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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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aufwärts gestiegen ist, steht man am Fuß dieses Bühels, und findet sich in einer Gegend, welche zu den höchsten gehört die im Alpengebirg bewohnt werden. Die Ansicht der Landschaft ist ernst und einfach. Der Holzwuchs fängt an sich zu verlieren; Anbau ist nur in kleinen Hausgärtchen zu gewahren, wo Kartoffeln gezogen werden; Viehzucht ist die Hauptsache, und die Höfe oder "Heimathen" liegen weit zerstreut in den grünen Triften, die von vielen Zäunen eingesäumt werden. Es sind ihrer etliche sechzig mit vierhundert Einwohnern.

Es war Sonntag und der Gottesdienst eben zu Ende. Auf den Höhen herum sah man die Kirchgänger klimmen, die nach ihren Heimathen trachteten. Unten im Tobel, der sich um den Kirchbühel zieht, und herauf an seiner Halde bewegte sich ein Zug von Mädchen in der seltsamen Feiertagstracht von Damils. Diese ist in der That eine sehr wunderliche Zusammenstellung, und sieht gerade aus wie eigens erfunden um dem "ehrbaren Häs" der Wälderinnen ein höhnendes Widerspiel entgegenzusetzen. Die schwarze zuckerhutförmige Wollmütze ist zwar dieselbe hier oben auf dem Berg wie unten an der Ache, aber während die Wälderinnen aus ihrem schlanken Wuchs kein Geheimniß machen und den Ledergürtel dicht über den Hüften tragen, ist die Taille hier unzierlich bis an den Hals hinauf gerückt, so daß, was fast peinlich zu verrathen, der Busen unterhalb derselben liegt. Ferner ist dort das feierliche Schwarz die tongebende Farbe, hier aber vom Halse an abwärts alles roth: rothes Mieder, rother Rock, rothe Strümpfe, alles feurig roth wie der Abendhimmel wenn er einen goldenen Morgen verspricht. Statt des Gollers tragen sie ein leichtes Tuch um den Hals, das hinten gebunden wird, so daß die Zipfel über den Rücken fallen. Das kurze, kaum handbreite Mieder - Fürtuch heißt es - ist an den Rock angenäht, der Lona, Loden genannt, und dessen Zeug im Dorf selbst zur Hälfte aus Garn, zur Hälfte aus Schafwolle verfertigt, daher auch Walsertuch genannt wird. In solchem Aufzug also stieg ein Duzend jungfräulicher Kirchgängerinnen schäckernd die Halde hinauf, und von Zeit zu

aufwärts gestiegen ist, steht man am Fuß dieses Bühels, und findet sich in einer Gegend, welche zu den höchsten gehört die im Alpengebirg bewohnt werden. Die Ansicht der Landschaft ist ernst und einfach. Der Holzwuchs fängt an sich zu verlieren; Anbau ist nur in kleinen Hausgärtchen zu gewahren, wo Kartoffeln gezogen werden; Viehzucht ist die Hauptsache, und die Höfe oder „Heimathen" liegen weit zerstreut in den grünen Triften, die von vielen Zäunen eingesäumt werden. Es sind ihrer etliche sechzig mit vierhundert Einwohnern.

Es war Sonntag und der Gottesdienst eben zu Ende. Auf den Höhen herum sah man die Kirchgänger klimmen, die nach ihren Heimathen trachteten. Unten im Tobel, der sich um den Kirchbühel zieht, und herauf an seiner Halde bewegte sich ein Zug von Mädchen in der seltsamen Feiertagstracht von Damils. Diese ist in der That eine sehr wunderliche Zusammenstellung, und sieht gerade aus wie eigens erfunden um dem „ehrbaren Häs" der Wälderinnen ein höhnendes Widerspiel entgegenzusetzen. Die schwarze zuckerhutförmige Wollmütze ist zwar dieselbe hier oben auf dem Berg wie unten an der Ache, aber während die Wälderinnen aus ihrem schlanken Wuchs kein Geheimniß machen und den Ledergürtel dicht über den Hüften tragen, ist die Taille hier unzierlich bis an den Hals hinauf gerückt, so daß, was fast peinlich zu verrathen, der Busen unterhalb derselben liegt. Ferner ist dort das feierliche Schwarz die tongebende Farbe, hier aber vom Halse an abwärts alles roth: rothes Mieder, rother Rock, rothe Strümpfe, alles feurig roth wie der Abendhimmel wenn er einen goldenen Morgen verspricht. Statt des Gollers tragen sie ein leichtes Tuch um den Hals, das hinten gebunden wird, so daß die Zipfel über den Rücken fallen. Das kurze, kaum handbreite Mieder – Fürtuch heißt es – ist an den Rock angenäht, der Lona, Loden genannt, und dessen Zeug im Dorf selbst zur Hälfte aus Garn, zur Hälfte aus Schafwolle verfertigt, daher auch Walsertuch genannt wird. In solchem Aufzug also stieg ein Duzend jungfräulicher Kirchgängerinnen schäckernd die Halde hinauf, und von Zeit zu

