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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Was thaten sie, damit dein Volk sich freue
Des schönen Zieles, dem du nachgestrebt?
Sie haben dir ein Wappen angehangen,
Ein stolzes Von dem Namen beigefügt.
Der Freibrief, den dein Thun und Tod verlangen,
Sag' alter Hofer, sag, wo der jetzt liegt?
Sie haben zu den Fürsten dich begraben,
Du darfst dereinst mit Fürsten auferstehn.
Sie wollen todt dich noch im Auge haben,
Dein Volk nicht, nur die Fürsten sollst du sehn -



Ja wohl, Ade du falsche Welt, du schnöde!
Schlaf fest, Andreas, hörst, sie lachen ja,
Sie schelten dich einfältig jetzt und blöde;
Dein Volk vergißt, was es einst that und sah -


Du bist kein Held, hast keinen spielen wollen,
Doch du warst fromm und warst dir selbst getreu:
Das ist's, woran die Deinen denken sollen -
Und dann, Tirol, wirst du vielleicht einst frei.

Später erst hörte ich etwas mehr von dieser trübseligen Geschichte. Das Gedicht stand, vielfach bestaunt, längere Zeit in dem Gedenkbuche, bis der Herr Finanzrath * von Brixen des Weges kam und im Sandwirthshause zukehrte. Er hatte auch sein sechzehnjähriges Töchterchen bei sich, welches als gebildete Tirolerin das Gedenkbuch aufschlug und emsig darin zu lesen anfing. Mitten drinnen rief sie bewundernd aus: Ach Papa, da lies einmal, was das für ein schönes Gedicht ist? Der Herr Vater, der sinnend über dem Weinglase gesessen, nimmt das Buch zur Hand, liest und verliert fast seine ganze Seelenruhe darüber. Das Töchterchen sieht mit Befremden seine Aufregung, hört, wie er nach dem Landrichter schickt, wie sie beide die gewichtigsten Worte wechseln, dann mit rauher Scheere die schlimmen Blätter herausschneiden und einen Eilboten nach Innsbruck entsenden. Der Vater freute sich der erfüllten Pflicht, das Töchterchen aber bedauerte noch lange, daß sie ihr Vergnügen nicht bei sich behalten.

Der jetzige Wirth am Sand ist Andreas Erb, der in erster Ehe mit einer Tochter Hofers vermählt war. Sie starb

Was thaten sie, damit dein Volk sich freue
Des schönen Zieles, dem du nachgestrebt?
Sie haben dir ein Wappen angehangen,
Ein stolzes Von dem Namen beigefügt.
Der Freibrief, den dein Thun und Tod verlangen,
Sag’ alter Hofer, sag, wo der jetzt liegt?
Sie haben zu den Fürsten dich begraben,
Du darfst dereinst mit Fürsten auferstehn.
Sie wollen todt dich noch im Auge haben,
Dein Volk nicht, nur die Fürsten sollst du sehn –



Ja wohl, Ade du falsche Welt, du schnöde!
Schlaf fest, Andreas, hörst, sie lachen ja,
Sie schelten dich einfältig jetzt und blöde;
Dein Volk vergißt, was es einst that und sah –


Du bist kein Held, hast keinen spielen wollen,
Doch du warst fromm und warst dir selbst getreu:
Das ist’s, woran die Deinen denken sollen –
Und dann, Tirol, wirst du vielleicht einst frei.

Später erst hörte ich etwas mehr von dieser trübseligen Geschichte. Das Gedicht stand, vielfach bestaunt, längere Zeit in dem Gedenkbuche, bis der Herr Finanzrath * von Brixen des Weges kam und im Sandwirthshause zukehrte. Er hatte auch sein sechzehnjähriges Töchterchen bei sich, welches als gebildete Tirolerin das Gedenkbuch aufschlug und emsig darin zu lesen anfing. Mitten drinnen rief sie bewundernd aus: Ach Papa, da lies einmal, was das für ein schönes Gedicht ist? Der Herr Vater, der sinnend über dem Weinglase gesessen, nimmt das Buch zur Hand, liest und verliert fast seine ganze Seelenruhe darüber. Das Töchterchen sieht mit Befremden seine Aufregung, hört, wie er nach dem Landrichter schickt, wie sie beide die gewichtigsten Worte wechseln, dann mit rauher Scheere die schlimmen Blätter herausschneiden und einen Eilboten nach Innsbruck entsenden. Der Vater freute sich der erfüllten Pflicht, das Töchterchen aber bedauerte noch lange, daß sie ihr Vergnügen nicht bei sich behalten.

Der jetzige Wirth am Sand ist Andreas Erb, der in erster Ehe mit einer Tochter Hofers vermählt war. Sie starb

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[350/0354] Was thaten sie, damit dein Volk sich freue Des schönen Zieles, dem du nachgestrebt? Sie haben dir ein Wappen angehangen, Ein stolzes Von dem Namen beigefügt. Der Freibrief, den dein Thun und Tod verlangen, Sag’ alter Hofer, sag, wo der jetzt liegt? Sie haben zu den Fürsten dich begraben, Du darfst dereinst mit Fürsten auferstehn. Sie wollen todt dich noch im Auge haben, Dein Volk nicht, nur die Fürsten sollst du sehn – Ja wohl, Ade du falsche Welt, du schnöde! Schlaf fest, Andreas, hörst, sie lachen ja, Sie schelten dich einfältig jetzt und blöde; Dein Volk vergißt, was es einst that und sah – Du bist kein Held, hast keinen spielen wollen, Doch du warst fromm und warst dir selbst getreu: Das ist’s, woran die Deinen denken sollen – Und dann, Tirol, wirst du vielleicht einst frei. Später erst hörte ich etwas mehr von dieser trübseligen Geschichte. Das Gedicht stand, vielfach bestaunt, längere Zeit in dem Gedenkbuche, bis der Herr Finanzrath * von Brixen des Weges kam und im Sandwirthshause zukehrte. Er hatte auch sein sechzehnjähriges Töchterchen bei sich, welches als gebildete Tirolerin das Gedenkbuch aufschlug und emsig darin zu lesen anfing. Mitten drinnen rief sie bewundernd aus: Ach Papa, da lies einmal, was das für ein schönes Gedicht ist? Der Herr Vater, der sinnend über dem Weinglase gesessen, nimmt das Buch zur Hand, liest und verliert fast seine ganze Seelenruhe darüber. Das Töchterchen sieht mit Befremden seine Aufregung, hört, wie er nach dem Landrichter schickt, wie sie beide die gewichtigsten Worte wechseln, dann mit rauher Scheere die schlimmen Blätter herausschneiden und einen Eilboten nach Innsbruck entsenden. Der Vater freute sich der erfüllten Pflicht, das Töchterchen aber bedauerte noch lange, daß sie ihr Vergnügen nicht bei sich behalten. Der jetzige Wirth am Sand ist Andreas Erb, der in erster Ehe mit einer Tochter Hofers vermählt war. Sie starb

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/354>, abgerufen am 23.11.2024.