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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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Kröte vor; die andere jedoch würde ich wenigstens, und wenn ich ein Jahr darüber
nachgedacht hätte, nicht richtig gedeutet haben. Wir haben in ihr ein Reh an-
zuerkennen! Es ist in der That auch ganz einfach. Erstens darf ich davon aus-
gehen, das es ein Tier ist; dann muss das kräftiger herausgehobene Eckstück

[Abbildung]
[Abbildung] Abb. 65.

Kröte.
Nahuqua. (1/2 nat. Gr.)

[Abbildung]
[Abbildung] Abb. 66.

Reh.
Nahuqua (1/2 nat. Gr.)

rechts der Kopf sein, und ich habe somit ein vierfüssiges
Tier, während ich mich um die drei Rückengipfel nicht
mehr kümmere, da ein Nahuqua kein Dromedar oder
Kameel, geschweige ein Tier mit drei Erhöhungen auf dem
Rücken kennt. Es muss ferner ein solches vierfüssiges
Tier sein, für das der Schwanz, weil er fehlt, nicht
charakteristisch sein sollte. Was ich aber von Füssen sehe,
ist den Hufen des Rehs am ehesten entsprechend. So
hinke ich mit meinen Schlüssen langsam hinter denen des
Nahuqua her, während der Indianer eines anderen Stammes
nach kurzem Besinnen von selbst die richtige Lösung findet.

Wie ich bei den Zeichnungen schon der Bororo ge-
dacht habe, möge deren analoges Fröbelspielzeug auch in
diesem Zusammenhang vorgenommen werden. Das gefaltete
Stückchen Palmblatt, Abb. 67 links, stellt eine "Bororo-
Frau" vor, das heisst es ist nichts als die Schambinde
mit dem sie festhaltenden Rindengürtel. Ein "Bororo-Mann"
wurde dargestellt, indem man den Palmblattstreifen auf
gleiche Art faltete und nun nur einen Faden quer darum
band, die Leibschnur, die er neben seinem Stulp trägt und
auch lange vor Erfindung des Stulps getragen hat.

[Abbildung]
[Abbildung] [Abbildung] Abb. 67.

Frauen- und Männerfigur.
Bororo
. (1/2 nat. Gr.)


Eine besondere Gruppe von Strohfiguren
sind die der Bakairi-Tanzfeste. Ich werde
sie bei den Masken zu besprechen haben.
Sie stellten Tiere dar und wurden auf dem Kopf
getragen. Spannenlange Puppen dienten als
Kinderspielzeug und wurden auch im Dach
der Festhütte an einer Stange aufgesteckt zum
Zeichen, dass man Mummenschanz feiere; sie
verkündeten aller Welt: "Heute grosses Tanz-
vergnügen". Die beiden Püppchen der Ab-
bildung 68 scheinen sehr ausdrucksvoll zur
Fröhlichkeit aufzufordern. Grösseren Stroh-
figuren, die nicht als Kopfaufsätze dienten, begegneten wir 1884 vor dem zweiten
Bakairidorf am Batovy. "Kurz vor dem Ausgang des Waldes trafen wir eine
wunderbare Aufstellung von ungefähr einem Dutzend Tiergestalten längs einer
Seite des Pfades, wahrscheinlich Ueberbleibsel eines Festes." (Sie sollten die Teil-
nehmer der Nachbardörfer begrüssen). "Sie waren aus Laub und Stroh verfertigt,

Kröte vor; die andere jedoch würde ich wenigstens, und wenn ich ein Jahr darüber
nachgedacht hätte, nicht richtig gedeutet haben. Wir haben in ihr ein Reh an-
zuerkennen! Es ist in der That auch ganz einfach. Erstens darf ich davon aus-
gehen, das es ein Tier ist; dann muss das kräftiger herausgehobene Eckstück

[Abbildung]
[Abbildung] Abb. 65.

Kröte.
Nahuquá. (½ nat. Gr.)

[Abbildung]
[Abbildung] Abb. 66.

Reh.
Nahuquá (½ nat. Gr.)

rechts der Kopf sein, und ich habe somit ein vierfüssiges
Tier, während ich mich um die drei Rückengipfel nicht
mehr kümmere, da ein Nahuquá kein Dromedar oder
Kameel, geschweige ein Tier mit drei Erhöhungen auf dem
Rücken kennt. Es muss ferner ein solches vierfüssiges
Tier sein, für das der Schwanz, weil er fehlt, nicht
charakteristisch sein sollte. Was ich aber von Füssen sehe,
ist den Hufen des Rehs am ehesten entsprechend. So
hinke ich mit meinen Schlüssen langsam hinter denen des
Nahuquá her, während der Indianer eines anderen Stammes
nach kurzem Besinnen von selbst die richtige Lösung findet.

