Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

des Bades gesprochen, der heitern Räumlichkeiten und auch der Hauscapelle in Ehren gedacht. Dabei kam ferner zur Sprache, daß im Jahre 1825 ein lustwandelnder Curgast unweit des Sauerbrunnens auch eine sehr heilsame Schwefelquelle entdeckt habe und daß überdieß eine Tufquelle in der Nähe sey, welche die hineingelegten Gegenstände in kurzer Zeit versteinere. Alle diese Wässer sammt der süßen Trinkquelle entspringen in einem Umfange von nicht mehr als 125 Quadratklaftern. *)

Am andern Morgen in kühler Frühe, ehe noch die Sonne über die Schneeberge heraufgekommen, ging ich von Obladis über frische Wiesen hinweg dem Dorfe Fiß zu. Der Weg führt fast in gleicher Höhe fort, auf einer Hochebene, die sich zur rechten Hand an den Gebirgszug lehnt, der enthalb in das Patznaun niedergeht. All die Nachbarschaft glänzte im Morgenthau, die schneeigen Berge von Kauns ragten scharf in den goldenen Schein der aufgehenden Sonne und unten tief im Thale lag ein dünner blauer Nebel, der die Dörfer halb durchsichtig verhüllte.

Das Dorf Fiß liegt in einem Bergspalt, den ein Wildbach gerissen, einsam, ungesehen von denen, die unten an der Straße hinziehen. Es besteht aus etlichen sechzig Gebäuden, zum größten Theile unscheinbaren Hütten. Einzelne gute, fast überraschend mächtige Häuser stehen dazwischen. Sie sollen von ehemals wohlhabenden Leuten kommen, die sich durch Handel mit dem trefflichen Vieh, das hier oben auf dem Mittelgebirge gezogen wird, ein Vermögen erworben hatten.

Eine kleine halbe Stunde von Fiß, noch auf derselben grünen Hochebene, liegt ein anderes Dorf, Serfaus mit Namen. Die Pfarre dieses geräuschlosen Ortes ist ein Heiligthum der Gegend, denn sie war die erste darin und Jahrhunderte lang weit und breit die einzige. Selbst später noch gehörten nicht allein Fiß und Ladis, sondern auch die Leute vom

*) Ueber das Bad zu Ladis siehe die Monographie von Dr. J. Th. A. im ersten Band der neuen Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Innsbruck 1835.

des Bades gesprochen, der heitern Räumlichkeiten und auch der Hauscapelle in Ehren gedacht. Dabei kam ferner zur Sprache, daß im Jahre 1825 ein lustwandelnder Curgast unweit des Sauerbrunnens auch eine sehr heilsame Schwefelquelle entdeckt habe und daß überdieß eine Tufquelle in der Nähe sey, welche die hineingelegten Gegenstände in kurzer Zeit versteinere. Alle diese Wässer sammt der süßen Trinkquelle entspringen in einem Umfange von nicht mehr als 125 Quadratklaftern. *)

Am andern Morgen in kühler Frühe, ehe noch die Sonne über die Schneeberge heraufgekommen, ging ich von Obladis über frische Wiesen hinweg dem Dorfe Fiß zu. Der Weg führt fast in gleicher Höhe fort, auf einer Hochebene, die sich zur rechten Hand an den Gebirgszug lehnt, der enthalb in das Patznaun niedergeht. All die Nachbarschaft glänzte im Morgenthau, die schneeigen Berge von Kauns ragten scharf in den goldenen Schein der aufgehenden Sonne und unten tief im Thale lag ein dünner blauer Nebel, der die Dörfer halb durchsichtig verhüllte.

Das Dorf Fiß liegt in einem Bergspalt, den ein Wildbach gerissen, einsam, ungesehen von denen, die unten an der Straße hinziehen. Es besteht aus etlichen sechzig Gebäuden, zum größten Theile unscheinbaren Hütten. Einzelne gute, fast überraschend mächtige Häuser stehen dazwischen. Sie sollen von ehemals wohlhabenden Leuten kommen, die sich durch Handel mit dem trefflichen Vieh, das hier oben auf dem Mittelgebirge gezogen wird, ein Vermögen erworben hatten.

