Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.Das Vieh ist die ganze schöne Jahreszeit über auf den Alpen, im Frühjahre und im Herbst, auf den "Maisäßen," den niedern Höhen, die früher schneefrei werden und es länger bleiben, im Sommer auf den Hochalpen, die rückwärts gegen das Allgau und den Tannberg zu tief im Gebirge liegen, oft in vielstündiger Entfernung von den Mutterhöfen. Auf den Weiden bei Bizau war ehemals der Platz, wo die Heerden an St. Kilianstag (8 Julius) zusammengetrieben wurden, wenn es Zeit war auf die Hochalpen zu gehen, und im Herbst wenn sie wieder zurückkamen. Dann brachten auch die Saumpferde Butter und Käse, die Ausbeute des Sommers, herunter, jeder Eigenthümer nahm sich seinen Theil davon und förderte ihn und seine Heerde von hier nach Hause. Diese Uebung ist jetzt abgekommen. Als Sennen werden zur Zeit der größern Geschicklichkeit in der Käsebereitung halber viele Schweizer eingedungen, welche beträchtliche Löhnung beziehen. Einen derselben haben wir im Wirthshäuschen zu Lechleiten gefunden. Auch sind schon Sennen aus dem Walde nach der Schweiz und selbst nach Niederdeutschland gegangen, um sich in ihrem Geschäfte zu vervollkommnen. Eine sehr schmackhafte Speise ist der weiche, streichbare Backsteinkäse, der im Walde bereitet wird. Vor Jahren soll es mit dem Wälder Käsehandel ziemlich schlecht gestanden haben, aber jetzt geht er wieder in die Fremde hinaus und bringt viel Geld ins Land. Ein großes Verdienst an diesem segenreichen Umschwung hat Herr Peter Bilgeri, der stattlichste, hochstämmigste der Wälder, der auf den Wiesen bei Andelsbuch haushält. Peter Bilgeri hat durch Verstand und Fleiß dem Haupterzeugnisse seiner Heimath viele neue Wege zu bahnen gewußt, vielen seiner Landsleute neue Nahrungsquellen eröffnet, und sich selbst mit Ehren zu beträchtlichem Wohlstande erhoben. Sein Haus, aus Holz gezimmert und mit dem Schindelpanzer verkleidet wie die übrigen, ist eines der angesehensten im Walde und ein treffliches Muster aller der Reinlichkeit und Heimlichkeit, die in diesen niedlichen Wohnungen zu finden. Da gibt es glänzend gebohnte Tische und Thüren, helle Fenster mit feinen Vorhängen, sorgfältig Das Vieh ist die ganze schöne Jahreszeit über auf den Alpen, im Frühjahre und im Herbst, auf den „Maisäßen,“ den niedern Höhen, die früher schneefrei werden und es länger bleiben, im Sommer auf den Hochalpen, die rückwärts gegen das Allgau und den Tannberg zu tief im Gebirge liegen, oft in vielstündiger Entfernung von den Mutterhöfen. Auf den Weiden bei Bizau war ehemals der Platz, wo die Heerden an St. Kilianstag (8 Julius) zusammengetrieben wurden, wenn es Zeit war auf die Hochalpen zu gehen, und im Herbst wenn sie wieder zurückkamen. Dann brachten auch die Saumpferde Butter und Käse, die Ausbeute des Sommers, herunter, jeder Eigenthümer nahm sich seinen Theil davon und förderte ihn und seine Heerde von hier nach Hause. Diese Uebung ist jetzt abgekommen. Als Sennen werden zur Zeit der größern Geschicklichkeit in der Käsebereitung halber viele Schweizer eingedungen, welche beträchtliche Löhnung beziehen. Einen derselben haben wir im Wirthshäuschen zu Lechleiten gefunden. Auch sind schon Sennen aus dem Walde nach der Schweiz und selbst nach Niederdeutschland gegangen, um sich in ihrem Geschäfte zu vervollkommnen. Eine sehr schmackhafte Speise ist der weiche, streichbare Backsteinkäse, der im Walde bereitet wird. Vor Jahren soll es mit dem Wälder Käsehandel ziemlich schlecht gestanden haben, aber jetzt geht er wieder in die Fremde