Da er nun also als Vicarius Dei, Suc- cessor Petri, und Caput Ecclesiae visibile an- gesehen wird, pflegen ihme ex hac hypothesi, die Catholischen Souverains in seinen Legatis mehr Ehre anzuthun, als sie andern Gesandten weltli- cher Potentaten erweisen. Dannenhero Hen- ricus IV. in Franckreich, nachdem er sich zu dem Catholischen Glauben bekennet, von Päbstl. Heiligkeit die Abolition seiner vorigen Wieder- spenstigkeit gebethen, und darauff die Ehre hatte, daß der Pabst einen Legatum a latere an ihn sendete, demselben in Begleitung viertzig der vornehmsten Herren, eine gantze Tage-Reise entgegen gieng, und ihn in Person einhohlete. Ein gleiches geschahe von Philippo IV. Könige in Spanien, An. 1662. Denn als der Cardinal Ba- barino von seinem Vetter dem Pabst Urbano VIII. nach Spanien als Legatus a latere abge- sendet, nahe an Madrit kommen war, ritte ihm der König biß für das Thor Alcala entgegen, und weil der König auf dem Pferde sitzen blieb, so stieg der Cardinal auch nicht ab, ritten also beyde, doch der König die Ober-Stelle nehmende, nach der Kirchen St. Maria, allwo der König von dem Cardinal Abschied nahme. Und als An. 1664. zu dem Monsieur gleichfalls ein Legatus a la- tere gesendet wurde, gieng ihm dieser eine gantze Meile entgegen, gab ihme die Ober-Stelle, und thate viel ein mehreres, als er einem andern welt-
lichen
Europaͤiſches
§. 2.
Da er nun alſo als Vicarius Dei, Suc- ceſſor Petri, und Caput Eccleſiæ viſibile an- geſehen wird, pflegen ihme ex hac hypotheſi, die Catholiſchen Souverains in ſeinen Legatis mehr Ehre anzuthun, als ſie andern Geſandten weltli- cher Potentaten erweiſen. Dannenhero Hen- ricus IV. in Franckreich, nachdem er ſich zu dem Catholiſchen Glauben bekennet, von Paͤbſtl. Heiligkeit die Abolition ſeiner vorigen Wieder- ſpenſtigkeit gebethen, und darauff die Ehre hatte, daß der Pabſt einen Legatum à latere an ihn ſendete, demſelben in Begleitung viertzig der vornehmſten Herren, eine gantze Tage-Reiſe entgegen gieng, und ihn in Perſon einhohlete. Ein gleiches geſchahe von Philippo IV. Koͤnige in Spanien, An. 1662. Denn als der Cardinal Ba- barino von ſeinem Vetter dem Pabſt Urbano VIII. nach Spanien als Legatus a latere abge- ſendet, nahe an Madrit kommen war, ritte ihm der Koͤnig biß fuͤr das Thor Alcala entgegen, und weil der Koͤnig auf dem Pferde ſitzen blieb, ſo ſtieg der Cardinal auch nicht ab, ritten alſo beyde, doch der Koͤnig die Ober-Stelle nehmende, nach der Kirchen St. Maria, allwo der Koͤnig von dem Cardinal Abſchied nahme. Und als An. 1664. zu dem Monſieur gleichfalls ein Legatus a la- tere geſendet wurde, gieng ihm dieſer eine gantze Meile entgegen, gab ihme die Ober-Stelle, und thate viel ein mehreres, als er einem andern welt-
lichen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0222"n="194"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Europaͤiſches</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 2.</head><p>Da er nun alſo als <hirendition="#aq">Vicarius Dei, Suc-<lb/>
ceſſor Petri,</hi> und <hirendition="#aq">Caput Eccleſiæ viſibile</hi> an-<lb/>
geſehen wird, pflegen ihme <hirendition="#aq">ex hac hypotheſi,</hi> die<lb/>
Catholiſchen <hirendition="#aq">Souverains</hi> in ſeinen <hirendition="#aq">Legatis</hi> mehr<lb/>
