scheel, daß ich so gütig bin, nimm was dein ist, und gehe hin. Dieses aber gehet wohl an, daß wenn man einem prudentia politica oder calliditate, einen Vortheil im Ceremoniel abgelauffen, solche Callidität per actum possessionis interpretiret wird, im fall derjenige, in dessen Praejuditz es ge- schiehet, nicht bey Zeiten protestiret, oder Gele- genheit suchet artem arte eludendi.
§. 10.
Damit nun also in dem Ceremonien- Werck, so disputable und variable es sonsten an sich selber ist, dennoch einige Ordnung gehalten werde, so hat heut zu Tage fast ein jeder Hoff in Europa, so wie seine besondere Einrichtung, In- teresse, und Charges, also auch sein besonderes Ceremoniel, von welchem er ausser der höchsten Noth oder Civilität, nicht leicht weichet. Es werden auch zu Handhabung desselben gewisse Officianten bestellet, welche Ceremonien-Mei- ster, oder auch Introducteurs genennet werden, derer officium darinnen bestehet, die actus ce- remoniales nach dem Herkommen einzurichten, die fremden Ambassadeurs und Envoyes zu em- pfangen, zu der Audientz, und darüber ein richti- tiges Protocoll zu führen.
§. 11.
Gleich wie es aber eine allzuweitläuff- tige Arbeit, oder auch wohl Unmöglichkeit seyn würde, die bey allen Höfen etablirte Ceremo- niels hier anzuführen, massen man der schrifftli- chen Verfassung derselben (einige wenige, welche
man
L 2
Hoff-Ceremoniel.
ſcheel, daß ich ſo guͤtig bin, nimm was dein iſt, und gehe hin. Dieſes aber gehet wohl an, daß wenn man einem prudentia politica oder calliditate, einen Voꝛtheil im Ceremoniel abgelauffen, ſolche Calliditaͤt per actum poſſeſſionis interpretiret wird, im fall derjenige, in deſſen Præjuditz es ge- ſchiehet, nicht bey Zeiten proteſtiret, oder Gele- genheit ſuchet artem arte eludendi.
§. 10.
Damit nun alſo in dem Ceremonien- Werck, ſo diſputable und variable es ſonſten an ſich ſelber iſt, dennoch einige Ordnung gehalten werde, ſo hat heut zu Tage faſt ein jeder Hoff in Europa, ſo wie ſeine beſondere Einrichtung, In- tereſſe, und Charges, alſo auch ſein beſonderes Ceremoniel, von welchem er auſſer der hoͤchſten Noth oder Civilitaͤt, nicht leicht weichet. Es werden auch zu Handhabung deſſelben gewiſſe Officianten beſtellet, welche Ceremonien-Mei- ſter, oder auch Introducteurs genennet werden, derer officium darinnen beſtehet, die actus ce- remoniales nach dem Herkommen einzurichten, die fremden Ambaſſadeurs und Envoyés zu em- pfangen, zu der Audientz, und daruͤber ein richti- tiges Protocoll zu fuͤhren.
§. 11.
