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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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oberdeutschen Mundarten finden. Viele Wörter aber finden sich weder in den Nibelungen noch in andern oberdeutschen Mundarten; wir wollen uns indessen an kein Verzeichniß wagen, sondern nur erwähnen daß sie z. B. um Egg und Andelsbuch die Kinder Gobe, Göbel heißen, was Bergmann als Gabe (Gottes) erklärt, wogegen sie im Hinterwald Goge, im Vorderwald schlechtweg Bälg genannt werden. Eben da findet sich auch Drätt für Vater, Damm für Mutter, entstanden aus d'r Aett und d' Amm mit festangewachsenem Artikel. Für das "Meisterstück der Schöpfung" ist auch diese Mundart reich an Namen, wie denn überhaupt in Vorarlberg und Tirol zusammen vielleicht über ein Duzend eigene Bezeichnungen dafür aufzubringen wären. Schmelge, wahrscheinlich aus 's Mägdle entstanden, heißen die Jungfrauen wohl im ganzen Walde; im innern Theile kömmt daneben auch Mottel vor, im äußern Feel und Sputtel , welch' letzteres nach Bergmann von der Eilfertigkeit, von sputen, nach Schmeller aber etwa gar von Spetl herkommen soll, das in der ältern Sprache eine junge Ziege bedeutet. Sehr poetisch scheint auf den ersten Blick jenes ahneweilen, welches das nächtliche Umgehen der Geister bezeichnete. Bergmann leitete es früher vom Weilen der Ahnen her, genauer betrachtet wird's aber nur ein minder interessantes anweilen seyn. Einige Bildungen sind so richtig und brauchbar daß es gut wäre soviel Reputation zu haben um sie bleibend dem hochdeutschen Sprachschatze einverleiben zu können. Es freute uns in der That Redeweisen zu hören wie: das Wetter schlechtert; das Roß erwildet. Wie in einem abgelegenen Thälchen Tirols, in Dux nämlich, so werden auch hier die Taufnamen ohne den Artikel gebraucht, was dem Oberdeutschen sonst fremd ist. Wo ist Peter? wo ist Hans? heißt es, nicht wie sonst allenthalben; wo ist der Peter, wo ist der Hans? Der Taufnamen haben übrigens die Wälder und die Wälderinnen nach oberschwäbischer Sitte regelmäßig zwei, aus welchen aber im Sprechen nur ein Wort wird. So aus Joseph Anton, Johann Joseph, Johann Jacob - Seffanton, Hansjoseff, Hansjok; so auch aus Anna Catharina, Maria Margaretha - Annacathri,

oberdeutschen Mundarten finden. Viele Wörter aber finden sich weder in den Nibelungen noch in andern oberdeutschen Mundarten; wir wollen uns indessen an kein Verzeichniß wagen, sondern nur erwähnen daß sie z. B. um Egg und Andelsbuch die Kinder Gobe, Göbel heißen, was Bergmann als Gabe (Gottes) erklärt, wogegen sie im Hinterwald Goge, im Vorderwald schlechtweg Bälg genannt werden. Eben da findet sich auch Drätt für Vater, Damm für Mutter, entstanden aus d’r Aett und d’ Amm mit festangewachsenem Artikel. Für das „Meisterstück der Schöpfung" ist auch diese Mundart reich an Namen, wie denn überhaupt in Vorarlberg und Tirol zusammen vielleicht über ein Duzend eigene Bezeichnungen dafür aufzubringen wären. Schmelge, wahrscheinlich aus ’s Mägdle entstanden, heißen die Jungfrauen wohl im ganzen Walde; im innern Theile kömmt daneben auch Mottel vor, im äußern Feel und Sputtel , welch’ letzteres nach Bergmann von der Eilfertigkeit, von sputen, nach Schmeller aber etwa gar von Spetl herkommen soll, das in der ältern Sprache eine junge Ziege bedeutet. Sehr poetisch scheint auf den ersten Blick jenes ahneweilen, welches das nächtliche Umgehen der Geister bezeichnete. Bergmann leitete es früher vom Weilen der Ahnen her, genauer betrachtet wird’s aber nur ein minder interessantes anweilen seyn. Einige Bildungen sind so richtig und brauchbar daß es gut wäre soviel Reputation zu haben um sie bleibend dem hochdeutschen Sprachschatze einverleiben zu können. Es freute uns in der That Redeweisen zu hören wie: das Wetter schlechtert; das Roß erwildet. Wie in einem abgelegenen Thälchen Tirols, in Dux nämlich, so werden auch hier die Taufnamen ohne den Artikel gebraucht, was dem Oberdeutschen sonst fremd ist. Wo ist Peter? wo ist Hans? heißt es, nicht wie sonst allenthalben; wo ist der Peter, wo ist der Hans? Der Taufnamen haben übrigens die Wälder und die Wälderinnen nach oberschwäbischer Sitte regelmäßig zwei, aus welchen aber im Sprechen nur ein Wort wird. So aus Joseph Anton, Johann Joseph, Johann Jacob – Seffanton, Hansjoseff, Hansjok; so auch aus Anna Catharina, Maria Margaretha – Annacathri,

