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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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Feuer. Keri und Kame gingen zu Ewaki und diese befahl ihnen, das
Feuer zu holen. Der Kampfuchs war der Herr des Feuers. Er hatte es in den
Augen und schlug es sich heraus, wenn er Holz anzünden wollte. Der Kampfuchs
(Canis vetulus "fängt Krebse und Krabben," Brehm Säugetiere II S. 57) hatte
eine Reuse ausgelegt, um Fische zu fangen. Zu der Reuse gingen Keri und
Kame; sie fanden darin einen Jejum-Fisch und eine Caramujo-Schnecke. Keri
ging in den Jejum (einen glatten, spannenlangen Lagunenfisch) und Kame ging
in die Muschel. "Beide waren gut darin versteckt." Singend kam der Kamp-
fuchs gegangen und machte Feuer an. Dann sah er nach, was in der Reuse
war, holte den Fisch und die Schnecke und legte sie in das Feuer, um sie zu
braten. Aber die beiden gossen Wasser in das Feuer. Erzürnt ergriff der
Kampfuchs die Schnecke, die hüpfte aber in den Fluss und holte neues Wasser
und goss es in's Feuer, dass dieses beinahe ganz verlöschte. Der Kampfuchs
ergriff sie wieder und wollte sie auf einem Holz in Stücke schlagen, die Schnecke
aber entglitt ihm und fiel auf die andere Seite. Das wurde dem Kampfuchs
zuviel; ärgerlich lief er davon. Keri und Kame aber bliesen das Feuer wieder
an und gingen damit zu Ewaki.

Flüsse. Ewaki schickte die beiden Knaben aus, das Wasser zu holen.
Sie wanderten drei Tage. Sie fanden drei Töpfe, die der Ochobi-Wasserschlange
gehörten. In den Töpfen war Wasser, in zweien war gutes Wasser, aber in dem
dritten war schlechtes, von dem man nicht trinken kann, ohne zu sterben. Diesen
dritten Topf liessen sie ganz, sie wollten gutes Wasser haben. Die zwei andern
Töpfe zerschlugen sie; das Wasser, das aus dem einen abfloss, war der Para-
natinga
, das Wasser des anderen der Ronuro und Kulisehu.*) Keri nahm sich
des Paranatingawassers, Kame des Ronuro-Kulisehuwassers an. Beide Flüsse
liefen weiter und Keri und Kame liefen jeder hinter dem seinen; sie riefen ein-
ander zu, damit sie sich nicht verlören. Auf einmal hörte Kame's Rufen auf.
Keri schrie und schrie, doch die Antwort blieb aus. Da liess er den Paranatinga
stillstehen und warten und ging zum Ronuro. Der dumme Kame hatte sich den
schlechtesten Fluss ausgesucht, er konnte nicht mit ihm fertig werden, das Wasser
wurde gross und breit und Kame ertrank. Ein gewaltiger Jahu-Fisch verschluckte
ihn. Keri kam und fand den Ronuro stillstehend, Kame verschwunden. Sogleich
gab er sich an's Fischen; er fing drei Jahus und einer war dick geschwollen.
Dem riss er den Bauch auf und erblickte nun Kame, der tot war. Er legte die
Leiche auf grosse, grüne Blätter und blies sie an. Da stand Kame auf und
sagte: "ich habe gut geschlafen." "Nein," rief Keri, "Du hast ganz und gar nicht
geschlafen! Ein Jahu hatte Dich gefressen." Mit dem Ronuro wollten sie nichts
mehr zu thun haben; Keri liess eine Ente kommen und befahl ihr, das Wasser
mitzunehmen. So geleitete die Ente den Fluss wieder weiter und die beiden
Knaben -- sie hatten zu dieser Zeit das Alter, wie Antonio zum Vergleich zeigte,

*) Der Text der Legende nennt nur den Ronuro, Antonio fügte zu "dabei war das Wasser
des Kulisehu."

