in der Lage, Hinweg und Rückweg der Expedition zur wertvollen Erweiterung der geographischen Aufnahme auf zweierlei Weise zu gestalten: auf dem Hin- weg erreichten wir den Paranatinga (ebenso wie 1884, wenn auch auf anderer Route) bei dem Dorf der "zahmen" Bakairi und die letzte brasilische An- siedelung vorher war dieses Mal die Fazenda Cuyabasinho; die Bakairi unter- stützten uns wieder beim Uebergang über den ansehnlichen Fluss, und unser braver Antonio, der Spezialsachverständige für den Bau von Rindenkanus, gesellte sich zu der Truppe, -- auf dem Rückweg überschritten wir den Paranatinga weiter oberhalb und fanden den Anschluss an die Zivilisation bei der Fazenda S. Manoel, von wo aus über Ponte alta der geradeste Weg nach Cuyaba führte.
II. Für die Strecke vom Paranatinga zum Quellgebiet des Schingu kam das Folgende in Betracht. 1884 hatten wir nach dem Uebergang über den Paranatinga eine Anzahl von Bächen und Flüsschen, die nach Norden zogen, gekreuzt, ohne entscheiden zu können, ob sie dem Paranatinga-Tapajoz oder dem Schingu ange- hörten und uns dann auf dem ersten westlichen Quellfluss, den wir mit grösserer Wahrscheinlichkeit als einen Quellfluss des Schingu ansprechen durften, dem Rio Batovy oder Tamitotoala der Eingeborenen eingeschifft. Er mündete schliess- lich auch in einen Hauptarm des Schingu, den Ronuro, ja der Ronuro kam aus südwestlicher Richtung herbeigeflossen, sodass wir uns nun bewusst wurden, in den zwischen Paranatinga und Batovy überschrittenen Bächen und Flüsschen bereits Vasallen des Schingu passiert zu haben. Mit dem Ronuro vereinigte sich ganz kurz unterhalb der Batovymündung ein anderer von Ost bis Südost kommender mächtiger Quellfluss, von dem wir damals mit Unrecht glaubten, es sei der "Kulisehu" der Eingeborenen, während es in Wirklichkeit der uns nicht genannte Kuluene mitsamt dem früher aufgenommenen kleineren Kulisehu war; Ronuro mit dem Batovy und dem falschen "Kulisehu" bildeten zusammen -- in "Schingu- Koblenz" (Confluentia), pflegten wir zu sagen -- den eigentlichen Schingu, den wir 1884 bis zur Mündung hinabfuhren.
An diesem "Kulisehu", welchen Namen ich vorläufig beibehalten muss, sollten viele Indianerstämme wohnen, ihn suchten wir 1887. Wir mussten also den westlicher gelegenen Batovy überschreiten und nur bedacht sein, uns dabei so weit als möglich oberhalb unseres alten Einschiffungsplatzes zu halten, damit wir höchstens unbedeutende Quellbäche zu durchkreuzen hätten.
Wir gelangten vom Bakairidorf am Paranatinga nach dem Ursprung des Batovy, indem wir auf der ersten Hälfte der Strecke den Spuren von 1884 folgten und auf der zweiten, statt nördlich abzuschwenken, östliche Richtung beibehielten; wir blieben, soviel es anging, nahe der Wasserscheide, traten alsdann in das Quell- gebiet des Kulisehu -- und dieser Fluss war in der That der wirkliche Kulisehu -- ein und wandten uns nach einer Weile gen Norden, bis wir am 6. September einen Arm erreichten, der die Einschiffung erlaubte. Wir nannten den Lagerplatz
v. d. Steinen, Zentral-Brasilien. 2
in der Lage, Hinweg und Rückweg der Expedition zur wertvollen Erweiterung der geographischen Aufnahme auf zweierlei Weise zu gestalten: auf dem Hin- weg erreichten wir den Paranatinga (ebenso wie 1884, wenn auch auf anderer Route) bei dem Dorf der »zahmen« Bakaïrí und die letzte brasilische An- siedelung vorher war dieses Mal die Fazenda Cuyabasinho; die Bakaïrí unter- stützten uns wieder beim Uebergang über den ansehnlichen Fluss, und unser braver Antonio, der Spezialsachverständige für den Bau von Rindenkanus, gesellte sich zu der Truppe, — auf dem Rückweg überschritten wir den Paranatinga weiter oberhalb und fanden den Anschluss an die Zivilisation bei der Fazenda S. Manoel, von wo aus über Ponte alta der geradeste Weg nach Cuyabá führte.
II. Für die Strecke vom Paranatinga zum Quellgebiet des Schingú kam das Folgende in Betracht. 1884 hatten wir nach dem Uebergang über den Paranatinga eine Anzahl von Bächen und Flüsschen, die nach Norden zogen, gekreuzt, ohne entscheiden zu können, ob sie dem Paranatinga-Tapajoz oder dem Schingú ange- hörten und uns dann auf dem ersten westlichen Quellfluss, den wir mit grösserer Wahrscheinlichkeit als einen Quellfluss des Schingú ansprechen durften, dem Rio Batovy oder Tamitotoala der Eingeborenen eingeschifft. Er mündete schliess- lich auch in einen Hauptarm des Schingú, den Ronuro, ja der Ronuro kam aus südwestlicher Richtung herbeigeflossen, sodass wir uns nun bewusst wurden, in den zwischen Paranatinga und Batovy überschrittenen Bächen und Flüsschen bereits Vasallen des Schingú passiert zu haben. Mit dem Ronuro vereinigte sich ganz kurz unterhalb der Batovymündung ein anderer von Ost bis Südost kommender mächtiger Quellfluss, von dem wir damals mit Unrecht glaubten, es sei der »Kulisehu« der Eingeborenen, während es in Wirklichkeit der uns nicht genannte Kuluëne mitsamt dem früher aufgenommenen kleineren Kulisehu war; Ronuro mit dem Batovy und dem falschen »Kulisehu« bildeten zusammen — in »Schingú- Koblenz« (Confluentia), pflegten wir zu sagen — den eigentlichen Schingú, den wir 1884 bis zur Mündung hinabfuhren.