Wie ich bei den Zeichnungen schon der Bororó ge-
dacht habe, möge deren analoges Fröbelspielzeug auch in
diesem Zusammenhang vorgenommen werden. Das gefaltete
Stückchen Palmblatt, Abb. 67 links, stellt eine »Bororó-
Frau« vor, das heisst es ist nichts als die Schambinde
mit dem sie festhaltenden Rindengürtel. Ein »Bororó-Mann«
wurde dargestellt, indem man den Palmblattstreifen auf
gleiche Art faltete und nun nur einen Faden quer darum
band, die Leibschnur, die er neben seinem Stulp trägt und
auch lange vor Erfindung des Stulps getragen hat.

[Abbildung]
[Abbildung] [Abbildung] Abb. 67.

Frauen- und Männerfigur.
Bororó
. (½ nat. Gr.)


Eine besondere Gruppe von Strohfiguren
sind die der Bakaïrí-Tanzfeste. Ich werde
sie bei den Masken zu besprechen haben.
Sie stellten Tiere dar und wurden auf dem Kopf
getragen. Spannenlange Puppen dienten als
Kinderspielzeug und wurden auch im Dach
der Festhütte an einer Stange aufgesteckt zum
Zeichen, dass man Mummenschanz feiere; sie
verkündeten aller Welt: »Heute grosses Tanz-
vergnügen«. Die beiden Püppchen der Ab-
bildung 68 scheinen sehr ausdrucksvoll zur
Fröhlichkeit aufzufordern. Grösseren Stroh-
figuren, die nicht als Kopfaufsätze dienten, begegneten wir 1884 vor dem zweiten
Bakaïrídorf am Batovy. »Kurz vor dem Ausgang des Waldes trafen wir eine
wunderbare Aufstellung von ungefähr einem Dutzend Tiergestalten längs einer
Seite des Pfades, wahrscheinlich Ueberbleibsel eines Festes.« (Sie sollten die Teil-
nehmer der Nachbardörfer begrüssen). »Sie waren aus Laub und Stroh verfertigt,

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[280/0340] Kröte vor; die andere jedoch würde ich wenigstens, und wenn ich ein Jahr darüber nachgedacht hätte, nicht richtig gedeutet haben. Wir haben in ihr ein Reh an- zuerkennen! Es ist in der That auch ganz einfach. Erstens darf ich davon aus- gehen, das es ein Tier ist; dann muss das kräftiger herausgehobene Eckstück [Abbildung] [Abbildung Abb. 65. Kröte. Nahuquá. (½ nat. Gr.)] [Abbildung] [Abbildung Abb. 66. Reh. Nahuquá (½ nat. Gr.)] rechts der Kopf sein, und ich habe somit ein vierfüssiges Tier, während ich mich um die drei Rückengipfel nicht mehr kümmere, da ein Nahuquá kein Dromedar oder Kameel, geschweige ein Tier mit drei Erhöhungen auf dem Rücken kennt. Es muss ferner ein solches vierfüssiges Tier sein, für das der Schwanz, weil er fehlt, nicht charakteristisch sein sollte. Was ich aber von Füssen sehe, ist den Hufen des Rehs am ehesten entsprechend. So hinke ich mit meinen Schlüssen langsam hinter denen des Nahuquá her, während der Indianer eines anderen Stammes nach kurzem Besinnen von selbst die richtige Lösung findet. Wie ich bei den Zeichnungen schon der Bororó ge- dacht habe, möge deren analoges Fröbelspielzeug auch in diesem Zusammenhang vorgenommen werden. Das gefaltete Stückchen Palmblatt, Abb. 67 links, stellt eine »Bororó- Frau« vor, das heisst es ist nichts als die Schambinde mit dem sie festhaltenden Rindengürtel. Ein »Bororó-Mann« wurde dargestellt, indem man den Palmblattstreifen auf gleiche Art faltete und nun nur einen Faden quer darum band, die Leibschnur, die er neben seinem Stulp trägt und auch lange vor Erfindung des Stulps getragen hat. [Abbildung] [Abbildung] [Abbildung Abb. 67. Frauen- und Männerfigur. Bororó. (½ nat. Gr.) ] Eine besondere Gruppe von Strohfiguren sind die der Bakaïrí-Tanzfeste. Ich werde sie bei den Masken zu besprechen haben. Sie stellten Tiere dar und wurden auf dem Kopf getragen. Spannenlange Puppen dienten als Kinderspielzeug und wurden auch im Dach der Festhütte an einer Stange aufgesteckt zum Zeichen, dass man Mummenschanz feiere; sie verkündeten aller Welt: »Heute grosses Tanz- vergnügen«. Die beiden Püppchen der Ab- bildung 68 scheinen sehr ausdrucksvoll zur Fröhlichkeit aufzufordern. Grösseren Stroh- figuren, die nicht als Kopfaufsätze dienten, begegneten wir 1884 vor dem zweiten Bakaïrídorf am Batovy. »Kurz vor dem Ausgang des Waldes trafen wir eine wunderbare Aufstellung von ungefähr einem Dutzend Tiergestalten längs einer Seite des Pfades, wahrscheinlich Ueberbleibsel eines Festes.« (Sie sollten die Teil- nehmer der Nachbardörfer begrüssen). »Sie waren aus Laub und Stroh verfertigt,

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/340>, abgerufen am 21.11.2024.