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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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zuletzt zum Geständniß getrieben seinen Namen und seinen Stand, allenfalls auch noch den seiner Eltern und Geschwister und nächsten Blutsverwandten einbekennt. Wer sich in längerer Erfahrung überzeugt hat, daß alle Ausflüchte nichts helfen, wird einsehen, um wie viel besser es ist, bei der ersten scharfen Frage gleich offen und redlich herauszugehen und sich mit den freundlichen Forschern ungefähr in ähnlicher Weise abzufinden, wie weiland Franklin mit seinen Landsleuten. Damit ist denn aber auch viel Bereitwilligkeit erworben, nämlich eine Bereitwilligkeit zu unterrichten, zu rathen, zu helfen, zu führen, die jede Probe aushält. In einem Lande, das von Jahr zu Jahr mehr bereist wird, ist das Streben der Einheimischen, über die Persönlichkeit des Fremden, dem man unter bestimmten Voraussetzungen zuvorkommend entgegentreten will, sich ins Klare zu setzen, gewiß ein sehr erklärliches, und es soll daher hier nur erwähnt, nicht getadelt werden. Bei den Landleuten ist's freilich in der Regel nur ein naiver Vorwitz ohne alle Hintergedanken. In Vorarlberg läuft der Bauer, wenn er mitten im Acker arbeitet, an den Saum heraus um zu fragen: wo kommen die Herren her? und kehrt dann wenn er's erfahren, wieder neugestärkt zu seiner Pflicht zurück. Der Nordtiroler, insonderheit der Innthaler, ist weniger untersucherisch, und gleicht darin dem bayerischen Bauern, der in seiner tiefen Gemüthsruhe durch solche Neugier sich auch nur selten aufregen läßt. Der deutsche Südtiroler dagegen steht in diesem Stücke dem Vorarlberger am nächsten. Es dürfte schwer seyn eine Unterredung mit ihm abzuschließen, ohne daß er nach eingeholtem Verlaub die Frage gestellt: wo bleiben Sie zu Haus? oder schlechtweg: wo bleiben Sie? das heißt: wo sind Sie seßhaft? wo ist Ihre Heimath? Es ist ein Uebelstand, daß diese Lieblingsfrage dem Ausländer fürs erstemal wenigstens sehr dunkel klingt, und es wird uns nur freuen, wenn wir hier etwas zur Vermittlung des Verständnisses beitragen konnten.

Nun also ins Lechthal. Nach den natürlichen Gränzen möchte man diesen Namen wohl auf all das Thalgelände legen, welches der Lech von seinem Ursprunge bis zum Sturz bei Füßen, wo er ins Flachland tritt, bespült, allein der landesübliche

zuletzt zum Geständniß getrieben seinen Namen und seinen Stand, allenfalls auch noch den seiner Eltern und Geschwister und nächsten Blutsverwandten einbekennt. Wer sich in längerer Erfahrung überzeugt hat, daß alle Ausflüchte nichts helfen, wird einsehen, um wie viel besser es ist, bei der ersten scharfen Frage gleich offen und redlich herauszugehen und sich mit den freundlichen Forschern ungefähr in ähnlicher Weise abzufinden, wie weiland Franklin mit seinen Landsleuten. Damit ist denn aber auch viel Bereitwilligkeit erworben, nämlich eine Bereitwilligkeit zu unterrichten, zu rathen, zu helfen, zu führen, die jede Probe aushält. In einem Lande, das von Jahr zu Jahr mehr bereist wird, ist das Streben der Einheimischen, über die Persönlichkeit des Fremden, dem man unter bestimmten Voraussetzungen zuvorkommend entgegentreten will, sich ins Klare zu setzen, gewiß ein sehr erklärliches, und es soll daher hier nur erwähnt, nicht getadelt werden. Bei den Landleuten ist’s freilich in der Regel nur ein naiver Vorwitz ohne alle Hintergedanken. In Vorarlberg läuft der Bauer, wenn er mitten im Acker arbeitet, an den Saum heraus um zu fragen: wo kommen die Herren her? und kehrt dann wenn er’s erfahren, wieder neugestärkt zu seiner Pflicht zurück. Der Nordtiroler, insonderheit der Innthaler, ist weniger untersucherisch, und gleicht darin dem bayerischen Bauern, der in seiner tiefen Gemüthsruhe durch solche Neugier sich auch nur selten aufregen läßt. Der deutsche Südtiroler dagegen steht in diesem Stücke dem Vorarlberger am nächsten. Es dürfte schwer seyn eine Unterredung mit ihm abzuschließen, ohne daß er nach eingeholtem Verlaub die Frage gestellt: wo bleiben Sie zu Haus? oder schlechtweg: wo bleiben Sie? das heißt: wo sind Sie seßhaft? wo ist Ihre Heimath? Es ist ein Uebelstand, daß diese Lieblingsfrage dem Ausländer fürs erstemal wenigstens sehr dunkel klingt, und es wird uns nur freuen, wenn wir hier etwas zur Vermittlung des Verständnisses beitragen konnten.

Nun also ins Lechthal. Nach den natürlichen Gränzen möchte man diesen Namen wohl auf all das Thalgelände legen, welches der Lech von seinem Ursprunge bis zum Sturz bei Füßen, wo er ins Flachland tritt, bespült, allein der landesübliche

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zuletzt zum Geständniß getrieben seinen Namen und seinen Stand, allenfalls auch noch den seiner Eltern und Geschwister und nächsten Blutsverwandten einbekennt. Wer sich in längerer Erfahrung überzeugt hat, daß alle Ausflüchte nichts helfen, wird einsehen, um wie viel besser es ist, bei der ersten scharfen Frage gleich offen und redlich herauszugehen und sich mit den freundlichen Forschern ungefähr in ähnlicher Weise abzufinden, wie weiland Franklin mit seinen Landsleuten. Damit ist denn aber auch viel Bereitwilligkeit erworben, nämlich eine Bereitwilligkeit zu unterrichten, zu rathen, zu helfen, zu führen, die jede Probe aushält. In einem Lande, das von Jahr zu Jahr mehr bereist wird, ist das Streben der Einheimischen, über die Persönlichkeit des Fremden, dem man unter bestimmten Voraussetzungen zuvorkommend entgegentreten will, sich ins Klare zu setzen, gewiß ein sehr erklärliches, und es soll daher hier nur erwähnt, nicht getadelt werden. Bei den Landleuten ist&#x2019;s freilich in der Regel nur ein naiver Vorwitz ohne alle Hintergedanken. In Vorarlberg läuft der Bauer, wenn er mitten im Acker arbeitet, an den Saum heraus um zu fragen: wo kommen die Herren her? und kehrt dann wenn er&#x2019;s erfahren, wieder neugestärkt zu seiner Pflicht zurück. Der Nordtiroler, insonderheit der Innthaler, ist weniger untersucherisch, und gleicht darin dem bayerischen Bauern, der in seiner tiefen Gemüthsruhe durch solche Neugier sich auch nur selten aufregen läßt. Der deutsche Südtiroler dagegen steht in diesem Stücke dem Vorarlberger am nächsten. Es dürfte schwer seyn eine Unterredung mit ihm abzuschließen, ohne daß er nach eingeholtem Verlaub die Frage gestellt: wo bleiben Sie zu Haus? oder schlechtweg: wo bleiben Sie? das heißt: wo sind Sie seßhaft? wo ist Ihre Heimath? Es ist ein Uebelstand, daß diese Lieblingsfrage dem Ausländer fürs erstemal wenigstens sehr dunkel klingt, und es wird uns nur freuen, wenn wir hier etwas zur Vermittlung des Verständnisses beitragen konnten.</p>
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[16/0021] zuletzt zum Geständniß getrieben seinen Namen und seinen Stand, allenfalls auch noch den seiner Eltern und Geschwister und nächsten Blutsverwandten einbekennt. Wer sich in längerer Erfahrung überzeugt hat, daß alle Ausflüchte nichts helfen, wird einsehen, um wie viel besser es ist, bei der ersten scharfen Frage gleich offen und redlich herauszugehen und sich mit den freundlichen Forschern ungefähr in ähnlicher Weise abzufinden, wie weiland Franklin mit seinen Landsleuten. Damit ist denn aber auch viel Bereitwilligkeit erworben, nämlich eine Bereitwilligkeit zu unterrichten, zu rathen, zu helfen, zu führen, die jede Probe aushält. In einem Lande, das von Jahr zu Jahr mehr bereist wird, ist das Streben der Einheimischen, über die Persönlichkeit des Fremden, dem man unter bestimmten Voraussetzungen zuvorkommend entgegentreten will, sich ins Klare zu setzen, gewiß ein sehr erklärliches, und es soll daher hier nur erwähnt, nicht getadelt werden. Bei den Landleuten ist’s freilich in der Regel nur ein naiver Vorwitz ohne alle Hintergedanken. In Vorarlberg läuft der Bauer, wenn er mitten im Acker arbeitet, an den Saum heraus um zu fragen: wo kommen die Herren her? und kehrt dann wenn er’s erfahren, wieder neugestärkt zu seiner Pflicht zurück. Der Nordtiroler, insonderheit der Innthaler, ist weniger untersucherisch, und gleicht darin dem bayerischen Bauern, der in seiner tiefen Gemüthsruhe durch solche Neugier sich auch nur selten aufregen läßt. Der deutsche Südtiroler dagegen steht in diesem Stücke dem Vorarlberger am nächsten. Es dürfte schwer seyn eine Unterredung mit ihm abzuschließen, ohne daß er nach eingeholtem Verlaub die Frage gestellt: wo bleiben Sie zu Haus? oder schlechtweg: wo bleiben Sie? das heißt: wo sind Sie seßhaft? wo ist Ihre Heimath? Es ist ein Uebelstand, daß diese Lieblingsfrage dem Ausländer fürs erstemal wenigstens sehr dunkel klingt, und es wird uns nur freuen, wenn wir hier etwas zur Vermittlung des Verständnisses beitragen konnten. Nun also ins Lechthal. Nach den natürlichen Gränzen möchte man diesen Namen wohl auf all das Thalgelände legen, welches der Lech von seinem Ursprunge bis zum Sturz bei Füßen, wo er ins Flachland tritt, bespült, allein der landesübliche

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/21>, abgerufen am 23.11.2024.