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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855.

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Das bloß Andere bedarf keines gemeinsamen Punktes, aber durch-
aus der Gegensatz, wie aus Trendelenburgs folgenden Wor-
ten hervorgeht: "Der Begriff des Gegensatzes ist im Einzelnen
klar ... Es ist jedoch eine schwierige Frage, wie dieser Begriff
im Allgemeinen festzuhalten sei... Zunächst weist aller Gegen-
satz auf ein höheres Allgemeines hin, z. B. auf die umfassende
Einheit eines Zweckes, die das Maß der Beziehung bildet. Be-
griffe, die nichts mit einander theilen, können auch nicht zu ei-
nem Gegensatz aus einander treten. Man hat ein schönes Bei-
spiel der zusammenwirkenden Gegensätze in der Harmonie der
sich fordernden Farben. -- Die Begriffe ziehen als Allgemeines
das differente Einzelne in sich zusammen. Aber verglichen mit
einander fallen sie selbst außer einander. Die Begriffe ordnen
sich in Abständen; denn je nach ihrer Uebereinstimmung und
Verschiedenheit ziehen sie sich an und stoßen sich ab. So bil-
den sich, wenn man den Inhalt betrachtet, Reihen von Begrif-
fen. Diejenigen, die innerhalb desselben Geschlechtes am wei-
testen von einander abstehen, heißen Gegensätze." Diese
Bestimmung scheint etwas lose, indem der Gegensatz hier nur
als große Verschiedenheit bestimmt wird; der Unterschied
zwischen Gegensatz und bloß Anderm scheint quantitativ, von
einem mehr oder weniger des Gemeinsamen abhängig. Dies Mehr
oder Weniger aber ist völlig unbestimmt gelassen. Man fragt:
bilden wohl auch schon zwei Begriffe, die sich nur innerhalb
einer Art, und auch noch zwei, die sich sogar innerhalb einer
Ordnung am entferntesten stehen, einen Gegensatz? Diese schei-
nen ihn noch nicht, jene nicht mehr zu bilden. Und wie be-
stimmt man das Geschlecht, die Art und die Ordnung? In-
dessen dies ist wohl Trendelenburgs Ansicht gar nicht; nach
ihm ist die quantitative Entfernung, die größere oder geringere
Menge des Gemeinsamen für den Begriff des Gegensatzes gleich-
gültig, und nur dies kommt dabei in Betracht, daß die beiden
Begriffe an den beiden Grenzen "eines höhern Allgemeinen"
stehen, dieses mag viel oder wenig umfassen, eine Classe oder eine
bloße Art sein. -- Trendelenburg fährt fort: "Dies Verhält-
niß ergiebt sich, wenn die Begriffe nach dem Inhalt und gleich-
sam in der Ruhe neben einander betrachtet werden. Das Zweite
ist die Richtung der Bewegung, wenn sie in der Wirkung auf-
gefaßt werden. Die räumliche Richtung des Anziehens und
Abstoßens, des Zusammen und Auseinander, des Widerstrebens

