Grammatik, und die Sprache schafft ihre Formen in eigenem Drange, nach eigenen Gesetzen, in unveräußerlicher Selbstherr- schaft. Becker, der nur logische Gesetze kennt, ist ihrem Ge- biete fern geblieben. Die obigen Analogien lassen uns aber zu- gleich den Grund dieser Verschiedenheit von Grammatik und Logik wenigstens ahnen.
C. Vermittlung zwischen Grammatik und Logik.
§. 47. Beckers falsche Anklage.
Beckers logische Betrachtung der Sprache ist, wie schon bemerkt, die älteste und zugleich nie aufgegebene Weise der Grammatik. Nur in neuester Zeit haben sich Stimmen erhoben, welche die Grammatik von der Logik trennen und selbständiger hinstellen wollen. Wenn nun Becker sagt, dieses Widerstreben, in der Grammatik nichts als Logik zu sehen, wurzele, genau betrachtet, in der verschollenen Ansicht von einer künstlichen Erfindung der Sprache; so ist das den Thatsachen Hohn ge- sprochen. Jene logischen Grammatiker gerade behaupteten die Erfindung der Sprache, und wir haben mehrere Male gesehen, wie Becker, weil er Logiker ist, nur von einer künstlichen Er- findung der Sprache zu reden vermag; jetzt aber endlich, nach- dem mit einer tiefern Ahnung von dem Wesen und dem Ur- sprung der Sprache zugleich ein feineres Gefühl für ihre Eigen- thümlichkeiten herrschend geworden ist, wird auch die Forde- rung laut, daß die Grammatik von der Herrschaft der Logik zu befreien sei. Wir begrüßen sie freudig als von bester Vor- bedeutung, obwohl wir uns ihr nicht vollständig anschließen können, weil sie uns noch nicht klar genug über ihr Wesen zu sein scheint. Ihr zu dieser Klarheit zu verhelfen, tragen wir mit aller Kraft bei, und wissen uns in diesem Bemühen in der Gesellschaft der besten Männer.
§. 48. Verschiedenheit zwischen Grammatik und Logik nach Trendelenburg.
Je weitere und gründlichere Ausbildung die Etymologie in diesem Jahrhunderte erlangte, je mehr die Vergleichung der Sprachen in die unterscheidenden, individuellen Merkmale der- selben eindrang, um so mehr drängte sich der Forschung ein Wesen der Sprache auf, welches logisch unmeßbar blieb, häufig auch der Logik und dem wahren Sachverhältnisse widersprach. Ohne sich aber tiefer auf den Grund, auf die Möglichkeit die-
Grammatik, und die Sprache schafft ihre Formen in eigenem Drange, nach eigenen Gesetzen, in unveräußerlicher Selbstherr- schaft. Becker, der nur logische Gesetze kennt, ist ihrem Ge- biete fern geblieben. Die obigen Analogien lassen uns aber zu- gleich den Grund dieser Verschiedenheit von Grammatik und Logik wenigstens ahnen.
C. Vermittlung zwischen Grammatik und Logik.
§. 47. Beckers falsche Anklage.
Beckers logische Betrachtung der Sprache ist, wie schon bemerkt, die älteste und zugleich nie aufgegebene Weise der Grammatik. Nur in neuester Zeit haben sich Stimmen erhoben, welche die Grammatik von der Logik trennen und selbständiger hinstellen wollen. Wenn nun Becker sagt, dieses Widerstreben, in der Grammatik nichts als Logik zu sehen, wurzele, genau betrachtet, in der verschollenen Ansicht von einer künstlichen Erfindung der Sprache; so ist das den Thatsachen Hohn ge- sprochen. Jene logischen Grammatiker gerade behaupteten die Erfindung der Sprache, und wir haben mehrere Male gesehen, wie Becker, weil er Logiker ist, nur von einer künstlichen Er- findung der Sprache zu reden vermag; jetzt aber endlich, nach- dem mit einer tiefern Ahnung von dem Wesen und dem Ur- sprung der Sprache zugleich ein feineres Gefühl für ihre Eigen- thümlichkeiten herrschend geworden ist, wird auch die Forde- rung laut, daß die Grammatik von der Herrschaft der Logik zu befreien sei. Wir begrüßen sie freudig als von bester Vor- bedeutung, obwohl wir uns ihr nicht vollständig anschließen können, weil sie uns noch nicht klar genug über ihr Wesen zu sein scheint. Ihr zu dieser Klarheit zu verhelfen, tragen wir mit aller Kraft bei, und wissen uns in diesem Bemühen in der Gesellschaft der besten Männer.
§. 48. Verschiedenheit zwischen Grammatik und Logik nach Trendelenburg.
Je weitere und gründlichere Ausbildung die Etymologie in diesem Jahrhunderte erlangte, je mehr die Vergleichung der Sprachen in die unterscheidenden, individuellen Merkmale der- selben eindrang, um so mehr drängte sich der Forschung ein Wesen der Sprache auf, welches logisch unmeßbar blieb, häufig auch der Logik und dem wahren Sachverhältnisse widersprach. Ohne sich aber tiefer auf den Grund, auf die Möglichkeit die-
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Grammatik, und die Sprache schafft ihre Formen in eigenem
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schaft. Becker, der nur logische Gesetze kennt, ist ihrem Ge-
biete fern geblieben. Die obigen Analogien lassen uns aber zu-
gleich den Grund dieser Verschiedenheit von Grammatik und
Logik wenigstens ahnen.
C. Vermittlung zwischen Grammatik und Logik.
§. 47. Beckers falsche Anklage.
Beckers logische Betrachtung der Sprache ist, wie schon
bemerkt, die älteste und zugleich nie aufgegebene Weise der
Grammatik. Nur in neuester Zeit haben sich Stimmen erhoben,
welche die Grammatik von der Logik trennen und selbständiger
hinstellen wollen. Wenn nun Becker sagt, dieses Widerstreben,
in der Grammatik nichts als Logik zu sehen, wurzele, genau
betrachtet, in der verschollenen Ansicht von einer künstlichen
Erfindung der Sprache; so ist das den Thatsachen Hohn ge-
sprochen. Jene logischen Grammatiker gerade behaupteten die
Erfindung der Sprache, und wir haben mehrere Male gesehen,
wie Becker, weil er Logiker ist, nur von einer künstlichen Er-
findung der Sprache zu reden vermag; jetzt aber endlich, nach-
dem mit einer tiefern Ahnung von dem Wesen und dem Ur-
sprung der Sprache zugleich ein feineres Gefühl für ihre Eigen-
thümlichkeiten herrschend geworden ist, wird auch die Forde-
rung laut, daß die Grammatik von der Herrschaft der Logik
zu befreien sei. Wir begrüßen sie freudig als von bester Vor-
bedeutung, obwohl wir uns ihr nicht vollständig anschließen
können, weil sie uns noch nicht klar genug über ihr Wesen zu
sein scheint. Ihr zu dieser Klarheit zu verhelfen, tragen wir
mit aller Kraft bei, und wissen uns in diesem Bemühen in der
Gesellschaft der besten Männer.
§. 48. Verschiedenheit zwischen Grammatik und Logik nach Trendelenburg.
Je weitere und gründlichere Ausbildung die Etymologie in
diesem Jahrhunderte erlangte, je mehr die Vergleichung der
Sprachen in die unterscheidenden, individuellen Merkmale der-
selben eindrang, um so mehr drängte sich der Forschung ein
Wesen der Sprache auf, welches logisch unmeßbar blieb, häufig
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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/154>, abgerufen am 22.11.2024.
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