſenſchaften“ an die Stelle der alten Polizeiwiſſen- ſchaft tritt, laſſen die erſteren jene Frage überhaupt fallen, und finden ſie höchſtens mit einer paſſenden Phraſe ab, während ſie in einzelnen Arbeiten noch vielfach verhandelt wird, wie bei Behr, die Lehre von der Wirthſchaft des Staats (1822). Pölitz hat dann verſucht, Staats- wirthſchafts- und Volkswirthſchaftslehre in ihrem Verhältniß zu einander auf die möglichſt einfache Formel zurück zu führen. Er ſagt (Staats- wiſſenſchaft Bd. II. S. 133. 1827) die Staatswirthſchaftslehre unter- ſcheidet ſich dadurch weſentlich von der Volkswirthſchaftslehre, daß dieſe von dem Begriff (er meint die Thatſache) „des Volkes und den Grund- bedingungen des Volkslebens, jene vom Begriffe des Staats und den Grundbedingungen des Staatslebens ausgeht.“ Da er aber vom Staate eben keinen Begriff hat, ſo kommt er ſofort zu dem bezeichnenden Satze, daß die Staatwirthſchaftslehre in den Grundſätzen beſteht, nach welchen jene Grundbedingungen des Volkslebens, nämlich das „Recht und die Wohlfahrt“ unter die Garantie des rechtlich geſtalteten Zwanges geſtellt werden. — Rotteck dagegen hat ſie in ſeiner Fort- ſetzung von Aretins Staatsrecht der conſtitutionellen Monarchie Bd. II. Abth. I. S. 259 ff. ſogar ins eigentliche Staatsrecht aufgenommen. Was er eigentlich meint, iſt ſchwer zu ſagen, wie denn überhaupt das Verhältniß zwiſchen Pölitz und Rotteck darin beſteht, daß bei Pölitz die Form klar und das Princip unklar iſt, während Rotteck im Princip klar, in den Begriffen dagegen ſehr unklar erſcheint. Neben dieſer erſten Richtung ſteht nun die zweite, die ohne viel dialektiſchen Zweifel über Weſen und Werth der Nationalökonomie geradezu dem Staate auf Grundlage ihrer Anſchauung von der wirthſchaftlichen Wohlfahrt die
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wirthſchaft“ oder Lehre vom Nationalreichthum (1804. 2 Bde.) mit der
principiellen Frage gar nicht abzugeben, die Materie aber ohne Syſtem
durch einander geworfen. Eben ſo unſicher bleibt Hufeland, trotz
dem daß er Soden weit an dialektiſcher Schärfe überragt. In ſeiner
„Neuen Grundlegung der Staatswirthſchaftskunſt“ (Bd. 1. S. XXX)
will er dieſelbe unter die Staatswiſſenſchaften reihen; auf S. 112—118
dagegen ſcheidet er mit Recht ſtrenge die Nationalökonomie oder „Güter-
lehre“ vom Staate. In der That iſt die folgende Zeit über dieſen
ganzen Zweifel gar nicht hinausgekommen. Sartorius, Abhandlung
über die Elemente des Nationalreichthums (Göttingen 1806) ſchließt die
gleiche Unterſuchung damit, daß er die Freiheit der Privatwirthſchaft
als Regel, die Einmiſchung des Staats als Ausnahme fordert; freilich
fällt bei ihm dieſe Ausnahme ſehr ausgiebig aus, und ein Princip für
dieſelbe fehlt gänzlich. Als allmählig mit den zwanziger Jahren der
Begriff der „Staatswiſſenſchaften“ an die Stelle der alten Polizeiwiſſen-
ſchaft tritt, laſſen die erſteren jene Frage überhaupt fallen, und finden
ſie höchſtens mit einer paſſenden Phraſe ab, während ſie in einzelnen
Arbeiten noch vielfach verhandelt wird, wie bei Behr, die Lehre von
der Wirthſchaft des Staats (1822). Pölitz hat dann verſucht, Staats-
wirthſchafts- und Volkswirthſchaftslehre in ihrem Verhältniß zu einander
auf die möglichſt einfache Formel zurück zu führen. Er ſagt (Staats-
wiſſenſchaft Bd. II. S. 133. 1827) die Staatswirthſchaftslehre unter-
ſcheidet ſich dadurch weſentlich von der Volkswirthſchaftslehre, daß dieſe
von dem Begriff (er meint die Thatſache) „des Volkes und den Grund-
bedingungen des Volkslebens, jene vom Begriffe des Staats und den
Grundbedingungen des Staatslebens ausgeht.“ Da er aber vom
Staate eben keinen Begriff hat, ſo kommt er ſofort zu dem bezeichnenden
Satze, daß die Staatwirthſchaftslehre in den Grundſätzen beſteht, nach
welchen jene Grundbedingungen des Volkslebens, nämlich das „Recht
und die Wohlfahrt“ unter die Garantie des rechtlich geſtalteten
Zwanges geſtellt werden. — Rotteck dagegen hat ſie in ſeiner Fort-
ſetzung von Aretins Staatsrecht der conſtitutionellen Monarchie Bd. II.
Abth. I. S. 259 ff. ſogar ins eigentliche Staatsrecht aufgenommen.
Was er eigentlich meint, iſt ſchwer zu ſagen, wie denn überhaupt das
Verhältniß zwiſchen Pölitz und Rotteck darin beſteht, daß bei Pölitz die
Form klar und das Princip unklar iſt, während Rotteck im Princip
klar, in den Begriffen dagegen ſehr unklar erſcheint. Neben dieſer
erſten Richtung ſteht nun die zweite, die ohne viel dialektiſchen Zweifel
über Weſen und Werth der Nationalökonomie geradezu dem Staate auf
Grundlage ihrer Anſchauung von der wirthſchaftlichen Wohlfahrt die
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/61>, abgerufen am 27.11.2024.
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