Das bloß Andere bedarf keines gemeinsamen Punktes, aber durch-
aus der Gegensatz, wie aus Trendelenburgs folgenden Wor-
ten hervorgeht: „Der Begriff des Gegensatzes ist im Einzelnen
klar … Es ist jedoch eine schwierige Frage, wie dieser Begriff
im Allgemeinen festzuhalten sei… Zunächst weist aller Gegen-
satz auf ein höheres Allgemeines hin, z. B. auf die umfassende
Einheit eines Zweckes, die das Maß der Beziehung bildet. Be-
griffe, die nichts mit einander theilen, können auch nicht zu ei-
nem Gegensatz aus einander treten. Man hat ein schönes Bei-
spiel der zusammenwirkenden Gegensätze in der Harmonie der
sich fordernden Farben. — Die Begriffe ziehen als Allgemeines
das differente Einzelne in sich zusammen. Aber verglichen mit
einander fallen sie selbst außer einander. Die Begriffe ordnen
sich in Abständen; denn je nach ihrer Uebereinstimmung und
Verschiedenheit ziehen sie sich an und stoßen sich ab. So bil-
den sich, wenn man den Inhalt betrachtet, Reihen von Begrif-
fen. Diejenigen, die innerhalb desselben Geschlechtes am wei-
testen von einander abstehen, heißen Gegensätze.“ Diese
Bestimmung scheint etwas lose, indem der Gegensatz hier nur
als große Verschiedenheit bestimmt wird; der Unterschied
zwischen Gegensatz und bloß Anderm scheint quantitativ, von
einem mehr oder weniger des Gemeinsamen abhängig. Dies Mehr
oder Weniger aber ist völlig unbestimmt gelassen. Man fragt:
bilden wohl auch schon zwei Begriffe, die sich nur innerhalb
einer Art, und auch noch zwei, die sich sogar innerhalb einer
Ordnung am entferntesten stehen, einen Gegensatz? Diese schei-
nen ihn noch nicht, jene nicht mehr zu bilden. Und wie be-
stimmt man das Geschlecht, die Art und die Ordnung? In-
dessen dies ist wohl Trendelenburgs Ansicht gar nicht; nach
ihm ist die quantitative Entfernung, die größere oder geringere
Menge des Gemeinsamen für den Begriff des Gegensatzes gleich-
gültig, und nur dies kommt dabei in Betracht, daß die beiden
Begriffe an den beiden Grenzen „eines höhern Allgemeinen“
stehen, dieses mag viel oder wenig umfassen, eine Classe oder eine
bloße Art sein. — Trendelenburg fährt fort: „Dies Verhält-
niß ergiebt sich, wenn die Begriffe nach dem Inhalt und gleich-
sam in der Ruhe neben einander betrachtet werden. Das Zweite
ist die Richtung der Bewegung, wenn sie in der Wirkung auf-
gefaßt werden. Die räumliche Richtung des Anziehens und
Abstoßens, des Zusammen und Auseinander, des Widerstrebens

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[42/0080] Das bloß Andere bedarf keines gemeinsamen Punktes, aber durch- aus der Gegensatz, wie aus Trendelenburgs folgenden Wor- ten hervorgeht: „Der Begriff des Gegensatzes ist im Einzelnen klar … Es ist jedoch eine schwierige Frage, wie dieser Begriff im Allgemeinen festzuhalten sei… Zunächst weist aller Gegen- satz auf ein höheres Allgemeines hin, z. B. auf die umfassende Einheit eines Zweckes, die das Maß der Beziehung bildet. Be- griffe, die nichts mit einander theilen, können auch nicht zu ei- nem Gegensatz aus einander treten. Man hat ein schönes Bei- spiel der zusammenwirkenden Gegensätze in der Harmonie der sich fordernden Farben. — Die Begriffe ziehen als Allgemeines das differente Einzelne in sich zusammen. Aber verglichen mit einander fallen sie selbst außer einander. Die Begriffe ordnen sich in Abständen; denn je nach ihrer Uebereinstimmung und Verschiedenheit ziehen sie sich an und stoßen sich ab. So bil- den sich, wenn man den Inhalt betrachtet, Reihen von Begrif- fen. Diejenigen, die innerhalb desselben Geschlechtes am wei- testen von einander abstehen, heißen Gegensätze.“ Diese Bestimmung scheint etwas lose, indem der Gegensatz hier nur als große Verschiedenheit bestimmt wird; der Unterschied zwischen Gegensatz und bloß Anderm scheint quantitativ, von einem mehr oder weniger des Gemeinsamen abhängig. Dies Mehr oder Weniger aber ist völlig unbestimmt gelassen. Man fragt: bilden wohl auch schon zwei Begriffe, die sich nur innerhalb einer Art, und auch noch zwei, die sich sogar innerhalb einer Ordnung am entferntesten stehen, einen Gegensatz? Diese schei- nen ihn noch nicht, jene nicht mehr zu bilden. Und wie be- stimmt man das Geschlecht, die Art und die Ordnung? In- dessen dies ist wohl Trendelenburgs Ansicht gar nicht; nach ihm ist die quantitative Entfernung, die größere oder geringere Menge des Gemeinsamen für den Begriff des Gegensatzes gleich- gültig, und nur dies kommt dabei in Betracht, daß die beiden Begriffe an den beiden Grenzen „eines höhern Allgemeinen“ stehen, dieses mag viel oder wenig umfassen, eine Classe oder eine bloße Art sein. — Trendelenburg fährt fort: „Dies Verhält- niß ergiebt sich, wenn die Begriffe nach dem Inhalt und gleich- sam in der Ruhe neben einander betrachtet werden. Das Zweite ist die Richtung der Bewegung, wenn sie in der Wirkung auf- gefaßt werden. Die räumliche Richtung des Anziehens und Abstoßens, des Zusammen und Auseinander, des Widerstrebens

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Zitationshilfe: Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/80>, abgerufen am 24.11.2024.