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oberdeutschen Mundarten finden. Viele Wörter aber finden sich weder in den Nibelungen noch in andern oberdeutschen Mundarten; wir wollen uns indessen an kein Verzeichniß wagen, sondern nur erwähnen daß sie z. B. um Egg und Andelsbuch die Kinder Gobe, Göbel heißen, was Bergmann als Gabe (Gottes) erklärt, wogegen sie im Hinterwald Goge, im Vorderwald schlechtweg Bälg genannt werden. Eben da findet sich auch Drätt für Vater, Damm für Mutter, entstanden aus <hi rendition="#g">d&#x2019;r</hi> Aett und <hi rendition="#g">d&#x2019;</hi> Amm mit festangewachsenem Artikel. Für das &#x201E;Meisterstück der Schöpfung" ist auch diese Mundart reich an Namen, wie denn überhaupt in Vorarlberg und Tirol zusammen vielleicht über ein Duzend eigene Bezeichnungen dafür aufzubringen wären. <hi rendition="#g">Schmelge</hi>, wahrscheinlich aus &#x2019;s Mägdle entstanden, heißen die Jungfrauen wohl im ganzen Walde; im innern Theile kömmt daneben auch <hi rendition="#g">Mottel</hi> vor, im äußern <hi rendition="#g">Feel</hi> und <hi rendition="#g">Sputtel</hi> , welch&#x2019; letzteres nach Bergmann von der Eilfertigkeit, von sputen, nach Schmeller aber etwa gar von Spetl herkommen soll, das in der ältern Sprache eine junge Ziege bedeutet. Sehr poetisch scheint auf den ersten Blick jenes <hi rendition="#g">ahneweilen</hi>, welches das nächtliche Umgehen der Geister bezeichnete. Bergmann leitete es früher vom Weilen der Ahnen her, genauer betrachtet wird&#x2019;s aber nur ein minder interessantes <hi rendition="#g">anweilen</hi> seyn. Einige Bildungen sind so richtig und brauchbar daß es gut wäre soviel Reputation zu haben um sie bleibend dem hochdeutschen Sprachschatze einverleiben zu können. Es freute uns in der That Redeweisen zu hören wie: das Wetter schlechtert; das Roß erwildet. Wie in einem abgelegenen Thälchen Tirols, in Dux nämlich, so werden auch hier die Taufnamen ohne den Artikel gebraucht, was dem Oberdeutschen sonst fremd ist. Wo ist Peter? wo ist Hans? heißt es, nicht wie sonst allenthalben; wo ist der Peter, wo ist der Hans? Der Taufnamen haben übrigens die Wälder und die Wälderinnen nach oberschwäbischer Sitte regelmäßig zwei, aus welchen aber im Sprechen nur ein Wort wird. So aus Joseph Anton, Johann Joseph, Johann Jacob &#x2013; Seffanton, Hansjoseff, Hansjok; so auch aus Anna Catharina, Maria Margaretha &#x2013; Annacathri,
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[50/0055] oberdeutschen Mundarten finden. Viele Wörter aber finden sich weder in den Nibelungen noch in andern oberdeutschen Mundarten; wir wollen uns indessen an kein Verzeichniß wagen, sondern nur erwähnen daß sie z. B. um Egg und Andelsbuch die Kinder Gobe, Göbel heißen, was Bergmann als Gabe (Gottes) erklärt, wogegen sie im Hinterwald Goge, im Vorderwald schlechtweg Bälg genannt werden. Eben da findet sich auch Drätt für Vater, Damm für Mutter, entstanden aus d’r Aett und d’ Amm mit festangewachsenem Artikel. Für das „Meisterstück der Schöpfung" ist auch diese Mundart reich an Namen, wie denn überhaupt in Vorarlberg und Tirol zusammen vielleicht über ein Duzend eigene Bezeichnungen dafür aufzubringen wären. Schmelge, wahrscheinlich aus ’s Mägdle entstanden, heißen die Jungfrauen wohl im ganzen Walde; im innern Theile kömmt daneben auch Mottel vor, im äußern Feel und Sputtel , welch’ letzteres nach Bergmann von der Eilfertigkeit, von sputen, nach Schmeller aber etwa gar von Spetl herkommen soll, das in der ältern Sprache eine junge Ziege bedeutet. Sehr poetisch scheint auf den ersten Blick jenes ahneweilen, welches das nächtliche Umgehen der Geister bezeichnete. Bergmann leitete es früher vom Weilen der Ahnen her, genauer betrachtet wird’s aber nur ein minder interessantes anweilen seyn. Einige Bildungen sind so richtig und brauchbar daß es gut wäre soviel Reputation zu haben um sie bleibend dem hochdeutschen Sprachschatze einverleiben zu können. Es freute uns in der That Redeweisen zu hören wie: das Wetter schlechtert; das Roß erwildet. Wie in einem abgelegenen Thälchen Tirols, in Dux nämlich, so werden auch hier die Taufnamen ohne den Artikel gebraucht, was dem Oberdeutschen sonst fremd ist. Wo ist Peter? wo ist Hans? heißt es, nicht wie sonst allenthalben; wo ist der Peter, wo ist der Hans? Der Taufnamen haben übrigens die Wälder und die Wälderinnen nach oberschwäbischer Sitte regelmäßig zwei, aus welchen aber im Sprechen nur ein Wort wird. So aus Joseph Anton, Johann Joseph, Johann Jacob – Seffanton, Hansjoseff, Hansjok; so auch aus Anna Catharina, Maria Margaretha – Annacathri,

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/55>, abgerufen am 23.11.2024.