Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.und je weniger Lust dahin zurückzukehren bei uns vorausgesetzt werden konnte. Und als wir oben standen und Wasserfall sammt Tannenwald hinter uns lag, und alle Mühseligkeiten eines steil aufsteigenden Felsenwegs überwunden waren, als sich die Landschaft in eine spiegelebene Au öffnete, da war auch an sämmtlichem Himmel alles Gewölk und aller Nebel verschwunden - alles rings herum, der Krimmelbach, der so ruhig durch das stille Hochthal floß, die thauigen Wiesen, die fernen Sennhütten mit den kleinen Fensterlein, die nebelfeuchten Schrofen und weit vor uns die weißen Tauern, all das schimmerte voll unbeschreiblicher Zierlichkeit im Licht der Morgensonne, das war alles so heiter und hell und nur wir selbst fühlten im Busen einige Reue und Trübsal, daß wir unten im Pinzgau nicht eine Stunde länger geschlafen oder bis in den entschiedenen Sonnenschein hinein gefrühstückt hatten. Nun war's aber zu spät; wenigstens wollte keiner der Wanderer sich aus der friedlichen Idylle wieder in die geräuschvolle Aufregung unterhalb des Wasserfalls zurück begeben. Also setzten wir unser Lustwandeln ruhig fort, nur mit der Unterbrechung, daß einer von uns an einer sanften Biegung des Krimmelbaches, wo sich eine Tiefe gebildet hatte, schnell seine Kleider abwarf und in den Bach sprang. Ich war's gewiß nicht - denn seit ich in den lauen Gewässern der ruhmreichen Salamis geschwommen, schaudert mir vor der Kälte unberühmter Gletscherbäche. Desto mehr konnte ich aber den Heroismus des Gefährten bewundern, der um der Erinnerung willen, die eisige Kälte der Krimmlerache ruhig hinnahm. Die Folgen waren indessen nicht einladend für die Nachgänger. Zwar wendete ein guter Gott es ab, daß der Bach für den erhitzten Tauernfahrer zum Saleph wurde, aber ein fieberhaftes Zittern blieb noch mehrere Stunden lang zurück und verlor sich erst im Schweiße, den uns die letzte Jochhöhe auftrieb. Nach diesem gingen wir wieder rüstig weiter, das liebliche Hochthal entlang, in dem sich die Ache herunterschlängelte, während von den Seiten Wasserfälle in Unzahl zu Thale und je weniger Lust dahin zurückzukehren bei uns vorausgesetzt werden konnte. Und als wir oben standen und Wasserfall sammt Tannenwald hinter uns lag, und alle Mühseligkeiten eines steil aufsteigenden Felsenwegs überwunden waren, als sich die Landschaft in eine spiegelebene Au öffnete, da war auch an sämmtlichem Himmel alles Gewölk und aller Nebel verschwunden – alles rings herum, der Krimmelbach, der so ruhig durch das stille Hochthal floß, die thauigen Wiesen, die fernen Sennhütten mit den kleinen Fensterlein, die nebelfeuchten Schrofen und weit vor uns die weißen Tauern, all das schimmerte voll unbeschreiblicher Zierlichkeit im Licht der Morgensonne, das war alles so heiter und hell und nur wir selbst fühlten im Busen einige Reue und Trübsal, daß wir unten im Pinzgau nicht eine Stunde länger geschlafen oder bis in den entschiedenen Sonnenschein hinein gefrühstückt hatten. Nun war’s aber zu spät; wenigstens wollte keiner der Wanderer sich aus der friedlichen Idylle wieder in die geräuschvolle Aufregung unterhalb des Wasserfalls zurück begeben. Also setzten wir unser Lustwandeln ruhig fort, nur mit der Unterbrechung, daß einer von uns an einer sanften Biegung des Krimmelbaches, wo sich eine Tiefe gebildet hatte, schnell seine Kleider abwarf und in den Bach sprang. Ich war’s gewiß nicht – denn seit ich in den lauen Gewässern der ruhmreichen Salamis geschwommen, schaudert mir vor der Kälte unberühmter Gletscherbäche. Desto mehr konnte ich aber den Heroismus des Gefährten bewundern, der um der Erinnerung willen, die eisige Kälte der Krimmlerache ruhig hinnahm. Die Folgen waren indessen nicht einladend für die Nachgänger. Zwar wendete ein guter Gott es ab, daß der Bach für den erhitzten Tauernfahrer zum Saleph wurde, aber ein fieberhaftes Zittern blieb noch mehrere Stunden lang zurück und verlor sich erst im Schweiße, den uns die letzte Jochhöhe auftrieb. Nach diesem gingen wir wieder rüstig weiter, das liebliche Hochthal entlang, in dem sich die Ache herunterschlängelte, während von den Seiten Wasserfälle in Unzahl zu Thale <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0590" n="586"/> und je weniger Lust dahin zurückzukehren bei uns vorausgesetzt