Eine kleine halbe Stunde von Fiß, noch auf derselben grünen Hochebene, liegt ein anderes Dorf, Serfaus mit Namen. Die Pfarre dieses geräuschlosen Ortes ist ein Heiligthum der Gegend, denn sie war die erste darin und Jahrhunderte lang weit und breit die einzige. Selbst später noch gehörten nicht allein Fiß und Ladis, sondern auch die Leute vom

*) Ueber das Bad zu Ladis siehe die Monographie von Dr. J. Th. A. im ersten Band der neuen Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Innsbruck 1835.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0266" n="262"/>
des Bades gesprochen, der heitern Räumlichkeiten und auch der Hauscapelle in Ehren gedacht. Dabei kam ferner zur Sprache, daß im Jahre 1825 ein lustwandelnder Curgast unweit des Sauerbrunnens auch eine sehr heilsame Schwefelquelle entdeckt habe und daß überdieß eine Tufquelle in der Nähe sey, welche die hineingelegten Gegenstände in kurzer Zeit versteinere. Alle diese Wässer sammt der süßen Trinkquelle entspringen in einem Umfange von nicht mehr als 125 Quadratklaftern. <note place="foot" n="*)">Ueber das Bad zu Ladis siehe die Monographie von <hi rendition="#aq">Dr.</hi> J. Th. A. im ersten Band der neuen Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Innsbruck 1835.</note></p>
        <p>Am andern Morgen in kühler Frühe, ehe noch die Sonne über die Schneeberge heraufgekommen, ging ich von Obladis über frische Wiesen hinweg dem Dorfe Fiß zu. Der Weg führt fast in gleicher Höhe fort, auf einer Hochebene, die sich zur rechten Hand an den Gebirgszug lehnt, der enthalb in das Patznaun niedergeht. All die Nachbarschaft glänzte im Morgenthau, die schneeigen Berge von Kauns ragten scharf in den goldenen Schein der aufgehenden Sonne und unten tief im Thale lag ein dünner blauer Nebel, der die Dörfer halb durchsichtig verhüllte.</p>
        <p>Das Dorf Fiß liegt in einem Bergspalt, den ein Wildbach gerissen, einsam, ungesehen von denen, die unten an der Straße hinziehen. Es besteht aus etlichen sechzig Gebäuden, zum größten Theile unscheinbaren Hütten. Einzelne gute, fast überraschend mächtige Häuser stehen dazwischen. Sie sollen von ehemals wohlhabenden Leuten kommen, die sich durch Handel mit dem trefflichen Vieh, das hier oben auf dem Mittelgebirge gezogen wird, ein Vermögen erworben hatten.</p>
        <p>Eine kleine halbe Stunde von Fiß, noch auf derselben grünen Hochebene, liegt ein anderes Dorf, Serfaus mit Namen. Die Pfarre dieses geräuschlosen Ortes ist ein Heiligthum der Gegend, denn sie war die erste darin und Jahrhunderte lang weit und breit die einzige. Selbst später noch gehörten nicht allein Fiß und Ladis, sondern auch die Leute vom
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0266] des Bades gesprochen, der heitern Räumlichkeiten und auch der Hauscapelle in Ehren gedacht. Dabei kam ferner zur Sprache, daß im Jahre 1825 ein lustwandelnder Curgast unweit des Sauerbrunnens auch eine sehr heilsame Schwefelquelle entdeckt habe und daß überdieß eine Tufquelle in der Nähe sey, welche die hineingelegten Gegenstände in kurzer Zeit versteinere. Alle diese Wässer sammt der süßen Trinkquelle entspringen in einem Umfange von nicht mehr als 125 Quadratklaftern. *) Am andern Morgen in kühler Frühe, ehe noch die Sonne über die Schneeberge heraufgekommen, ging ich von Obladis über frische Wiesen hinweg dem Dorfe Fiß zu. Der Weg führt fast in gleicher Höhe fort, auf einer Hochebene, die sich zur rechten Hand an den Gebirgszug lehnt, der enthalb in das Patznaun niedergeht. All die Nachbarschaft glänzte im Morgenthau, die schneeigen Berge von Kauns ragten scharf in den goldenen Schein der aufgehenden Sonne und unten tief im Thale lag ein dünner blauer Nebel, der die Dörfer halb durchsichtig verhüllte. Das Dorf Fiß liegt in einem Bergspalt, den ein Wildbach gerissen, einsam, ungesehen von denen, die unten an der Straße hinziehen. Es besteht aus etlichen sechzig Gebäuden, zum größten Theile unscheinbaren Hütten. Einzelne gute, fast überraschend mächtige Häuser stehen dazwischen. Sie sollen von ehemals wohlhabenden Leuten kommen, die sich durch Handel mit dem trefflichen Vieh, das hier oben auf dem Mittelgebirge gezogen wird, ein Vermögen erworben hatten. Eine kleine halbe Stunde von Fiß, noch auf derselben grünen Hochebene, liegt ein anderes Dorf, Serfaus mit Namen. Die Pfarre dieses geräuschlosen Ortes ist ein Heiligthum der Gegend, denn sie war die erste darin und Jahrhunderte lang weit und breit die einzige. Selbst später noch gehörten nicht allein Fiß und Ladis, sondern auch die Leute vom *) Ueber das Bad zu Ladis siehe die Monographie von Dr. J. Th. A. im ersten Band der neuen Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Innsbruck 1835.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T13:27:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T13:27:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche werden als Halbgeviertstriche wiedergegeben.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/266
Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/266>, abgerufen am 01.06.2024.