Filidor der Dorfferer [i. e. Stieler, Kaspar von]: Die Geharnschte Venus. Hamburg, 1660.Zweytes Zehen. 6. Du/ harte/ läst dich nicht erweichen/die minste Gegen-gunst zureichen dehm der in deinen Flammen queelt. Wer dich erblikkt/ ist ohne Leben/ ist sonder Geist und wird entseelt/ und du willst ihm kein Mittel geben. 7. So meinstu/ du seyst dir gebohren/seyst dir allein zum Zwekk erkohren warum wir auff der Erde seyn. Kein Bild wird darum wol gemahlet daß man es birget in den Schrein so wird die Arbeit nicht bezahlet. 8. Jndehm man dich/ wie Göttlich preiset/Pflicht/ Ehr' und Demuht dir erweiset: Sey/ Schöne/ drum nicht eben stolz. Die Knie so für Altären liegen pflegt man nicht für ein faules Holz für Götter Freundschafft nur zu biegen. 9. Die Grausamkeit und süsses lachenwie können die Verwandnüs machen in einem schönem Angesicht'? Ent- D iij
Zweytes Zehen. 6. Du/ harte/ laͤſt dich nicht erweichen/die minſte Gegen-gunſt zureichen dehm der in deinen Flammen queelt. Wer dich erblikkt/ iſt ohne Leben/ iſt ſonder Geiſt und wird entſeelt/ und du willſt ihm kein Mittel geben. 7. So meinſtu/ du ſeyſt dir gebohren/ſeyſt dir allein zum Zwekk erkohren warum wir auff der Erde ſeyn. Kein Bild wird darum wol gemahlet daß man es birget in den Schrein ſo wird die Arbeit nicht bezahlet. 8. Jndehm man dich/ wie Goͤttlich preiſet/Pflicht/ Ehr’ und Demuht dir erweiſet: Sey/ Schoͤne/ drum nicht eben ſtolz. Die Knie ſo fuͤr Altaͤren liegen pflegt man nicht fuͤr ein faules Holz fuͤr Goͤtter Freundſchafft nur zu biegen. 9. Die Grauſamkeit und ſuͤſſes lachenwie koͤnnen die Verwandnuͤs machen in einem ſchoͤnem Angeſicht’? Ent- D iij
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0079" n="43"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweytes Zehen.</hi> </fw><lb/> <lg n="6"> <head>6.</head><lb/> <l>Du/ harte/ laͤſt dich nicht erweichen/</l><lb/> <l>die minſte Gegen-gunſt zureichen</l><lb/> <l>dehm der in deinen Flammen queelt.</l><lb/> <l>Wer dich erblikkt/ iſt ohne Leben/</l><lb/> <l>iſt ſonder Geiſt und wird entſeelt/</l><lb/> <l>und du willſt ihm kein Mittel geben.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <head>7.</head><lb/> <l>So meinſtu/ du ſeyſt dir gebohren/<lb/> ſeyſt dir allein zum Zwekk erkohren</l><lb/> <l>warum wir auff der Erde ſeyn.</l><lb/> <l>Kein Bild wird darum wol gemahlet</l><lb/> <l>daß man es birget in den Schrein<lb/> ſo wird die Arbeit nicht bezahlet.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <head>8.</head><lb/> <l>Jndehm man dich/ wie Goͤttlich preiſet/</l><lb/> <l>Pflicht/ Ehr’ und Demuht dir erweiſet:</l><lb/> <l>Sey/ Schoͤne/ drum nicht eben ſtolz.</l><lb/> <l>Die Knie ſo fuͤr Altaͤren liegen</l><lb/> <l>pflegt man nicht fuͤr ein faules Holz</l><lb/> <l>fuͤr Goͤtter Freundſchafft nur zu biegen.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <head>9.</head><lb/> <l>Die Grauſamkeit und ſuͤſſes lachen</l><lb/> <l>wie koͤnnen die Verwandnuͤs machen</l><lb/> <l>in einem ſchoͤnem Angeſicht’?<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D iij</fw><fw place="bottom" type="catch">Ent-</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0079]
Zweytes Zehen.
6.
Du/ harte/ laͤſt dich nicht erweichen/
die minſte Gegen-gunſt zureichen
dehm der in deinen Flammen queelt.
Wer dich erblikkt/ iſt ohne Leben/
iſt ſonder Geiſt und wird entſeelt/
und du willſt ihm kein Mittel geben.
7.
So meinſtu/ du ſeyſt dir gebohren/
ſeyſt dir allein zum Zwekk erkohren
warum wir auff der Erde ſeyn.
Kein Bild wird darum wol gemahlet
daß man es birget in den Schrein
ſo wird die Arbeit nicht bezahlet.
8.
Jndehm man dich/ wie Goͤttlich preiſet/
Pflicht/ Ehr’ und Demuht dir erweiſet:
Sey/ Schoͤne/ drum nicht eben ſtolz.
Die Knie ſo fuͤr Altaͤren liegen
pflegt man nicht fuͤr ein faules Holz
fuͤr Goͤtter Freundſchafft nur zu biegen.
9.
Die Grauſamkeit und ſuͤſſes lachen
wie koͤnnen die Verwandnuͤs machen
in einem ſchoͤnem Angeſicht’?
Ent-
D iij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/stieler_venus_1660 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/stieler_venus_1660/79 |
Zitationshilfe: | Filidor der Dorfferer [i. e. Stieler, Kaspar von]: Die Geharnschte Venus. Hamburg, 1660, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieler_venus_1660/79>, abgerufen am 16.02.2025. |