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aufwärts gestiegen ist, steht man am Fuß dieses Bühels, und findet sich in einer Gegend, welche zu den höchsten gehört die im Alpengebirg bewohnt werden. Die Ansicht der Landschaft ist ernst und einfach. Der Holzwuchs fängt an sich zu verlieren; Anbau ist nur in kleinen Hausgärtchen zu gewahren, wo Kartoffeln gezogen werden; Viehzucht ist die Hauptsache, und die Höfe oder &#x201E;Heimathen" liegen weit zerstreut in den grünen Triften, die von vielen Zäunen eingesäumt werden. Es sind ihrer etliche sechzig mit vierhundert Einwohnern.</p>
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[85/0090] aufwärts gestiegen ist, steht man am Fuß dieses Bühels, und findet sich in einer Gegend, welche zu den höchsten gehört die im Alpengebirg bewohnt werden. Die Ansicht der Landschaft ist ernst und einfach. Der Holzwuchs fängt an sich zu verlieren; Anbau ist nur in kleinen Hausgärtchen zu gewahren, wo Kartoffeln gezogen werden; Viehzucht ist die Hauptsache, und die Höfe oder „Heimathen" liegen weit zerstreut in den grünen Triften, die von vielen Zäunen eingesäumt werden. Es sind ihrer etliche sechzig mit vierhundert Einwohnern. Es war Sonntag und der Gottesdienst eben zu Ende. Auf den Höhen herum sah man die Kirchgänger klimmen, die nach ihren Heimathen trachteten. Unten im Tobel, der sich um den Kirchbühel zieht, und herauf an seiner Halde bewegte sich ein Zug von Mädchen in der seltsamen Feiertagstracht von Damils. Diese ist in der That eine sehr wunderliche Zusammenstellung, und sieht gerade aus wie eigens erfunden um dem „ehrbaren Häs" der Wälderinnen ein höhnendes Widerspiel entgegenzusetzen. Die schwarze zuckerhutförmige Wollmütze ist zwar dieselbe hier oben auf dem Berg wie unten an der Ache, aber während die Wälderinnen aus ihrem schlanken Wuchs kein Geheimniß machen und den Ledergürtel dicht über den Hüften tragen, ist die Taille hier unzierlich bis an den Hals hinauf gerückt, so daß, was fast peinlich zu verrathen, der Busen unterhalb derselben liegt. Ferner ist dort das feierliche Schwarz die tongebende Farbe, hier aber vom Halse an abwärts alles roth: rothes Mieder, rother Rock, rothe Strümpfe, alles feurig roth wie der Abendhimmel wenn er einen goldenen Morgen verspricht. Statt des Gollers tragen sie ein leichtes Tuch um den Hals, das hinten gebunden wird, so daß die Zipfel über den Rücken fallen. Das kurze, kaum handbreite Mieder – Fürtuch heißt es – ist an den Rock angenäht, der Lona, Loden genannt, und dessen Zeug im Dorf selbst zur Hälfte aus Garn, zur Hälfte aus Schafwolle verfertigt, daher auch Walsertuch genannt wird. In solchem Aufzug also stieg ein Duzend jungfräulicher Kirchgängerinnen schäckernd die Halde hinauf, und von Zeit zu

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/90>, abgerufen am 27.11.2024.