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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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der Rückweg -- "man konnte ja nicht wissen" -- durch den schwarzen Streifen
weithin sichtbar bleibe und in dem frisch ersprossenen Gras auch zartes Futter
liefere. "Die Wolkensäule wich nimmer von dem Volk des Tages, noch die
Feuersäule des Nachts."

Höchst anständig präsentirten sich in ihrer Erscheinung die beiden Reiter:
Perrot in buntfarbigem Leinenhemd und weissleinenen Beinkleidern, vom Hut bis
zu den Kavalleriestiefeln adrett und nett und militärisch, und Januario mit seinem
feierlichen schwarzbraunen verrunzelten Gesicht über dem weissen Stehkragen,
nur Leutnant a. D., aber den Sattel funkelnagelneu, das Gewehr in neuem
Futteral, den Revolver in einer neuen mit Jaguarfell überzogenen Tasche, ein
blitzblankes Trinkhorn umgehangen, und ohne Sorgen für die Zukunft, da er sich
täglich mehr von seinen Gläubigern entfernte, deren zwei noch auf dem ersten
Lagerplatz erschienen waren und mit enttäuschten Mienen wieder hatten abziehen
müssen. Auf seinen Schuhen sassen mit einem merkwürdigen, tief eingeschnittenen
Fransenkranz lose Stiefelschäfte als Futterale für die Unterschenkel auf: er hatte sie
kunstgerecht von einem Paar alter Stiefel abgeschnitten, die ihm 1884 Dr. Clauss
verehrt hatte!

Doch zierte auch Wilhelm und mich noch dasselbe Paar Hosen von englischem
Leder nach Art der italienischen Orgeldreher, das die erste Expedition mitge-
macht hatte. Es hatte dem Vogels für die neue Reise zum Vorbild gedient;
für Jäger'sche Wollene schwärmte Ehrenreich. Wir alle Vier trugen Jägerhemden
und sind mit ihnen zumal in der schwülen Regenzeit, weil sie den Schweiss sofort
aufsaugten und rasch trockneten, sehr zufrieden gewesen. Unsere breitrandigen
Strohhüte waren in dem Gefängnis von Cuyaba gearbeitet worden, billig, doch
anscheinend für kleinere Köpfe. Das Schuhwerk war verschieden: Ehrenreich und
ich gingen in Bergschuhen und, wo der Sand sich häufte, wanderte ich barfuss;
Wilhelm liebte Pantoffeln, Vogel die leinenen Baskenschuhe, die man am La Plata
kauft. Eine Zeit lang benutzte ich auch, ohne mich recht daran gewöhnen zu
können, "Alprecatas" (in gutem oder "Alpacatas", "Precatas" im matogrossenser
Portugiesisch), Ledersandalen, die mir aus frischer Tapirhaut geschnitten worden
waren. Diese Sandalen, den Indianern unbekannt, sind von den Negern eingeführt
worden; so befinden sich im Berliner Museum für Völkerkunde in der Kameruner
Sammlung des Leutnant Morgen zwei Paar genau derselben Art, wie die Ka-
meraden und ich sie gebrauchten. Die Sohle muss so geschnitten werden, dass
man mit den Haaren gegen den Strich geht; eine Riemenschlinge beginnt zwischen
erster und zweiter Zehe, läuft horizontal um die Ferse und wird vor dieser beider-
seits mit einer Schlaufe nach unten festgehalten.

Die Kameraden trugen auf dem Rücken einen steifen selbstgenähten Leder-
sack, den Surrao; nur Antonio schleppte seine Habseligkeiten in einem schweren
weissen Leinensack, und schien sich auch, wenn er ein Wild verfolgte, dadurch
kaum behindert zu fühlen. Die Militärs unter ihnen, Perrots vier Unteroffiziere,
trugen von ihrer Uniform nur selten den blauen Rock mit rotem Stehkragen

der Rückweg — »man konnte ja nicht wissen« — durch den schwarzen Streifen
weithin sichtbar bleibe und in dem frisch ersprossenen Gras auch zartes Futter
liefere. »Die Wolkensäule wich nimmer von dem Volk des Tages, noch die
Feuersäule des Nachts.«

Höchst anständig präsentirten sich in ihrer Erscheinung die beiden Reiter:
Perrot in buntfarbigem Leinenhemd und weissleinenen Beinkleidern, vom Hut bis
zu den Kavalleriestiefeln adrett und nett und militärisch, und Januario mit seinem
feierlichen schwarzbraunen verrunzelten Gesicht über dem weissen Stehkragen,
nur Leutnant a. D., aber den Sattel funkelnagelneu, das Gewehr in neuem
Futteral, den Revolver in einer neuen mit Jaguarfell überzogenen Tasche, ein
blitzblankes Trinkhorn umgehangen, und ohne Sorgen für die Zukunft, da er sich
täglich mehr von seinen Gläubigern entfernte, deren zwei noch auf dem ersten
Lagerplatz erschienen waren und mit enttäuschten Mienen wieder hatten abziehen
müssen. Auf seinen Schuhen sassen mit einem merkwürdigen, tief eingeschnittenen
Fransenkranz lose Stiefelschäfte als Futterale für die Unterschenkel auf: er hatte sie
kunstgerecht von einem Paar alter Stiefel abgeschnitten, die ihm 1884 Dr. Clauss
verehrt hatte!