werden konnte. Und als wir oben standen und Wasserfall sammt Tannenwald hinter uns lag, und alle Mühseligkeiten eines steil aufsteigenden Felsenwegs überwunden waren, als sich die Landschaft in eine spiegelebene Au öffnete, da war auch an sämmtlichem Himmel alles Gewölk und aller Nebel verschwunden – alles rings herum, der Krimmelbach, der so ruhig durch das stille Hochthal floß, die thauigen Wiesen, die fernen Sennhütten mit den kleinen Fensterlein, die nebelfeuchten Schrofen und weit vor uns die weißen Tauern, all das schimmerte voll unbeschreiblicher Zierlichkeit im Licht der Morgensonne, das war alles so heiter und hell und nur wir selbst fühlten im Busen einige Reue und Trübsal, daß wir unten im Pinzgau nicht eine Stunde länger geschlafen oder bis in den entschiedenen Sonnenschein hinein gefrühstückt hatten. Nun war’s aber zu spät; wenigstens wollte keiner der Wanderer sich aus der friedlichen Idylle wieder in die geräuschvolle Aufregung unterhalb des Wasserfalls zurück begeben.</p> <p>Also setzten wir unser Lustwandeln ruhig fort, nur mit der Unterbrechung, daß einer von uns an einer sanften Biegung des Krimmelbaches, wo sich eine Tiefe gebildet hatte, schnell seine Kleider abwarf und in den Bach sprang. Ich war’s gewiß nicht – denn seit ich in den lauen Gewässern der ruhmreichen Salamis geschwommen, schaudert mir vor der Kälte unberühmter Gletscherbäche. Desto mehr konnte ich aber den Heroismus des Gefährten bewundern, der um der Erinnerung willen, die eisige Kälte der Krimmlerache ruhig hinnahm. Die Folgen waren indessen nicht einladend für die Nachgänger. Zwar wendete ein guter Gott es ab, daß der Bach für den erhitzten Tauernfahrer zum Saleph wurde, aber ein fieberhaftes Zittern blieb noch mehrere Stunden lang zurück und verlor sich erst im Schweiße, den uns die letzte Jochhöhe auftrieb.</p> <p>Nach diesem gingen wir wieder rüstig weiter, das liebliche Hochthal entlang, in dem sich die Ache herunterschlängelte, während von den Seiten Wasserfälle in Unzahl zu Thale </p> </div> </body> </text> </TEI> [586/0590]
und je weniger Lust dahin zurückzukehren bei uns vorausgesetzt werden konnte. Und als wir oben standen und Wasserfall sammt Tannenwald hinter uns lag, und alle Mühseligkeiten eines steil aufsteigenden Felsenwegs überwunden waren, als sich die Landschaft in eine spiegelebene Au öffnete, da war auch an sämmtlichem Himmel alles Gewölk und aller Nebel verschwunden – alles rings herum, der Krimmelbach, der so ruhig durch das stille Hochthal floß, die thauigen Wiesen, die fernen Sennhütten mit den kleinen Fensterlein, die nebelfeuchten Schrofen und weit vor uns die weißen Tauern, all das schimmerte voll unbeschreiblicher Zierlichkeit im Licht der Morgensonne, das war alles so heiter und hell und nur wir selbst fühlten im Busen einige Reue und Trübsal, daß wir unten im Pinzgau nicht eine Stunde länger geschlafen oder bis in den entschiedenen Sonnenschein hinein gefrühstückt hatten. Nun war’s aber zu spät; wenigstens wollte keiner der Wanderer sich aus der friedlichen Idylle wieder in die geräuschvolle Aufregung unterhalb des Wasserfalls zurück begeben.
Also setzten wir unser Lustwandeln ruhig fort, nur mit der Unterbrechung, daß einer von uns an einer sanften Biegung des Krimmelbaches, wo sich eine Tiefe gebildet hatte, schnell seine Kleider abwarf und in den Bach sprang. Ich war’s gewiß nicht – denn seit ich in den lauen Gewässern der ruhmreichen Salamis geschwommen, schaudert mir vor der Kälte unberühmter Gletscherbäche. Desto mehr konnte ich aber den Heroismus des Gefährten bewundern, der um der Erinnerung willen, die eisige Kälte der Krimmlerache ruhig hinnahm. Die Folgen waren indessen nicht einladend für die Nachgänger. Zwar wendete ein guter Gott es ab, daß der Bach für den erhitzten Tauernfahrer zum Saleph wurde, aber ein fieberhaftes Zittern blieb noch mehrere Stunden lang zurück und verlor sich erst im Schweiße, den uns die letzte Jochhöhe auftrieb.
Nach diesem gingen wir wieder rüstig weiter, das liebliche Hochthal entlang, in dem sich die Ache herunterschlängelte, während von den Seiten Wasserfälle in Unzahl zu Thale
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-05T13:27:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-05T13:27:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |