aufgezehrt werden müssen. Es ist doch auch wohl ferner vor- auszusetzen, daß der organische Körper, wie eine jener sinn- vollsten Maschinen, die zufälligsten und formverschiedensten Ein- wirkungen von außen nicht nur zu überdauern, sondern ihnen zugleich einen benutzbaren Effect für seine eigenen Zwecke ab- zugewinnen vermag. Ein Perpetuum mobile freilich ist auch er nicht. Gewaltsamen Erschütterungen vermag er nicht zu wi- derstehen. "Geringere Erschütterungen dagegen müssen wir bei Pflanzen, wie bei Thieren, als aufgenommen in den Plan des Le- bens ansehen, bei diesen als unvermeidliche Folgen der Muskel- bewegung, bei jenen als Nebenumstände, welche mit dem Ge- nusse des adäquaten Lebensreizes, der atmosphärischen Luft, gleich unabtrennbar verbunden sind. Ein großer Theil dieser zugeführten Erschütterungen geht nun allerdings nutzlos verlo- ren; der Organismus theilt seine Bebungen dem Boden und der umgebenden Luft mit; ein anderer Theil der Bewegung wird auf Erzeugung von Schallschwingungen, ein kleinerer vielleicht noch auf Bildung von Wärme verwandt." Andererseits aber sind diese Erschütterungen förderlich für die Saftbewegung und den Stoffwechsel, sowohl bei Thieren als bei Pflanzen.
Betrachten wir jetzt die Nervenwirkungen. Die Erre- gung motorischer Nerven findet ihre Ausgleichung in der Con- traction der Muskeln, und diese verliert sich in Wärmeerzeu- gung und chemische Processe, außerdem daß die Glieder ihre Bewegung nach außen mittheilen: dies ist leicht zu sehen. Aber "wohin verlieren sich die unzähligen zum Theil so starken Ein- drücke, denen unser sensibles Nervensystem jeden Augenblick ausgesetzt ist? Diese Frage läßt sich nicht mit Sicherheit ent- scheiden, doch giebt es einige Spuren, die wir verfolgen kön- nen." Nämlich der Nerv nutzt sich ab, und so wird also auch seine Erregung in chemische Processe umgewandelt. Doch dies geschieht nicht schnell genug, und wir erkennen leicht noch zwei Möglichkeiten, wodurch sich der Körper von den Nerven- erregungen befreit, Muskelbewegung und Absonderung.
"Die Natur hat die erste Art der Ausgleichung sensibler Erregung, ihre Uebertragung nämlich auf motorische Nerven, nicht nur höchst ausgedehnt verwirklicht, sondern zugleich das Unvermeidliche zum Besten gekehrt. Zwar nicht immer, aber überall, wo die Function eines Organs dazu Veranlassung gab, erscheinen diese Reflexbewegungen nicht nur als Ableitungen
aufgezehrt werden müssen. Es ist doch auch wohl ferner vor- auszusetzen, daß der organische Körper, wie eine jener sinn- vollsten Maschinen, die zufälligsten und formverschiedensten Ein- wirkungen von außen nicht nur zu überdauern, sondern ihnen zugleich einen benutzbaren Effect für seine eigenen Zwecke ab- zugewinnen vermag. Ein Perpetuum mobile freilich ist auch er nicht. Gewaltsamen Erschütterungen vermag er nicht zu wi- derstehen. „Geringere Erschütterungen dagegen müssen wir bei Pflanzen, wie bei Thieren, als aufgenommen in den Plan des Le- bens ansehen, bei diesen als unvermeidliche Folgen der Muskel- bewegung, bei jenen als Nebenumstände, welche mit dem Ge- nusse des adäquaten Lebensreizes, der atmosphärischen Luft, gleich unabtrennbar verbunden sind. Ein großer Theil dieser zugeführten Erschütterungen geht nun allerdings nutzlos verlo- ren; der Organismus theilt seine Bebungen dem Boden und der umgebenden Luft mit; ein anderer Theil der Bewegung wird auf Erzeugung von Schallschwingungen, ein kleinerer vielleicht noch auf Bildung von Wärme verwandt.“ Andererseits aber sind diese Erschütterungen förderlich für die Saftbewegung und den Stoffwechsel, sowohl bei Thieren als bei Pflanzen.
