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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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waren intelligente, aber unverschämte Rangen, die lieber eigensinnig als gehor-
sam waren.

Die Ausrüstung der Knaben mit Stulpen wird festlich begangen. Sie
müssen den Tag vorher in dem Wald zubringen und bekommen nichts zu essen.
Die jungen Krieger werden berusst und müssen allerlei Schabernack aushalten;
der Hauptspass ist, dass sich zwei Parteien an beiden Seiten eines Feuers auf-
stellen und die Jungen einander zuwerfen.

Totenfeier. Unterrichten wir uns zunächst bei Waehneldt über die
Bororo am Jauru.

"Ihre Trauer- und Bestattungsfeierlichkeiten finden inmitten ihrer Dörfer
statt, im Sanctuarium selbst (der Seite 501 erwähnten Umzäunung). Man zeigte
uns die reinen Knochen des ältesten, vor wenigen Monaten gestorbenen Indianers,
der, nachdem er sechs Monate beerdigt gewesen, wieder ausgegraben worden
sei; die Knochen waren rein und vollzählig.

Alle Abende sangen sie an diesem Ort Trauergesänge und tanzten,
während sie jeden Knochen mit bunten Federn bedeckten und den Schädel
reich mit Arara- und anderen Federn schmückten.

Diese Zeremonien dauern mehrere Wochen, worauf die in einer Urne
beigesetzten Knochen von Neuem beerdigt werden. Jedoch nicht allen Ver-
storbenen werden gleiche Ehren zu Teil.

Der Dahingeschiedene bleibt auf seinem Totenbett für die Dauer von drei
Tagen
unberührt, bis die Verwesung schon stark fortgeschritten ist und einen
schlechten, Ekel erregenden Geruch verbreitet; am dritten Tage wird der
Leichnam in Felle, Matten und grüne Blätter eingewickelt, in die Grube gelegt
und diese wieder mit Erde, Palmblättern und Matten bedeckt.

Die Grabstätte befindet sich in der Mitte des Dorfes und wird sehr sauber
gehalten; sie hatte das Aussehen eines europäischen Kirchhofs".

In diesen wertvollen Angaben muss ein Punkt näher erörtert werden.
Waehneldt hält bei seinem kurzen Besuch im Matogrosso die Bororo für
alteingesessene Bewohner der Gegend und glaubt, weil er die Beisetzung
in Urnen sah, dass auch Urnen, die sich "im Ueberfluss an alten, heute
verachteten Wohnstätten, zum grossen Teil voller Knochen", fänden, von
den Vorfahren der Bororo herrührten. Seine Bororo sind jedoch dieselben,
die von dem Fazendeiro Leite nach langen Kämpfen erst hier angesiedelt
wurden; alte Urnenfriedhöfe gleicher Art giebt es in der Nachbarschaft von
Villa Maria zahlreich; sie haben mit den modernen Bororo nichts zu schaffen
und harren noch der Untersuchung. Waehneldt giebt auch selbst an, dass
er nur "wenige Töpfe aus Thon, die von ihnen selbst waren, angetroffen
habe und ausserdem einige grössere Gefässe, um verschiedene Gegenstände
aufzubewahren, die indessen Erbstücke der Vorfahren waren, weil sie heute
nicht mehr gemacht werden
". Entweder hatten sich die Bororo solche
Urnen zum Muster genommen und ihre Knochenkörbe -- noch eine Vor-

waren intelligente, aber unverschämte Rangen, die lieber eigensinnig als gehor-
sam waren.

Die Ausrüstung der Knaben mit Stulpen wird festlich begangen. Sie
müssen den Tag vorher in dem Wald zubringen und bekommen nichts zu essen.
Die jungen Krieger werden berusst und müssen allerlei Schabernack aushalten;
der Hauptspass ist, dass sich zwei Parteien an beiden Seiten eines Feuers auf-
stellen und die Jungen einander zuwerfen.

Totenfeier. Unterrichten wir uns zunächst bei Waehneldt über die
Bororó am Jaurú.

»Ihre Trauer- und Bestattungsfeierlichkeiten finden inmitten ihrer Dörfer
statt, im Sanctuarium selbst (der Seite 501 erwähnten Umzäunung). Man zeigte
uns die reinen Knochen des ältesten, vor wenigen Monaten gestorbenen Indianers,
der, nachdem er sechs Monate beerdigt gewesen, wieder ausgegraben worden
sei; die Knochen waren rein und vollzählig.

Alle Abende sangen sie an diesem Ort Trauergesänge und tanzten,
während sie jeden Knochen mit bunten Federn bedeckten und den Schädel
reich mit Arara- und anderen Federn schmückten.

Diese Zeremonien dauern mehrere Wochen, worauf die in einer Urne
beigesetzten Knochen von Neuem beerdigt werden. Jedoch nicht allen Ver-
storbenen werden gleiche Ehren zu Teil.