Feuer. Keri und Kame gingen zu Ewaki und diese befahl ihnen, das
Feuer zu holen. Der Kampfuchs war der Herr des Feuers. Er hatte es in den
Augen und schlug es sich heraus, wenn er Holz anzünden wollte. Der Kampfuchs
(Canis vetulus »fängt Krebse und Krabben,« Brehm Säugetiere II S. 57) hatte
eine Reuse ausgelegt, um Fische zu fangen. Zu der Reuse gingen Keri und
Kame; sie fanden darin einen Jejum-Fisch und eine Caramujo-Schnecke. Keri
ging in den Jejum (einen glatten, spannenlangen Lagunenfisch) und Kame ging
in die Muschel. »Beide waren gut darin versteckt.« Singend kam der Kamp-
fuchs gegangen und machte Feuer an. Dann sah er nach, was in der Reuse
war, holte den Fisch und die Schnecke und legte sie in das Feuer, um sie zu
braten. Aber die beiden gossen Wasser in das Feuer. Erzürnt ergriff der
Kampfuchs die Schnecke, die hüpfte aber in den Fluss und holte neues Wasser
und goss es in’s Feuer, dass dieses beinahe ganz verlöschte. Der Kampfuchs
ergriff sie wieder und wollte sie auf einem Holz in Stücke schlagen, die Schnecke
aber entglitt ihm und fiel auf die andere Seite. Das wurde dem Kampfuchs
zuviel; ärgerlich lief er davon. Keri und Kame aber bliesen das Feuer wieder
an und gingen damit zu Ewaki.

Flüsse. Ewaki schickte die beiden Knaben aus, das Wasser zu holen.
Sie wanderten drei Tage. Sie fanden drei Töpfe, die der Ochobi-Wasserschlange
gehörten. In den Töpfen war Wasser, in zweien war gutes Wasser, aber in dem
dritten war schlechtes, von dem man nicht trinken kann, ohne zu sterben. Diesen
dritten Topf liessen sie ganz, sie wollten gutes Wasser haben. Die zwei andern
Töpfe zerschlugen sie; das Wasser, das aus dem einen abfloss, war der Para-
natinga
, das Wasser des anderen der Ronuro und Kulisehu.*) Keri nahm sich
des Paranatingawassers, Kame des Ronuro-Kulisehuwassers an. Beide Flüsse
liefen weiter und Keri und Kame liefen jeder hinter dem seinen; sie riefen ein-
ander zu, damit sie sich nicht verlören. Auf einmal hörte Kame’s Rufen auf.
Keri schrie und schrie, doch die Antwort blieb aus. Da liess er den Paranatinga
stillstehen und warten und ging zum Ronuro. Der dumme Kame hatte sich den
schlechtesten Fluss ausgesucht, er konnte nicht mit ihm fertig werden, das Wasser
wurde gross und breit und Kame ertrank. Ein gewaltiger Jahú-Fisch verschluckte
ihn. Keri kam und fand den Ronuro stillstehend, Kame verschwunden. Sogleich
gab er sich an’s Fischen; er fing drei Jahús und einer war dick geschwollen.
Dem riss er den Bauch auf und erblickte nun Kame, der tot war. Er legte die
Leiche auf grosse, grüne Blätter und blies sie an. Da stand Kame auf und
sagte: »ich habe gut geschlafen.« »Nein,« rief Keri, »Du hast ganz und gar nicht
geschlafen! Ein Jahú hatte Dich gefressen.« Mit dem Ronuro wollten sie nichts
mehr zu thun haben; Keri liess eine Ente kommen und befahl ihr, das Wasser
mitzunehmen. So geleitete die Ente den Fluss wieder weiter und die beiden
Knaben — sie hatten zu dieser Zeit das Alter, wie Antonio zum Vergleich zeigte,