Betrachten wir jetzt die Nervenwirkungen. Die Erre- gung motorischer Nerven findet ihre Ausgleichung in der Con- traction der Muskeln, und diese verliert sich in Wärmeerzeu- gung und chemische Processe, außerdem daß die Glieder ihre Bewegung nach außen mittheilen: dies ist leicht zu sehen. Aber „wohin verlieren sich die unzähligen zum Theil so starken Ein- drücke, denen unser sensibles Nervensystem jeden Augenblick ausgesetzt ist? Diese Frage läßt sich nicht mit Sicherheit ent- scheiden, doch giebt es einige Spuren, die wir verfolgen kön- nen.“ Nämlich der Nerv nutzt sich ab, und so wird also auch seine Erregung in chemische Processe umgewandelt. Doch dies geschieht nicht schnell genug, und wir erkennen leicht noch zwei Möglichkeiten, wodurch sich der Körper von den Nerven- erregungen befreit, Muskelbewegung und Absonderung.
„Die Natur hat die erste Art der Ausgleichung sensibler Erregung, ihre Uebertragung nämlich auf motorische Nerven, nicht nur höchst ausgedehnt verwirklicht, sondern zugleich das Unvermeidliche zum Besten gekehrt. Zwar nicht immer, aber überall, wo die Function eines Organs dazu Veranlassung gab, erscheinen diese Reflexbewegungen nicht nur als Ableitungen
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aufgezehrt werden müssen. Es ist doch auch wohl ferner vor-
auszusetzen, daß der organische Körper, wie eine jener sinn-
vollsten Maschinen, die zufälligsten und formverschiedensten Ein-
wirkungen von außen nicht nur zu überdauern, sondern ihnen
zugleich einen benutzbaren Effect für seine eigenen Zwecke ab-
zugewinnen vermag. Ein Perpetuum mobile freilich ist auch er
nicht. Gewaltsamen Erschütterungen vermag er nicht zu wi-
derstehen. „Geringere Erschütterungen dagegen müssen wir bei
Pflanzen, wie bei Thieren, als aufgenommen in den Plan des Le-
bens ansehen, bei diesen als unvermeidliche Folgen der Muskel-
bewegung, bei jenen als Nebenumstände, welche mit dem Ge-
nusse des adäquaten Lebensreizes, der atmosphärischen Luft,
gleich unabtrennbar verbunden sind. Ein großer Theil dieser
zugeführten Erschütterungen geht nun allerdings nutzlos verlo-
ren; der Organismus theilt seine Bebungen dem Boden und der
umgebenden Luft mit; ein anderer Theil der Bewegung wird
auf Erzeugung von Schallschwingungen, ein kleinerer vielleicht
noch auf Bildung von Wärme verwandt.“ Andererseits aber
sind diese Erschütterungen förderlich für die Saftbewegung und
den Stoffwechsel, sowohl bei Thieren als bei Pflanzen.
Betrachten wir jetzt die Nervenwirkungen. Die Erre-
gung motorischer Nerven findet ihre Ausgleichung in der Con-
traction der Muskeln, und diese verliert sich in Wärmeerzeu-
gung und chemische Processe, außerdem daß die Glieder ihre
Bewegung nach außen mittheilen: dies ist leicht zu sehen. Aber
„wohin verlieren sich die unzähligen zum Theil so starken Ein-
drücke, denen unser sensibles Nervensystem jeden Augenblick
ausgesetzt ist? Diese Frage läßt sich nicht mit Sicherheit ent-
scheiden, doch giebt es einige Spuren, die wir verfolgen kön-
nen.“ Nämlich der Nerv nutzt sich ab, und so wird also
auch seine Erregung in chemische Processe umgewandelt. Doch
dies geschieht nicht schnell genug, und wir erkennen leicht noch
zwei Möglichkeiten, wodurch sich der Körper von den Nerven-
erregungen befreit, Muskelbewegung und Absonderung.
„Die Natur hat die erste Art der Ausgleichung sensibler
Erregung, ihre Uebertragung nämlich auf motorische Nerven,
nicht nur höchst ausgedehnt verwirklicht, sondern zugleich das
Unvermeidliche zum Besten gekehrt. Zwar nicht immer, aber
überall, wo die Function eines Organs dazu Veranlassung gab,
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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/331>, abgerufen am 21.11.2024.
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