hinaus und bringt viel Geld ins Land. Ein großes Verdienst an diesem segenreichen Umschwung hat Herr Peter Bilgeri, der stattlichste, hochstämmigste der Wälder, der auf den Wiesen bei Andelsbuch haushält. Peter Bilgeri hat durch Verstand und Fleiß dem Haupterzeugnisse seiner Heimath viele neue Wege zu bahnen gewußt, vielen seiner Landsleute neue Nahrungsquellen eröffnet, und sich selbst mit Ehren zu beträchtlichem Wohlstande erhoben. Sein Haus, aus Holz gezimmert und mit dem Schindelpanzer verkleidet wie die übrigen, ist eines der angesehensten im Walde und ein treffliches Muster aller der Reinlichkeit und Heimlichkeit, die in diesen niedlichen Wohnungen zu finden. 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Peter Bilgeri hat durch Verstand und Fleiß dem Haupterzeugnisse seiner Heimath viele neue Wege zu bahnen gewußt, vielen seiner Landsleute neue Nahrungsquellen eröffnet, und sich selbst mit Ehren zu beträchtlichem Wohlstande erhoben. Sein Haus, aus Holz gezimmert und mit dem Schindelpanzer verkleidet wie die übrigen, ist eines der angesehensten im Walde und ein treffliches Muster aller der Reinlichkeit und Heimlichkeit, die in diesen niedlichen Wohnungen zu finden. Da gibt es glänzend gebohnte Tische und Thüren, helle Fenster mit feinen Vorhängen, sorgfältig </p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0050]
Das Vieh ist die ganze schöne Jahreszeit über auf den Alpen, im Frühjahre und im Herbst, auf den „Maisäßen,“ den niedern Höhen, die früher schneefrei werden und es länger bleiben, im Sommer auf den Hochalpen, die rückwärts gegen das Allgau und den Tannberg zu tief im Gebirge liegen, oft in vielstündiger Entfernung von den Mutterhöfen. Auf den Weiden bei Bizau war ehemals der Platz, wo die Heerden an St. Kilianstag (8 Julius) zusammengetrieben wurden, wenn es Zeit war auf die Hochalpen zu gehen, und im Herbst wenn sie wieder zurückkamen. Dann brachten auch die Saumpferde Butter und Käse, die Ausbeute des Sommers, herunter, jeder Eigenthümer nahm sich seinen Theil davon und förderte ihn und seine Heerde von hier nach Hause. Diese Uebung ist jetzt abgekommen.
Als Sennen werden zur Zeit der größern Geschicklichkeit in der Käsebereitung halber viele Schweizer eingedungen, welche beträchtliche Löhnung beziehen. Einen derselben haben wir im Wirthshäuschen zu Lechleiten gefunden. Auch sind schon Sennen aus dem Walde nach der Schweiz und selbst nach Niederdeutschland gegangen, um sich in ihrem Geschäfte zu vervollkommnen. Eine sehr schmackhafte Speise ist der weiche, streichbare Backsteinkäse, der im Walde bereitet wird.
Vor Jahren soll es mit dem Wälder Käsehandel ziemlich schlecht gestanden haben, aber jetzt geht er wieder in die Fremde hinaus und bringt viel Geld ins Land. Ein großes Verdienst an diesem segenreichen Umschwung hat Herr Peter Bilgeri, der stattlichste, hochstämmigste der Wälder, der auf den Wiesen bei Andelsbuch haushält. Peter Bilgeri hat durch Verstand und Fleiß dem Haupterzeugnisse seiner Heimath viele neue Wege zu bahnen gewußt, vielen seiner Landsleute neue Nahrungsquellen eröffnet, und sich selbst mit Ehren zu beträchtlichem Wohlstande erhoben. Sein Haus, aus Holz gezimmert und mit dem Schindelpanzer verkleidet wie die übrigen, ist eines der angesehensten im Walde und ein treffliches Muster aller der Reinlichkeit und Heimlichkeit, die in diesen niedlichen Wohnungen zu finden. Da gibt es glänzend gebohnte Tische und Thüren, helle Fenster mit feinen Vorhängen, sorgfältig
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