Ehre anzuthun, als ſie andern Geſandten weltli-<lb/>
cher Potentaten erweiſen. Dannenhero <hirendition="#aq">Hen-<lb/>
ricus IV.</hi> in Franckreich, nachdem er ſich zu dem<lb/>
Catholiſchen Glauben bekennet, von Paͤbſtl.<lb/>
Heiligkeit die <hirendition="#aq">Abolition</hi>ſeiner vorigen Wieder-<lb/>ſpenſtigkeit gebethen, und darauff die Ehre hatte,<lb/>
daß der Pabſt einen <hirendition="#aq">Legatum à latere</hi> an ihn<lb/>ſendete, demſelben in Begleitung viertzig der<lb/>
vornehmſten Herren, eine gantze Tage-Reiſe<lb/>
entgegen gieng, und ihn in Perſon einhohlete.<lb/>
Ein gleiches geſchahe von <hirendition="#aq">Philippo IV.</hi> Koͤnige in<lb/>
Spanien, <hirendition="#aq">An.</hi> 1662. Denn als der Cardinal <hirendition="#aq">Ba-<lb/>
barino</hi> von ſeinem Vetter dem Pabſt <hirendition="#aq">Urbano<lb/>
VIII.</hi> nach Spanien als <hirendition="#aq">Legatus a latere</hi> abge-<lb/>ſendet, nahe an Madrit kommen war, ritte ihm<lb/>
der Koͤnig biß fuͤr das Thor <hirendition="#aq">Alcala</hi> entgegen, und<lb/>
weil der Koͤnig auf dem Pferde ſitzen blieb, ſo ſtieg<lb/>
der Cardinal auch nicht ab, ritten alſo beyde, doch<lb/>
der Koͤnig die Ober-Stelle nehmende, nach der<lb/>
Kirchen St. Maria, allwo der Koͤnig von dem<lb/>
Cardinal Abſchied nahme. Und als <hirendition="#aq">An.</hi> 1664.<lb/>
zu dem <hirendition="#aq">Monſieur</hi> gleichfalls ein <hirendition="#aq">Legatus a la-<lb/>
tere</hi> geſendet wurde, gieng ihm dieſer eine gantze<lb/>
Meile entgegen, gab ihme die Ober-Stelle, und<lb/>
thate viel ein mehreres, als er einem andern welt-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">lichen</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[194/0222]
Europaͤiſches
§. 2. Da er nun alſo als Vicarius Dei, Suc-
ceſſor Petri, und Caput Eccleſiæ viſibile an-
geſehen wird, pflegen ihme ex hac hypotheſi, die
Catholiſchen Souverains in ſeinen Legatis mehr
Ehre anzuthun, als ſie andern Geſandten weltli-
cher Potentaten erweiſen. Dannenhero Hen-
ricus IV. in Franckreich, nachdem er ſich zu dem
Catholiſchen Glauben bekennet, von Paͤbſtl.
Heiligkeit die Abolition ſeiner vorigen Wieder-
ſpenſtigkeit gebethen, und darauff die Ehre hatte,
daß der Pabſt einen Legatum à latere an ihn
ſendete, demſelben in Begleitung viertzig der
vornehmſten Herren, eine gantze Tage-Reiſe
entgegen gieng, und ihn in Perſon einhohlete.
Ein gleiches geſchahe von Philippo IV. Koͤnige in
Spanien, An. 1662. Denn als der Cardinal Ba-
barino von ſeinem Vetter dem Pabſt Urbano
VIII. nach Spanien als Legatus a latere abge-
ſendet, nahe an Madrit kommen war, ritte ihm
der Koͤnig biß fuͤr das Thor Alcala entgegen, und
weil der Koͤnig auf dem Pferde ſitzen blieb, ſo ſtieg
der Cardinal auch nicht ab, ritten alſo beyde, doch
der Koͤnig die Ober-Stelle nehmende, nach der
Kirchen St. Maria, allwo der Koͤnig von dem
Cardinal Abſchied nahme. Und als An. 1664.
zu dem Monſieur gleichfalls ein Legatus a la-
tere geſendet wurde, gieng ihm dieſer eine gantze
Meile entgegen, gab ihme die Ober-Stelle, und
thate viel ein mehreres, als er einem andern welt-
lichen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/222>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.