An diesem »Kulisehu«, welchen Namen ich vorläufig beibehalten muss, sollten viele Indianerstämme wohnen, ihn suchten wir 1887. Wir mussten also den westlicher gelegenen Batovy überschreiten und nur bedacht sein, uns dabei so weit als möglich oberhalb unseres alten Einschiffungsplatzes zu halten, damit wir höchstens unbedeutende Quellbäche zu durchkreuzen hätten.
Wir gelangten vom Bakaïrídorf am Paranatinga nach dem Ursprung des Batovy, indem wir auf der ersten Hälfte der Strecke den Spuren von 1884 folgten und auf der zweiten, statt nördlich abzuschwenken, östliche Richtung beibehielten; wir blieben, soviel es anging, nahe der Wasserscheide, traten alsdann in das Quell- gebiet des Kulisehu — und dieser Fluss war in der That der wirkliche Kulisehu — ein und wandten uns nach einer Weile gen Norden, bis wir am 6. September einen Arm erreichten, der die Einschiffung erlaubte. Wir nannten den Lagerplatz
v. d. Steinen, Zentral-Brasilien. 2
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[17/0041]
in der Lage, Hinweg und Rückweg der Expedition zur wertvollen Erweiterung
der geographischen Aufnahme auf zweierlei Weise zu gestalten: auf dem Hin-
weg erreichten wir den Paranatinga (ebenso wie 1884, wenn auch auf anderer
Route) bei dem Dorf der »zahmen« Bakaïrí und die letzte brasilische An-
siedelung vorher war dieses Mal die Fazenda Cuyabasinho; die Bakaïrí unter-
stützten uns wieder beim Uebergang über den ansehnlichen Fluss, und unser
braver Antonio, der Spezialsachverständige für den Bau von Rindenkanus,
gesellte sich zu der Truppe, — auf dem Rückweg überschritten wir den
Paranatinga weiter oberhalb und fanden den Anschluss an die Zivilisation bei
der Fazenda S. Manoel, von wo aus über Ponte alta der geradeste Weg nach
Cuyabá führte.
II. Für die Strecke vom Paranatinga zum Quellgebiet des Schingú kam das
Folgende in Betracht. 1884 hatten wir nach dem Uebergang über den Paranatinga
eine Anzahl von Bächen und Flüsschen, die nach Norden zogen, gekreuzt, ohne
entscheiden zu können, ob sie dem Paranatinga-Tapajoz oder dem Schingú ange-
hörten und uns dann auf dem ersten westlichen Quellfluss, den wir mit grösserer
Wahrscheinlichkeit als einen Quellfluss des Schingú ansprechen durften, dem Rio
Batovy oder Tamitotoala der Eingeborenen eingeschifft. Er mündete schliess-
lich auch in einen Hauptarm des Schingú, den Ronuro, ja der Ronuro kam aus
südwestlicher Richtung herbeigeflossen, sodass wir uns nun bewusst wurden, in den
zwischen Paranatinga und Batovy überschrittenen Bächen und Flüsschen bereits
Vasallen des Schingú passiert zu haben. Mit dem Ronuro vereinigte sich ganz
kurz unterhalb der Batovymündung ein anderer von Ost bis Südost kommender
mächtiger Quellfluss, von dem wir damals mit Unrecht glaubten, es sei der
»Kulisehu« der Eingeborenen, während es in Wirklichkeit der uns nicht genannte
Kuluëne mitsamt dem früher aufgenommenen kleineren Kulisehu war; Ronuro
mit dem Batovy und dem falschen »Kulisehu« bildeten zusammen — in »Schingú-
Koblenz« (Confluentia), pflegten wir zu sagen — den eigentlichen Schingú, den
wir 1884 bis zur Mündung hinabfuhren.
An diesem »Kulisehu«, welchen Namen ich vorläufig beibehalten muss,
sollten viele Indianerstämme wohnen, ihn suchten wir 1887. Wir mussten also
den westlicher gelegenen Batovy überschreiten und nur bedacht sein, uns dabei
so weit als möglich oberhalb unseres alten Einschiffungsplatzes zu halten, damit
wir höchstens unbedeutende Quellbäche zu durchkreuzen hätten.
Wir gelangten vom Bakaïrídorf am Paranatinga nach dem Ursprung des
Batovy, indem wir auf der ersten Hälfte der Strecke den Spuren von 1884 folgten
und auf der zweiten, statt nördlich abzuschwenken, östliche Richtung beibehielten;
wir blieben, soviel es anging, nahe der Wasserscheide, traten alsdann in das Quell-
gebiet des Kulisehu — und dieser Fluss war in der That der wirkliche Kulisehu —
ein und wandten uns nach einer Weile gen Norden, bis wir am 6. September
einen Arm erreichten, der die Einschiffung erlaubte. Wir nannten den Lagerplatz
v. d. Steinen, Zentral-Brasilien. 2
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/41>, abgerufen am 03.12.2024.
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