Der Dahingeschiedene bleibt auf seinem Totenbett für die Dauer von drei
Tagen
unberührt, bis die Verwesung schon stark fortgeschritten ist und einen
schlechten, Ekel erregenden Geruch verbreitet; am dritten Tage wird der
Leichnam in Felle, Matten und grüne Blätter eingewickelt, in die Grube gelegt
und diese wieder mit Erde, Palmblättern und Matten bedeckt.

Die Grabstätte befindet sich in der Mitte des Dorfes und wird sehr sauber
gehalten; sie hatte das Aussehen eines europäischen Kirchhofs«.

In diesen wertvollen Angaben muss ein Punkt näher erörtert werden.
Waehneldt hält bei seinem kurzen Besuch im Matogrosso die Bororó für
alteingesessene Bewohner der Gegend und glaubt, weil er die Beisetzung
in Urnen sah, dass auch Urnen, die sich »im Ueberfluss an alten, heute
verachteten Wohnstätten, zum grossen Teil voller Knochen«, fänden, von
den Vorfahren der Bororó herrührten. Seine Bororó sind jedoch dieselben,
die von dem Fazendeiro Leite nach langen Kämpfen erst hier angesiedelt
wurden; alte Urnenfriedhöfe gleicher Art giebt es in der Nachbarschaft von
Villa Maria zahlreich; sie haben mit den modernen Bororó nichts zu schaffen
und harren noch der Untersuchung. Waehneldt giebt auch selbst an, dass
er nur »wenige Töpfe aus Thon, die von ihnen selbst waren, angetroffen
habe und ausserdem einige grössere Gefässe, um verschiedene Gegenstände
aufzubewahren, die indessen Erbstücke der Vorfahren waren, weil sie heute
nicht mehr gemacht werden
«. Entweder hatten sich die Bororó solche
Urnen zum Muster genommen und ihre Knochenkörbe — noch eine Vor-

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[504/0576] waren intelligente, aber unverschämte Rangen, die lieber eigensinnig als gehor- sam waren. Die Ausrüstung der Knaben mit Stulpen wird festlich begangen. Sie müssen den Tag vorher in dem Wald zubringen und bekommen nichts zu essen. Die jungen Krieger werden berusst und müssen allerlei Schabernack aushalten; der Hauptspass ist, dass sich zwei Parteien an beiden Seiten eines Feuers auf- stellen und die Jungen einander zuwerfen. Totenfeier. Unterrichten wir uns zunächst bei Waehneldt über die Bororó am Jaurú. »Ihre Trauer- und Bestattungsfeierlichkeiten finden inmitten ihrer Dörfer statt, im Sanctuarium selbst (der Seite 501 erwähnten Umzäunung). Man zeigte uns die reinen Knochen des ältesten, vor wenigen Monaten gestorbenen Indianers, der, nachdem er sechs Monate beerdigt gewesen, wieder ausgegraben worden sei; die Knochen waren rein und vollzählig. Alle Abende sangen sie an diesem Ort Trauergesänge und tanzten, während sie jeden Knochen mit bunten Federn bedeckten und den Schädel reich mit Arara- und anderen Federn schmückten. Diese Zeremonien dauern mehrere Wochen, worauf die in einer Urne beigesetzten Knochen von Neuem beerdigt werden. Jedoch nicht allen Ver- storbenen werden gleiche Ehren zu Teil. Der Dahingeschiedene bleibt auf seinem Totenbett für die Dauer von drei Tagen unberührt, bis die Verwesung schon stark fortgeschritten ist und einen schlechten, Ekel erregenden Geruch verbreitet; am dritten Tage wird der Leichnam in Felle, Matten und grüne Blätter eingewickelt, in die Grube gelegt und diese wieder mit Erde, Palmblättern und Matten bedeckt. Die Grabstätte befindet sich in der Mitte des Dorfes und wird sehr sauber gehalten; sie hatte das Aussehen eines europäischen Kirchhofs«. In diesen wertvollen Angaben muss ein Punkt näher erörtert werden. Waehneldt hält bei seinem kurzen Besuch im Matogrosso die Bororó für alteingesessene Bewohner der Gegend und glaubt, weil er die Beisetzung in Urnen sah, dass auch Urnen, die sich »im Ueberfluss an alten, heute verachteten Wohnstätten, zum grossen Teil voller Knochen«, fänden, von den Vorfahren der Bororó herrührten. Seine Bororó sind jedoch dieselben, die von dem Fazendeiro Leite nach langen Kämpfen erst hier angesiedelt wurden; alte Urnenfriedhöfe gleicher Art giebt es in der Nachbarschaft von Villa Maria zahlreich; sie haben mit den modernen Bororó nichts zu schaffen und harren noch der Untersuchung. Waehneldt giebt auch selbst an, dass er nur »wenige Töpfe aus Thon, die von ihnen selbst waren, angetroffen habe und ausserdem einige grössere Gefässe, um verschiedene Gegenstände aufzubewahren, die indessen Erbstücke der Vorfahren waren, weil sie heute nicht mehr gemacht werden«. Entweder hatten sich die Bororó solche Urnen zum Muster genommen und ihre Knochenkörbe — noch eine Vor-

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/576>, abgerufen am 22.11.2024.