Im Begriffe, vorliegendes Buch, des Verfassers erstes Werk von einigem Umfange, der Oeffentlichkeit zu übergeben, regen sich in mir, nach den Erfahrungen, die ich bei Gelegenheit meiner kleinen Schriften gemacht habe, mancherlei Befürchtungen rück- sichtlich der Aufnahme, die es finden dürfte. Ich habe aber weder die Macht noch die Absicht, allen möglichen Mißver- ständnissen, Unterschiebungen und ungehörigen Urtheilen zuvor- zukommen; am allerwenigsten könnte dies in einem kurzen Vor- worte geschehen. Denen, die meine Eigenthümlichkeit nicht be- greifen, werde ich mich nie aufschließen können; und die, wel- che, von der Sache abspringend, in voreiligster Weise mit ethi- scher Beurtheilung bei der Hand sind, muß ich unbeachtet lassen.
So will ich mich denn hier nur für diejenigen, die mich verstehen und kennen, über einige Punkte näher erklären.
Was zunächst meine hier gegebene Kritik Beckers be- trifft, so muß sie wohl allen, die den Ansichten dieses Sprach- forschers anhängen, sehr streng, hart, bitter erscheinen. Aber konnte ich denn wohl anders reden? Ich hätte diesen und jenen Satz unterdrücken, dieses und jenes Wort streichen kön- nen; gemildert hätte ich die Sache dadurch keineswegs. Eine Kritik, wie die vorliegende, so gänzlich zerstörend, das Ge- bäude und den Grund; so vollständig zersetzend, im Ganzen und im Einzelnen; die Fehler von der äußersten Oberfläche bis in die innerste Tiefe aufsuchend -- eine solche Kritik kann
Vorwort.
Im Begriffe, vorliegendes Buch, des Verfassers erstes Werk von einigem Umfange, der Oeffentlichkeit zu übergeben, regen sich in mir, nach den Erfahrungen, die ich bei Gelegenheit meiner kleinen Schriften gemacht habe, mancherlei Befürchtungen rück- sichtlich der Aufnahme, die es finden dürfte. Ich habe aber weder die Macht noch die Absicht, allen möglichen Mißver- ständnissen, Unterschiebungen und ungehörigen Urtheilen zuvor- zukommen; am allerwenigsten könnte dies in einem kurzen Vor- worte geschehen. Denen, die meine Eigenthümlichkeit nicht be- greifen, werde ich mich nie aufschließen können; und die, wel- che, von der Sache abspringend, in voreiligster Weise mit ethi- scher Beurtheilung bei der Hand sind, muß ich unbeachtet lassen.
So will ich mich denn hier nur für diejenigen, die mich verstehen und kennen, über einige Punkte näher erklären.
Was zunächst meine hier gegebene Kritik Beckers be- trifft, so muß sie wohl allen, die den Ansichten dieses Sprach- forschers anhängen, sehr streng, hart, bitter erscheinen. Aber konnte ich denn wohl anders reden? Ich hätte diesen und jenen Satz unterdrücken, dieses und jenes Wort streichen kön- nen; gemildert hätte ich die Sache dadurch keineswegs. Eine Kritik, wie die vorliegende, so gänzlich zerstörend, das Ge- bäude und den Grund; so vollständig zersetzend, im Ganzen und im Einzelnen; die Fehler von der äußersten Oberfläche bis in die innerste Tiefe aufsuchend — eine solche Kritik kann
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Vorwort.
Im Begriffe, vorliegendes Buch, des Verfassers erstes Werk von
einigem Umfange, der Oeffentlichkeit zu übergeben, regen sich
in mir, nach den Erfahrungen, die ich bei Gelegenheit meiner
kleinen Schriften gemacht habe, mancherlei Befürchtungen rück-
sichtlich der Aufnahme, die es finden dürfte. Ich habe aber
weder die Macht noch die Absicht, allen möglichen Mißver-
ständnissen, Unterschiebungen und ungehörigen Urtheilen zuvor-
zukommen; am allerwenigsten könnte dies in einem kurzen Vor-
worte geschehen. Denen, die meine Eigenthümlichkeit nicht be-
greifen, werde ich mich nie aufschließen können; und die, wel-
che, von der Sache abspringend, in voreiligster Weise mit ethi-
scher Beurtheilung bei der Hand sind, muß ich unbeachtet
lassen.
So will ich mich denn hier nur für diejenigen, die mich
verstehen und kennen, über einige Punkte näher erklären.
Was zunächst meine hier gegebene Kritik Beckers be-
trifft, so muß sie wohl allen, die den Ansichten dieses Sprach-
forschers anhängen, sehr streng, hart, bitter erscheinen. Aber
konnte ich denn wohl anders reden? Ich hätte diesen und
jenen Satz unterdrücken, dieses und jenes Wort streichen kön-
nen; gemildert hätte ich die Sache dadurch keineswegs. Eine
Kritik, wie die vorliegende, so gänzlich zerstörend, das Ge-
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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. [V]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/11>, abgerufen am 21.11.2024.
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