mit unzähligen Dörfern, wie ich Nachricht habe, und alles sehr kriegerische Leute und Meister ihrer Waffen."
Die Bakairi werden auch in einem Bericht über eine Fahrt von Para bis in das Quellgebiet des Madeira aus dem Jahre 1749 erwähnt, und so mag es noch weiterhin in mancher alten Notiz über die Entstehung der matogrossenser Gold- minen geschehen. Es handelt sich immer nur um flüchtige Nennung des Stamm- namens, die uns weitere Belehrung nicht bietet. Höchstens lässt sich aus diesen Zitaten der Schluss ableiten, dass die Bakairi im vorigen Jahrhundert zahlreicher gewesen sein müssen und vielleicht etwas mehr nach West und Südwest vor- geschoben waren als heutzutage. Das wird aber deutlicher aus ihrer eigenen Tradition hervorgehen.
Eine engere Berührung mit den Brasiliern hat erst in dem Anfange der zwanziger Jahre unseres Säkulums stattgefunden. Damals gelangte der "Padre" Lopes bis in die Gegend des Paranatinga und bekehrte die Westbakairi zum Christentum. Lopes war ein verwegener Goldsucher, von dem der Maler der Langsdorff'schen Expedition*) 1828 bemerkt, dass er in Begleitung von Apiaka- Indianern den Rio dos Peixes, einen Nebenfluss des Arinos, hinaufgegangen sei und "mit vielen Wilden gekämpft habe". Jedenfalls gelten die Westbakairi seit seinem Besuch, der dem Grossvater Reginaldo's und Anderen das Leben kostete, als Christen. Wie überflüssig die Gewaltthätigkeiten des edlen Lopes gewesen sind, geht am besten aus den folgenden Worten des Geographen Ayras de Cazal in seiner Corographia Brasilica vom Jahre 1817, also vor Lopes, hervor: "Die Baccahirys, welche die dem Rio das Mortes benachbarten Gebiete bewohnen, unterhalten einen unaufhörlichen Krieg gegen alle Arten Vierfüssler und Vögel. Bis heute hat dieses Volk den Christen keine Feindseligkeiten zugefügt. Man sagt, dass sie weiss seien und freundlich: ein Grund, weshalb man sie für eine Horde der Paricys ansieht."
Der eigentliche Grund, weshalb man die Bakairi für eine Horde der Paressi ansehen konnte, wie auch von Martius geschieht, ist einfach der, dass man weder von dem einen noch von dem andern der benachbarten Stämme genauere Kenntnis hatte. Wenn die Eingeborenen gelegentlich in kleiner Zahl nach Cuyaba kamen, um sich einige Geschenke von Eisenwaaren, Hemden, Hosen, Decken bei der Regierung zu erbetteln, empfand man sie als lästige Gäste, die man so rasch als möglich los zu werden suchte, und um deren Sprache oder Eigenthümlichkeiten sich kein Beamter zu kümmern brauchte. Sie wohnte nicht etwa in der Nähe einer zwei Hauptorte verbindenden Verkehrsstrasse, sondern sassen im Gegenteil hinter den allerletzten kleinen und selbst schon gering geachteten Kolonisten, dort, wo die Welt mit Brettern zugenagelt war, sie thaten keinem dieser Nachbarn etwas zu Leide und boten deshalb der Regierung gar kein Interesse dar. Der gute Häuptling Felipe im Paranatingadorf zerbrach sich vergeblich den Kopf, wie
*)Hercules Florence, vgl. Revista Trimensal Bd. 38 II, p. 280.
mit unzähligen Dörfern, wie ich Nachricht habe, und alles sehr kriegerische Leute und Meister ihrer Waffen.«
Die Bakaïrí werden auch in einem Bericht über eine Fahrt von Pará bis in das Quellgebiet des Madeira aus dem Jahre 1749 erwähnt, und so mag es noch weiterhin in mancher alten Notiz über die Entstehung der matogrossenser Gold- minen geschehen. Es handelt sich immer nur um flüchtige Nennung des Stamm- namens, die uns weitere Belehrung nicht bietet. Höchstens lässt sich aus diesen Zitaten der Schluss ableiten, dass die Bakaïrí im vorigen Jahrhundert zahlreicher gewesen sein müssen und vielleicht etwas mehr nach West und Südwest vor- geschoben waren als heutzutage. Das wird aber deutlicher aus ihrer eigenen Tradition hervorgehen.