Doch zierte auch Wilhelm und mich noch dasselbe Paar Hosen von englischem
Leder nach Art der italienischen Orgeldreher, das die erste Expedition mitge-
macht hatte. Es hatte dem Vogels für die neue Reise zum Vorbild gedient;
für Jäger’sche Wollene schwärmte Ehrenreich. Wir alle Vier trugen Jägerhemden
und sind mit ihnen zumal in der schwülen Regenzeit, weil sie den Schweiss sofort
aufsaugten und rasch trockneten, sehr zufrieden gewesen. Unsere breitrandigen
Strohhüte waren in dem Gefängnis von Cuyabá gearbeitet worden, billig, doch
anscheinend für kleinere Köpfe. Das Schuhwerk war verschieden: Ehrenreich und
ich gingen in Bergschuhen und, wo der Sand sich häufte, wanderte ich barfuss;
Wilhelm liebte Pantoffeln, Vogel die leinenen Baskenschuhe, die man am La Plata
kauft. Eine Zeit lang benutzte ich auch, ohne mich recht daran gewöhnen zu
können, »Alprecatas« (in gutem oder »Alpacatas«, »Precatas« im matogrossenser
Portugiesisch), Ledersandalen, die mir aus frischer Tapirhaut geschnitten worden
waren. Diese Sandalen, den Indianern unbekannt, sind von den Negern eingeführt
worden; so befinden sich im Berliner Museum für Völkerkunde in der Kameruner
Sammlung des Leutnant Morgen zwei Paar genau derselben Art, wie die Ka-
meraden und ich sie gebrauchten. Die Sohle muss so geschnitten werden, dass
man mit den Haaren gegen den Strich geht; eine Riemenschlinge beginnt zwischen
erster und zweiter Zehe, läuft horizontal um die Ferse und wird vor dieser beider-
seits mit einer Schlaufe nach unten festgehalten.

Die Kameraden trugen auf dem Rücken einen steifen selbstgenähten Leder-
sack, den Surrão; nur Antonio schleppte seine Habseligkeiten in einem schweren
weissen Leinensack, und schien sich auch, wenn er ein Wild verfolgte, dadurch
kaum behindert zu fühlen. Die Militärs unter ihnen, Perrots vier Unteroffiziere,
trugen von ihrer Uniform nur selten den blauen Rock mit rotem Stehkragen

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[27/0051] der Rückweg — »man konnte ja nicht wissen« — durch den schwarzen Streifen weithin sichtbar bleibe und in dem frisch ersprossenen Gras auch zartes Futter liefere. »Die Wolkensäule wich nimmer von dem Volk des Tages, noch die Feuersäule des Nachts.« Höchst anständig präsentirten sich in ihrer Erscheinung die beiden Reiter: Perrot in buntfarbigem Leinenhemd und weissleinenen Beinkleidern, vom Hut bis zu den Kavalleriestiefeln adrett und nett und militärisch, und Januario mit seinem feierlichen schwarzbraunen verrunzelten Gesicht über dem weissen Stehkragen, nur Leutnant a. D., aber den Sattel funkelnagelneu, das Gewehr in neuem Futteral, den Revolver in einer neuen mit Jaguarfell überzogenen Tasche, ein blitzblankes Trinkhorn umgehangen, und ohne Sorgen für die Zukunft, da er sich täglich mehr von seinen Gläubigern entfernte, deren zwei noch auf dem ersten Lagerplatz erschienen waren und mit enttäuschten Mienen wieder hatten abziehen müssen. Auf seinen Schuhen sassen mit einem merkwürdigen, tief eingeschnittenen Fransenkranz lose Stiefelschäfte als Futterale für die Unterschenkel auf: er hatte sie kunstgerecht von einem Paar alter Stiefel abgeschnitten, die ihm 1884 Dr. Clauss verehrt hatte! Doch zierte auch Wilhelm und mich noch dasselbe Paar Hosen von englischem Leder nach Art der italienischen Orgeldreher, das die erste Expedition mitge- macht hatte. Es hatte dem Vogels für die neue Reise zum Vorbild gedient; für Jäger’sche Wollene schwärmte Ehrenreich. Wir alle Vier trugen Jägerhemden und sind mit ihnen zumal in der schwülen Regenzeit, weil sie den Schweiss sofort aufsaugten und rasch trockneten, sehr zufrieden gewesen. Unsere breitrandigen Strohhüte waren in dem Gefängnis von Cuyabá gearbeitet worden, billig, doch anscheinend für kleinere Köpfe. Das Schuhwerk war verschieden: Ehrenreich und ich gingen in Bergschuhen und, wo der Sand sich häufte, wanderte ich barfuss; Wilhelm liebte Pantoffeln, Vogel die leinenen Baskenschuhe, die man am La Plata kauft. Eine Zeit lang benutzte ich auch, ohne mich recht daran gewöhnen zu können, »Alprecatas« (in gutem oder »Alpacatas«, »Precatas« im matogrossenser Portugiesisch), Ledersandalen, die mir aus frischer Tapirhaut geschnitten worden waren. Diese Sandalen, den Indianern unbekannt, sind von den Negern eingeführt worden; so befinden sich im Berliner Museum für Völkerkunde in der Kameruner Sammlung des Leutnant Morgen zwei Paar genau derselben Art, wie die Ka- meraden und ich sie gebrauchten. Die Sohle muss so geschnitten werden, dass man mit den Haaren gegen den Strich geht; eine Riemenschlinge beginnt zwischen erster und zweiter Zehe, läuft horizontal um die Ferse und wird vor dieser beider- seits mit einer Schlaufe nach unten festgehalten. Die Kameraden trugen auf dem Rücken einen steifen selbstgenähten Leder- sack, den Surrão; nur Antonio schleppte seine Habseligkeiten in einem schweren weissen Leinensack, und schien sich auch, wenn er ein Wild verfolgte, dadurch kaum behindert zu fühlen. Die Militärs unter ihnen, Perrots vier Unteroffiziere, trugen von ihrer Uniform nur selten den blauen Rock mit rotem Stehkragen

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/51>, abgerufen am 28.11.2024.