Gleich wie es aber eine allzuweitlaͤuff- tige Arbeit, oder auch wohl Unmoͤglichkeit ſeyn wuͤrde, die bey allen Hoͤfen etablirte Ceremo- niels hier anzufuͤhren, maſſen man der ſchrifftli- chen Verfaſſung derſelben (einige wenige, welche
man
L 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0191"n="163"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Hoff-<hirendition="#aq">Ceremoniel.</hi></hi></fw><lb/>ſcheel, daß ich ſo guͤtig bin, nimm was dein iſt, und<lb/>
gehe hin. Dieſes aber gehet wohl an, daß wenn<lb/>
man einem <hirendition="#aq">prudentia politica</hi> oder <hirendition="#aq">calliditate,</hi><lb/>
einen Voꝛtheil im <hirendition="#aq">Ceremoni</hi>el abgelauffen, ſolche<lb/><hirendition="#aq">Callidi</hi>taͤt <hirendition="#aq">per actum poſſeſſionis interpreti</hi>ret<lb/>
wird, im fall derjenige, in deſſen <hirendition="#aq">Præjudi</hi>tz es ge-<lb/>ſchiehet, nicht bey Zeiten <hirendition="#aq">proteſti</hi>ret, oder Gele-<lb/>
genheit ſuchet <hirendition="#aq">artem arte eludendi.</hi></p></div><lb/><divn="3"><head>§. 10.</head><p>Damit nun alſo in dem Ceremonien-<lb/>
Werck, ſo <hirendition="#aq">diſputable</hi> und <hirendition="#aq">variable</hi> es ſonſten an<lb/>ſich ſelber iſt, dennoch einige Ordnung gehalten<lb/>
werde, ſo hat heut zu Tage faſt ein jeder Hoff in<lb/><hirendition="#aq">Europa,</hi>ſo wie ſeine beſondere Einrichtung, <hirendition="#aq">In-<lb/>
tereſſe,</hi> und <hirendition="#aq">Charges,</hi> alſo auch ſein beſonderes<lb/><hirendition="#aq">Ceremoni</hi>el, von welchem er auſſer der hoͤchſten<lb/>
Noth oder <hirendition="#aq">Civili</hi>taͤt, nicht leicht weichet. Es<lb/>
werden auch zu Handhabung deſſelben gewiſſe<lb/><hirendition="#aq">Offician</hi>ten beſtellet, welche Ceremonien-Mei-<lb/>ſter, oder auch <hirendition="#aq">Introducteurs</hi> genennet werden,<lb/>
derer <hirendition="#aq">officium</hi> darinnen beſtehet, die <hirendition="#aq">actus ce-<lb/>
remoniales</hi> nach dem Herkommen einzurichten,<lb/>
die fremden <hirendition="#aq">Ambaſſadeurs</hi> und <hirendition="#aq">Envoyés</hi> zu em-<lb/>
pfangen, zu der <hirendition="#aq">Audien</hi>tz, und daruͤber ein richti-<lb/>
tiges <hirendition="#aq">Protocoll</hi> zu fuͤhren.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 11.</head><p>Gleich wie es aber eine allzuweitlaͤuff-<lb/>
tige Arbeit, oder auch wohl Unmoͤglichkeit ſeyn<lb/>
wuͤrde, die bey allen Hoͤfen <hirendition="#aq">etablirte Ceremo-<lb/>
ni</hi>els hier anzufuͤhren, maſſen man der ſchrifftli-<lb/>
chen Verfaſſung derſelben (einige wenige, welche<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">man</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[163/0191]
Hoff-Ceremoniel.
ſcheel, daß ich ſo guͤtig bin, nimm was dein iſt, und
gehe hin. Dieſes aber gehet wohl an, daß wenn
man einem prudentia politica oder calliditate,
einen Voꝛtheil im Ceremoniel abgelauffen, ſolche
Calliditaͤt per actum poſſeſſionis interpretiret
wird, im fall derjenige, in deſſen Præjuditz es ge-
ſchiehet, nicht bey Zeiten proteſtiret, oder Gele-
genheit ſuchet artem arte eludendi.
§. 10. Damit nun alſo in dem Ceremonien-
Werck, ſo diſputable und variable es ſonſten an
ſich ſelber iſt, dennoch einige Ordnung gehalten
werde, ſo hat heut zu Tage faſt ein jeder Hoff in
Europa, ſo wie ſeine beſondere Einrichtung, In-
tereſſe, und Charges, alſo auch ſein beſonderes
Ceremoniel, von welchem er auſſer der hoͤchſten
Noth oder Civilitaͤt, nicht leicht weichet. Es
werden auch zu Handhabung deſſelben gewiſſe
Officianten beſtellet, welche Ceremonien-Mei-
ſter, oder auch Introducteurs genennet werden,
derer officium darinnen beſtehet, die actus ce-
remoniales nach dem Herkommen einzurichten,
die fremden Ambaſſadeurs und Envoyés zu em-
pfangen, zu der Audientz, und daruͤber ein richti-
tiges Protocoll zu fuͤhren.
§. 11. Gleich wie es aber eine allzuweitlaͤuff-
tige Arbeit, oder auch wohl Unmoͤglichkeit ſeyn
wuͤrde, die bey allen Hoͤfen etablirte Ceremo-
niels hier anzufuͤhren, maſſen man der ſchrifftli-
chen Verfaſſung derſelben (einige wenige, welche
man
L 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/191>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.