Eine engere Berührung mit den Brasiliern hat erst in dem Anfange der zwanziger Jahre unseres Säkulums stattgefunden. Damals gelangte der »Padre« Lopes bis in die Gegend des Paranatinga und bekehrte die Westbakaïrí zum Christentum. Lopes war ein verwegener Goldsucher, von dem der Maler der Langsdorff’schen Expedition*) 1828 bemerkt, dass er in Begleitung von Apiaká- Indianern den Rio dos Peixes, einen Nebenfluss des Arinos, hinaufgegangen sei und »mit vielen Wilden gekämpft habe«. Jedenfalls gelten die Westbakaïrí seit seinem Besuch, der dem Grossvater Reginaldo’s und Anderen das Leben kostete, als Christen. Wie überflüssig die Gewaltthätigkeiten des edlen Lopes gewesen sind, geht am besten aus den folgenden Worten des Geographen Ayras de Cazal in seiner Corographia Brasilica vom Jahre 1817, also vor Lopes, hervor: »Die Baccahirys, welche die dem Rio das Mortes benachbarten Gebiete bewohnen, unterhalten einen unaufhörlichen Krieg gegen alle Arten Vierfüssler und Vögel. Bis heute hat dieses Volk den Christen keine Feindseligkeiten zugefügt. Man sagt, dass sie weiss seien und freundlich: ein Grund, weshalb man sie für eine Horde der Paricys ansieht.«
Der eigentliche Grund, weshalb man die Bakaïrí für eine Horde der Paressí ansehen konnte, wie auch von Martius geschieht, ist einfach der, dass man weder von dem einen noch von dem andern der benachbarten Stämme genauere Kenntnis hatte. Wenn die Eingeborenen gelegentlich in kleiner Zahl nach Cuyabá kamen, um sich einige Geschenke von Eisenwaaren, Hemden, Hosen, Decken bei der Regierung zu erbetteln, empfand man sie als lästige Gäste, die man so rasch als möglich los zu werden suchte, und um deren Sprache oder Eigenthümlichkeiten sich kein Beamter zu kümmern brauchte. Sie wohnte nicht etwa in der Nähe einer zwei Hauptorte verbindenden Verkehrsstrasse, sondern sassen im Gegenteil hinter den allerletzten kleinen und selbst schon gering geachteten Kolonisten, dort, wo die Welt mit Brettern zugenagelt war, sie thaten keinem dieser Nachbarn etwas zu Leide und boten deshalb der Regierung gar kein Interesse dar. Der gute Häuptling Felipe im Paranatingadorf zerbrach sich vergeblich den Kopf, wie
*)Hercules Florence, vgl. Revista Trimensal Bd. 38 II, p. 280.
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mit unzähligen Dörfern, wie ich Nachricht habe, und alles sehr kriegerische Leute
und Meister ihrer Waffen.«
Die Bakaïrí werden auch in einem Bericht über eine Fahrt von Pará bis in
das Quellgebiet des Madeira aus dem Jahre 1749 erwähnt, und so mag es noch
weiterhin in mancher alten Notiz über die Entstehung der matogrossenser Gold-
minen geschehen. Es handelt sich immer nur um flüchtige Nennung des Stamm-
namens, die uns weitere Belehrung nicht bietet. Höchstens lässt sich aus diesen
Zitaten der Schluss ableiten, dass die Bakaïrí im vorigen Jahrhundert zahlreicher
gewesen sein müssen und vielleicht etwas mehr nach West und Südwest vor-
geschoben waren als heutzutage. Das wird aber deutlicher aus ihrer eigenen
Tradition hervorgehen.
Eine engere Berührung mit den Brasiliern hat erst in dem Anfange der
zwanziger Jahre unseres Säkulums stattgefunden. Damals gelangte der »Padre«
Lopes bis in die Gegend des Paranatinga und bekehrte die Westbakaïrí zum
Christentum. Lopes war ein verwegener Goldsucher, von dem der Maler der
Langsdorff’schen Expedition *) 1828 bemerkt, dass er in Begleitung von Apiaká-
Indianern den Rio dos Peixes, einen Nebenfluss des Arinos, hinaufgegangen sei
und »mit vielen Wilden gekämpft habe«. Jedenfalls gelten die Westbakaïrí seit
seinem Besuch, der dem Grossvater Reginaldo’s und Anderen das Leben kostete,
als Christen. Wie überflüssig die Gewaltthätigkeiten des edlen Lopes gewesen
sind, geht am besten aus den folgenden Worten des Geographen Ayras de Cazal
in seiner Corographia Brasilica vom Jahre 1817, also vor Lopes, hervor: »Die
Baccahirys, welche die dem Rio das Mortes benachbarten Gebiete bewohnen,
unterhalten einen unaufhörlichen Krieg gegen alle Arten Vierfüssler und Vögel.
Bis heute hat dieses Volk den Christen keine Feindseligkeiten zugefügt. Man
sagt, dass sie weiss seien und freundlich: ein Grund, weshalb man sie für eine
Horde der Paricys ansieht.«
Der eigentliche Grund, weshalb man die Bakaïrí für eine Horde der Paressí
ansehen konnte, wie auch von Martius geschieht, ist einfach der, dass man weder
von dem einen noch von dem andern der benachbarten Stämme genauere Kenntnis
hatte. Wenn die Eingeborenen gelegentlich in kleiner Zahl nach Cuyabá kamen,
um sich einige Geschenke von Eisenwaaren, Hemden, Hosen, Decken bei der
Regierung zu erbetteln, empfand man sie als lästige Gäste, die man so rasch als
möglich los zu werden suchte, und um deren Sprache oder Eigenthümlichkeiten
sich kein Beamter zu kümmern brauchte. Sie wohnte nicht etwa in der Nähe
einer zwei Hauptorte verbindenden Verkehrsstrasse, sondern sassen im Gegenteil
hinter den allerletzten kleinen und selbst schon gering geachteten Kolonisten, dort,
wo die Welt mit Brettern zugenagelt war, sie thaten keinem dieser Nachbarn
etwas zu Leide und boten deshalb der Regierung gar kein Interesse dar. Der
gute Häuptling Felipe im Paranatingadorf zerbrach sich vergeblich den Kopf, wie
*) Hercules Florence, vgl. Revista Trimensal Bd. 38 II, p. 280.
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/452>, abgerufen am 22.11.2024.
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