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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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ein besseres Neues an die Stelle zu setzen. Er ist in dieser Beziehung so zufrieden, daß er sich über die versagte Theilnahme an der Gesetzgebung allmählich ganz beruhigt hat. Je weniger er aber seine Freiheiten, Gnaden und Rechte in dieser Richtung betonen mag, desto kräftiger und lebendiger möchte er sie in der Steuerbewilligung gewahrt wissen. Das ist ein wunder Fleck, der immer innerlich zu bluten anfängt, so oft von den alten Freiheiten die Rede ist.

Die Tiroler haben diese Gesinnungen in günstigen Zeiten sehr deutlich an den Tag gelegt. Hören wir zum Beispiele, was die obenerwähnten Deputirten in der angeführten Eingabe dem Kaiser Franz zu verstehen gaben:

"Die Tiroler müssen als Ansiedler eines von der Natur stiefmütterlich behandelten Erdstriches betrachtet werden, welche bloß durch größtmögliche Befreiung von jedem Finanzdrucke und durch die allen Gebirgsbewohnern eigene Anhänglichkeit an ihr Vaterland an die Scholle gekettet sind. - Tirol ward daher von den frühern Regenten glorreichen Angedenkens nie als eine Finanzquelle betrachtet und kann um so minder für die Folge als solche betrachtet werden, da der Druck der bayerischen, illyrischen und italienischen Herrschaft, die Verwüstung des vorletzten unglücklichen und die nach der frühern Erschöpfung so empfindlichen Lasten dieses letzten glorreichen Krieges bereits viele einst wohlhabende Familien vielleicht für eine Generation contributionsunfähig gemacht, viele ganz an den Bettelstab gebracht haben. Dagegen aber war Tirol von jeher die Vormauer, der Schild des österreichischen Kaiserstaates. Als eine ungeheure Festung, Deutschland und Italien beherrschend, unüberwindlich durch seine Felsenwälle und Engpässe, durch eine eigene mannhafte Besatzung und durch die unerschütterliche Anhänglichkeit derselben an ihren Fürsten sowohl als an ihr Vaterland, ist es ein festes Bollwerk gegen jeden nach dem Innern der Monarchie eindringenden Feind, ein sicherer Stützpunkt für jede Operation nach außen. Tirol hat daher für Oesterreich keine finanzielle, wohl aber eine große strategische Wichtigkeit. Auf diesem Grundsatze nun, den die erleuchtete Staatsweisheit aller frühern Regenten und

ein besseres Neues an die Stelle zu setzen. Er ist in dieser Beziehung so zufrieden, daß er sich über die versagte Theilnahme an der Gesetzgebung allmählich ganz beruhigt hat. Je weniger er aber seine Freiheiten, Gnaden und Rechte in dieser Richtung betonen mag, desto kräftiger und lebendiger möchte er sie in der Steuerbewilligung gewahrt wissen. Das ist ein wunder Fleck, der immer innerlich zu bluten anfängt, so oft von den alten Freiheiten die Rede ist.

Die Tiroler haben diese Gesinnungen in günstigen Zeiten sehr deutlich an den Tag gelegt. Hören wir zum Beispiele, was die obenerwähnten Deputirten in der angeführten Eingabe dem Kaiser Franz zu verstehen gaben:

„Die Tiroler müssen als Ansiedler eines von der Natur stiefmütterlich behandelten Erdstriches betrachtet werden, welche bloß durch größtmögliche Befreiung von jedem Finanzdrucke und durch die allen Gebirgsbewohnern eigene Anhänglichkeit an ihr Vaterland an die Scholle gekettet sind. – Tirol ward daher von den frühern Regenten glorreichen Angedenkens nie als eine Finanzquelle betrachtet und kann um so minder für die Folge als solche betrachtet werden, da der Druck der bayerischen, illyrischen und italienischen Herrschaft, die Verwüstung des vorletzten unglücklichen und die nach der frühern Erschöpfung so empfindlichen Lasten dieses letzten glorreichen Krieges bereits viele einst wohlhabende Familien vielleicht für eine Generation contributionsunfähig gemacht, viele ganz an den Bettelstab gebracht haben. Dagegen aber war Tirol von jeher die Vormauer, der Schild des österreichischen Kaiserstaates. Als eine ungeheure Festung, Deutschland und Italien beherrschend, unüberwindlich durch seine Felsenwälle und Engpässe, durch eine eigene mannhafte Besatzung und durch die unerschütterliche Anhänglichkeit derselben an ihren Fürsten sowohl als an ihr Vaterland, ist es ein festes Bollwerk gegen jeden nach dem Innern der Monarchie eindringenden Feind, ein sicherer Stützpunkt für jede Operation nach außen. Tirol hat daher für Oesterreich keine finanzielle, wohl aber eine große strategische Wichtigkeit. Auf diesem Grundsatze nun, den die erleuchtete Staatsweisheit aller frühern Regenten und

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ein besseres Neues an die Stelle zu setzen. Er ist in dieser Beziehung so zufrieden, daß er sich über die versagte Theilnahme an der Gesetzgebung allmählich ganz beruhigt hat. Je weniger er aber seine Freiheiten, Gnaden und Rechte in dieser Richtung betonen mag, desto kräftiger und lebendiger möchte er sie in der Steuerbewilligung gewahrt wissen. Das ist ein wunder Fleck, der immer innerlich zu bluten anfängt, so oft von den alten Freiheiten die Rede ist.</p>
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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/628>, abgerufen am 01.06.2024.