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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Pyramide anzusehen, ein höchst eindrücklicher Klotz. Zu seinen Füßen steht sehr anmuthig der schlanke Kirchthurm von Karres.

Imst ist ein gut gebauter Flecken, aber ohne erhebliche Merkwürdigkeiten. Angenehm ist ein Spaziergang auf den Calvarienberg, auf dessen vorderster Höhe ein Kirchlein des heiligen Johannes steht mit offener Aussicht über den Markt und seine bergige Umgebung.

Dieser Flecken besaß im vorigen Jahrhunderte großen Ruf als der Sitz des tirolischen Vogelhandels, der einst auf Moorfieldsquare zu London seine Niederlagen hatte und auch im Orient und zu Konstantinopel seine Sänger auf den Markt brachte. Seine Gönner in England gingen so weit die Kanarienvögel der Tiroler selbst über jene der canarischen Inseln zu erheben. Alle übrigen Kanarienvögel, behaupteten sie, sängen wie Heidelerchen, die tirolischen aber wie Nachtigallen. Letzteren allein sollte jener seelenerhebende Zug Philomelens glücken, den die Engländer jug nennen. Zur Erklärung dieses Talents nahmen die britischen Naturforscher sogar ihre Zuflucht zu der Hypothese, daß die meisten der aus Tirol eingeführten Kanarienvögel von Eltern erzogen worden seyen, deren Ahnen den Gesang bei einer Nachtigall gelernt. Uebrigens ist dabei zu bemerken, daß die wenigsten der von den Tirolern verhandelten Vögel in Tirol zur Welt gekommen waren, denn die Mehrzahl wurde erst in Schwaben angekauft, wo zu damaliger Zeit die Gärtner zum Besten der reisenden Händler große Vogelhecken unterhielten.

Die meisten Begebenheiten des Spindler'schen Vogelhändlers spielen in der Gegend von Imst. Auch die Art und Weise, wie dieser Handel betrieben wurde, ist in jenem Romane nach den Angaben alter Leute, welche bald nur mehr als Sage fortleben werden, glücklich und anziehend geschildert, der treffliche Name Tammerl aber, den der ehrenwerthe Vogelhändler, Seraphins nachmaliger Schwiegervater, führt, ist jedenfalls einer Firma in Zams entlehnt, wo eine Baumwoll- und Seidenzeugfabrik unter dem Schilde: Tammerl und Comp. zu finden ist. Früher waren überhaupt noch bessere Jahrgänge für

Pyramide anzusehen, ein höchst eindrücklicher Klotz. Zu seinen Füßen steht sehr anmuthig der schlanke Kirchthurm von Karres.

Imst ist ein gut gebauter Flecken, aber ohne erhebliche Merkwürdigkeiten. Angenehm ist ein Spaziergang auf den Calvarienberg, auf dessen vorderster Höhe ein Kirchlein des heiligen Johannes steht mit offener Aussicht über den Markt und seine bergige Umgebung.

Dieser Flecken besaß im vorigen Jahrhunderte großen Ruf als der Sitz des tirolischen Vogelhandels, der einst auf Moorfieldsquare zu London seine Niederlagen hatte und auch im Orient und zu Konstantinopel seine Sänger auf den Markt brachte. Seine Gönner in England gingen so weit die Kanarienvögel der Tiroler selbst über jene der canarischen Inseln zu erheben. Alle übrigen Kanarienvögel, behaupteten sie, sängen wie Heidelerchen, die tirolischen aber wie Nachtigallen. Letzteren allein sollte jener seelenerhebende Zug Philomelens glücken, den die Engländer jug nennen. Zur Erklärung dieses Talents nahmen die britischen Naturforscher sogar ihre Zuflucht zu der Hypothese, daß die meisten der aus Tirol eingeführten Kanarienvögel von Eltern erzogen worden seyen, deren Ahnen den Gesang bei einer Nachtigall gelernt. Uebrigens ist dabei zu bemerken, daß die wenigsten der von den Tirolern verhandelten Vögel in Tirol zur Welt gekommen waren, denn die Mehrzahl wurde erst in Schwaben angekauft, wo zu damaliger Zeit die Gärtner zum Besten der reisenden Händler große Vogelhecken unterhielten.

Die meisten Begebenheiten des Spindler’schen Vogelhändlers spielen in der Gegend von Imst. Auch die Art und Weise, wie dieser Handel betrieben wurde, ist in jenem Romane nach den Angaben alter Leute, welche bald nur mehr als Sage fortleben werden, glücklich und anziehend geschildert, der treffliche Name Tammerl aber, den der ehrenwerthe Vogelhändler, Seraphins nachmaliger Schwiegervater, führt, ist jedenfalls einer Firma in Zams entlehnt, wo eine Baumwoll- und Seidenzeugfabrik unter dem Schilde: Tammerl und Comp. zu finden ist. Früher waren überhaupt noch bessere Jahrgänge für

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[210/0214] Pyramide anzusehen, ein höchst eindrücklicher Klotz. Zu seinen Füßen steht sehr anmuthig der schlanke Kirchthurm von Karres. Imst ist ein gut gebauter Flecken, aber ohne erhebliche Merkwürdigkeiten. Angenehm ist ein Spaziergang auf den Calvarienberg, auf dessen vorderster Höhe ein Kirchlein des heiligen Johannes steht mit offener Aussicht über den Markt und seine bergige Umgebung. Dieser Flecken besaß im vorigen Jahrhunderte großen Ruf als der Sitz des tirolischen Vogelhandels, der einst auf Moorfieldsquare zu London seine Niederlagen hatte und auch im Orient und zu Konstantinopel seine Sänger auf den Markt brachte. Seine Gönner in England gingen so weit die Kanarienvögel der Tiroler selbst über jene der canarischen Inseln zu erheben. Alle übrigen Kanarienvögel, behaupteten sie, sängen wie Heidelerchen, die tirolischen aber wie Nachtigallen. Letzteren allein sollte jener seelenerhebende Zug Philomelens glücken, den die Engländer jug nennen. Zur Erklärung dieses Talents nahmen die britischen Naturforscher sogar ihre Zuflucht zu der Hypothese, daß die meisten der aus Tirol eingeführten Kanarienvögel von Eltern erzogen worden seyen, deren Ahnen den Gesang bei einer Nachtigall gelernt. Uebrigens ist dabei zu bemerken, daß die wenigsten der von den Tirolern verhandelten Vögel in Tirol zur Welt gekommen waren, denn die Mehrzahl wurde erst in Schwaben angekauft, wo zu damaliger Zeit die Gärtner zum Besten der reisenden Händler große Vogelhecken unterhielten. Die meisten Begebenheiten des Spindler’schen Vogelhändlers spielen in der Gegend von Imst. Auch die Art und Weise, wie dieser Handel betrieben wurde, ist in jenem Romane nach den Angaben alter Leute, welche bald nur mehr als Sage fortleben werden, glücklich und anziehend geschildert, der treffliche Name Tammerl aber, den der ehrenwerthe Vogelhändler, Seraphins nachmaliger Schwiegervater, führt, ist jedenfalls einer Firma in Zams entlehnt, wo eine Baumwoll- und Seidenzeugfabrik unter dem Schilde: Tammerl und Comp. zu finden ist. Früher waren überhaupt noch bessere Jahrgänge für

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/214>, abgerufen am 23.11.2024.