*) Der Text der Legende nennt nur den Ronuro, Antonio fügte zu »dabei war das Wasser
des Kulisehu.«
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[377/0441] Feuer. Keri und Kame gingen zu Ewaki und diese befahl ihnen, das Feuer zu holen. Der Kampfuchs war der Herr des Feuers. Er hatte es in den Augen und schlug es sich heraus, wenn er Holz anzünden wollte. Der Kampfuchs (Canis vetulus »fängt Krebse und Krabben,« Brehm Säugetiere II S. 57) hatte eine Reuse ausgelegt, um Fische zu fangen. Zu der Reuse gingen Keri und Kame; sie fanden darin einen Jejum-Fisch und eine Caramujo-Schnecke. Keri ging in den Jejum (einen glatten, spannenlangen Lagunenfisch) und Kame ging in die Muschel. »Beide waren gut darin versteckt.« Singend kam der Kamp- fuchs gegangen und machte Feuer an. Dann sah er nach, was in der Reuse war, holte den Fisch und die Schnecke und legte sie in das Feuer, um sie zu braten. Aber die beiden gossen Wasser in das Feuer. Erzürnt ergriff der Kampfuchs die Schnecke, die hüpfte aber in den Fluss und holte neues Wasser und goss es in’s Feuer, dass dieses beinahe ganz verlöschte. Der Kampfuchs ergriff sie wieder und wollte sie auf einem Holz in Stücke schlagen, die Schnecke aber entglitt ihm und fiel auf die andere Seite. Das wurde dem Kampfuchs zuviel; ärgerlich lief er davon. Keri und Kame aber bliesen das Feuer wieder an und gingen damit zu Ewaki. Flüsse. Ewaki schickte die beiden Knaben aus, das Wasser zu holen. Sie wanderten drei Tage. Sie fanden drei Töpfe, die der Ochobi-Wasserschlange gehörten. In den Töpfen war Wasser, in zweien war gutes Wasser, aber in dem dritten war schlechtes, von dem man nicht trinken kann, ohne zu sterben. Diesen dritten Topf liessen sie ganz, sie wollten gutes Wasser haben. Die zwei andern Töpfe zerschlugen sie; das Wasser, das aus dem einen abfloss, war der Para- natinga, das Wasser des anderen der Ronuro und Kulisehu. *) Keri nahm sich des Paranatingawassers, Kame des Ronuro-Kulisehuwassers an. Beide Flüsse liefen weiter und Keri und Kame liefen jeder hinter dem seinen; sie riefen ein- ander zu, damit sie sich nicht verlören. Auf einmal hörte Kame’s Rufen auf. Keri schrie und schrie, doch die Antwort blieb aus. Da liess er den Paranatinga stillstehen und warten und ging zum Ronuro. Der dumme Kame hatte sich den schlechtesten Fluss ausgesucht, er konnte nicht mit ihm fertig werden, das Wasser wurde gross und breit und Kame ertrank. Ein gewaltiger Jahú-Fisch verschluckte ihn. Keri kam und fand den Ronuro stillstehend, Kame verschwunden. Sogleich gab er sich an’s Fischen; er fing drei Jahús und einer war dick geschwollen. Dem riss er den Bauch auf und erblickte nun Kame, der tot war. Er legte die Leiche auf grosse, grüne Blätter und blies sie an. Da stand Kame auf und sagte: »ich habe gut geschlafen.« »Nein,« rief Keri, »Du hast ganz und gar nicht geschlafen! Ein Jahú hatte Dich gefressen.« Mit dem Ronuro wollten sie nichts mehr zu thun haben; Keri liess eine Ente kommen und befahl ihr, das Wasser mitzunehmen. So geleitete die Ente den Fluss wieder weiter und die beiden Knaben — sie hatten zu dieser Zeit das Alter, wie Antonio zum Vergleich zeigte, *) Der Text der Legende nennt nur den Ronuro, Antonio fügte zu »dabei war das Wasser des Kulisehu.«

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/441>, abgerufen am 21.11.2024.